Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.dem Verstand rücksichtslos das Undeutliche zusammenzufügen eilte, wohl aber, Heut wird ein strenges Urtheil mitgetheilt, das er im Jahr 1823 über Dies Blatt hält für eine der würdigsten Aufgaben, die Bestrebungen Unterdeß scheint uns recht zeitgemäß, einen weisen Meister, welcher, "Theologie, Jurisprudenz, Medicin und die anderen Wissenschaften be¬ dem Verstand rücksichtslos das Undeutliche zusammenzufügen eilte, wohl aber, Heut wird ein strenges Urtheil mitgetheilt, das er im Jahr 1823 über Dies Blatt hält für eine der würdigsten Aufgaben, die Bestrebungen Unterdeß scheint uns recht zeitgemäß, einen weisen Meister, welcher, „Theologie, Jurisprudenz, Medicin und die anderen Wissenschaften be¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0470" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124090"/> <p xml:id="ID_1399" prev="#ID_1398"> dem Verstand rücksichtslos das Undeutliche zusammenzufügen eilte, wohl aber,<lb/> wo er aus der Tiefe warmer Empfindung heraus verschüttetes Leben deutete.<lb/> Aus einem kleinen unscheinbaren Trümmerstück alter Ueberlieferung erstand<lb/> ihm ein reiches farbiges Bild, und oft haben die erstaunten Zeitgenossen<lb/> wahrgenommen, wie spätere Funde überraschend bestätigten, was er halb<lb/> als Seher, halb als Forscher mit dem Herzen geschaut hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1400"> Heut wird ein strenges Urtheil mitgetheilt, das er im Jahr 1823 über<lb/> deutsche Schriftstellerinnen fällte. Er wurde nachher der Freund Bettina's,<lb/> aber wir meinen nicht, daß er in seinen späteren Jahren viel daran geändert<lb/> haben würde. Ausnahmen hätte er freilich zugegeben, und nicht nur zu Gunsten<lb/> von Annette Droste.</p><lb/> <p xml:id="ID_1401"> Dies Blatt hält für eine der würdigsten Aufgaben, die Bestrebungen<lb/> für gründlichere Bildung unserer Mädchen und für größere Erwerbsfähigkeit<lb/> der Frauen zu unterstützen. Aber ohne Freude und ohne jede Hochachtung<lb/> bemerken wir dicht neben den werthvollsten Anstrengungen, die Frauen für<lb/> das praktische Leben tüchtiger zu machen, auch ein hohles anspruchsvolles<lb/> Geschwätz verbildeter Weiber über neue Rechte, die sie in Gesellschaft und<lb/> Staat von den Männern zu beanspruchen haben. Wenn Mädchen Medicin<lb/> heuterer, so ist dafür ein gewisser zureichender Grund vorhanden, und man<lb/> darf sagen, daß sie Mei von ihrem weiblichen Zartgefühl opfern, um Vielen<lb/> ihres Geschlechts dasselbe in Nothfällen zu erhalten. Ob ihre Erziehung zu<lb/> Aerzten auf die Länge in Gemeinschaft mit jungen Männern thunlich sein<lb/> wird, mag die Zeit lehren. Gleichwohl können wir nicht leugnen, daß uns<lb/> ein Mädchen, welches Fötusse in Spiritus einmacht, von Herzen Leid thut.<lb/> Wenn aber andere entschlossene Charaktere in Haarbeutel und Robe bereits<lb/> von juristischen Erfolgen träumen und Stimmrecht und eine gewisse Activität<lb/> im Staat für ihr Geschlecht beanspruchen, so möchten wir dagegen so lange<lb/> bescheiden Protestiren, bis der gute Herrgott in reichlicher Anwendung der<lb/> Darwinschen Theorie den Männern das erste und edelste Vorrecht der Frauen<lb/> zugetheilt haben wird, das Recht, Mutter zu werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1402"> Unterdeß scheint uns recht zeitgemäß, einen weisen Meister, welcher,<lb/> selbst nie vermählt war, aber den Beruf der Frau sehr hoch gefaßt hat<lb/> sein gewichtiges Wort sprechen zu lassen. Jacob Grimm sagt, das Buch von<lb/> E. A. v. Schindel: die deutschen Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts,<lb/> beurtheilend, — wie folgt:</p><lb/> <p xml:id="ID_1403" next="#ID_1404"> „Theologie, Jurisprudenz, Medicin und die anderen Wissenschaften be¬<lb/> fahren nichts von unseren Schriftstellerinnen weder des neunzehnten Jahr¬<lb/> hunderts noch der früheren (Caroline Herschel gehörte sammt einigen andern<lb/> nicht in die Reihe); Gedichte. Romane, einige Reisebeschreibungen haben sie<lb/> geliefert. Ist in jenen Wissenschaften etwas Unweibltches gewesen, über-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0470]
dem Verstand rücksichtslos das Undeutliche zusammenzufügen eilte, wohl aber,
wo er aus der Tiefe warmer Empfindung heraus verschüttetes Leben deutete.
Aus einem kleinen unscheinbaren Trümmerstück alter Ueberlieferung erstand
ihm ein reiches farbiges Bild, und oft haben die erstaunten Zeitgenossen
wahrgenommen, wie spätere Funde überraschend bestätigten, was er halb
als Seher, halb als Forscher mit dem Herzen geschaut hatte.
Heut wird ein strenges Urtheil mitgetheilt, das er im Jahr 1823 über
deutsche Schriftstellerinnen fällte. Er wurde nachher der Freund Bettina's,
aber wir meinen nicht, daß er in seinen späteren Jahren viel daran geändert
haben würde. Ausnahmen hätte er freilich zugegeben, und nicht nur zu Gunsten
von Annette Droste.
Dies Blatt hält für eine der würdigsten Aufgaben, die Bestrebungen
für gründlichere Bildung unserer Mädchen und für größere Erwerbsfähigkeit
der Frauen zu unterstützen. Aber ohne Freude und ohne jede Hochachtung
bemerken wir dicht neben den werthvollsten Anstrengungen, die Frauen für
das praktische Leben tüchtiger zu machen, auch ein hohles anspruchsvolles
Geschwätz verbildeter Weiber über neue Rechte, die sie in Gesellschaft und
Staat von den Männern zu beanspruchen haben. Wenn Mädchen Medicin
heuterer, so ist dafür ein gewisser zureichender Grund vorhanden, und man
darf sagen, daß sie Mei von ihrem weiblichen Zartgefühl opfern, um Vielen
ihres Geschlechts dasselbe in Nothfällen zu erhalten. Ob ihre Erziehung zu
Aerzten auf die Länge in Gemeinschaft mit jungen Männern thunlich sein
wird, mag die Zeit lehren. Gleichwohl können wir nicht leugnen, daß uns
ein Mädchen, welches Fötusse in Spiritus einmacht, von Herzen Leid thut.
Wenn aber andere entschlossene Charaktere in Haarbeutel und Robe bereits
von juristischen Erfolgen träumen und Stimmrecht und eine gewisse Activität
im Staat für ihr Geschlecht beanspruchen, so möchten wir dagegen so lange
bescheiden Protestiren, bis der gute Herrgott in reichlicher Anwendung der
Darwinschen Theorie den Männern das erste und edelste Vorrecht der Frauen
zugetheilt haben wird, das Recht, Mutter zu werden.
Unterdeß scheint uns recht zeitgemäß, einen weisen Meister, welcher,
selbst nie vermählt war, aber den Beruf der Frau sehr hoch gefaßt hat
sein gewichtiges Wort sprechen zu lassen. Jacob Grimm sagt, das Buch von
E. A. v. Schindel: die deutschen Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts,
beurtheilend, — wie folgt:
„Theologie, Jurisprudenz, Medicin und die anderen Wissenschaften be¬
fahren nichts von unseren Schriftstellerinnen weder des neunzehnten Jahr¬
hunderts noch der früheren (Caroline Herschel gehörte sammt einigen andern
nicht in die Reihe); Gedichte. Romane, einige Reisebeschreibungen haben sie
geliefert. Ist in jenen Wissenschaften etwas Unweibltches gewesen, über-
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