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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

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Jahresgehalte von 6 und 800 si. beziehen, aber natürlich auch die Musik
zum großen Theile herstellen müssen; und solcher Stellen gibt es nur wenige.
Wo ein Kirchenchor besteht, wird es vorzugsweise von den Beiträgen der
Bezirks-Mitglieder erhalten. Die am besten sundirten veröffentlichen gedruckte
Jahresberichte und sogar vierteljährige Programme der aufzuführenden Ton¬
stücke. Der im I. 1824 gegründete Kirchenmusik-Verein an der k. k. Gelüb¬
de- und Pfarrkirche Se. Carl Barromaeus auf der Mieder bezog im ver¬
flossenen Jahre an Beiträgen eine Einnahme von 1493 si. (wobei auch Bei--
träge vom Kaiser!. Hof, der Groß-Commune Wiens); die Ausgaben betrugen
dagegen 1402 si.. wovon auf Production allein 1101 si. kamen, der Gehalt
des Organisten beträgt volle 42 si. Der Josefstädter Kirchenmusikverein, ge¬
gründet 1844, hatte im I. 1868 eine Einnahme von 1030 si. (hier trug auch die
Pfarre, das Collegium des ?. ?. Piaristen und die Gemeinde-Vorstehung des
Bezirks bei); die Ausgaben betrugen 967 si. In der Altlerchenfelder Pfarr¬
kirche, eine der schönsten und neuesten Kirchen Wiens, betrug in demselben Jahr
die Einnahme des Kirchenmusik Vereins 1084 si., die Auslagen 1069 si.
Kirchenmusik-Vereine bestehen ferner noch in der Alservorstadt, den Vorstädten
Leopoldstadt, Mariahilf und Landstraße. In der inneren Stadt besitzen na¬
mentlich die Kirchen Se. Peter, Minoriten, Se. Augustin, am Hof, Domini¬
kaner, bei den Schotten, Se. Michael einen gut besetzten Chor. Bei Se.
Michael sind etwa 18 Mitglieder angestellt, für welche sammt Director und
Organist jährlich gegen 2000 si. verausgabt werden. Bei den Schotten sind
24 Musiker fix angestellt; die Auslagen, jährlich circa 3S00 si. werden vom
Stift bestritten; das Knabenseminar für Musikzöglinge wurde vom Stift im
I. 1868 ganz ausgelassen. Der im I. 1827 gegründete Kirchenmusik-Verein
bei Se. Anna wurde im I. 1841 als eine von jener Kirche unabhänige Lehr¬
anstalt mit einer besonderen Orgelschule reorganisirt. Die Auslagen für die
gesammte Kais. Hofkapell-Musik beträgt jährlich circa 2L000 si. Ihre Dota¬
tion für Copiatur und Anschaffung neuer Werke ist fabelhaft gering und
muß die Capelle häufig zum Ausleihen von andern Kirchen ihre Zuflucht
nehmen. Bei der Metropolitan-Kirche von Se. Stefan kostet die Erhaltung
des Kirchenchores jährlich über 13000 si. Die beiden letztgenannten sind
jetzt die Einzigen, weiche Sängerknaben für ihre Kirche heranbilden. Die
evangelische, russische und griechisch nicht-unirte Kirche für die östreichischen
und jene für die türkischen Unterthanen unterhalten je einen Gesangschor.
Ebenso die beiden Synagogen in der Stadt und in der Leopoldstadt, diese
bestretten verhältnißmäßig den höchsten Kostenaufwand: jährlich circa 15000 si.
Obercantor daselbst ist der weltberühmte Salomon Sulzer, den die Ge¬
meinde, als er am Scheidewege stand, zur Oper überzugehn, lebenslänglich
mit ansehnlichem Gehalte anstellte. -


Jahresgehalte von 6 und 800 si. beziehen, aber natürlich auch die Musik
zum großen Theile herstellen müssen; und solcher Stellen gibt es nur wenige.
Wo ein Kirchenchor besteht, wird es vorzugsweise von den Beiträgen der
Bezirks-Mitglieder erhalten. Die am besten sundirten veröffentlichen gedruckte
Jahresberichte und sogar vierteljährige Programme der aufzuführenden Ton¬
stücke. Der im I. 1824 gegründete Kirchenmusik-Verein an der k. k. Gelüb¬
de- und Pfarrkirche Se. Carl Barromaeus auf der Mieder bezog im ver¬
flossenen Jahre an Beiträgen eine Einnahme von 1493 si. (wobei auch Bei--
träge vom Kaiser!. Hof, der Groß-Commune Wiens); die Ausgaben betrugen
dagegen 1402 si.. wovon auf Production allein 1101 si. kamen, der Gehalt
des Organisten beträgt volle 42 si. Der Josefstädter Kirchenmusikverein, ge¬
gründet 1844, hatte im I. 1868 eine Einnahme von 1030 si. (hier trug auch die
Pfarre, das Collegium des ?. ?. Piaristen und die Gemeinde-Vorstehung des
Bezirks bei); die Ausgaben betrugen 967 si. In der Altlerchenfelder Pfarr¬
kirche, eine der schönsten und neuesten Kirchen Wiens, betrug in demselben Jahr
die Einnahme des Kirchenmusik Vereins 1084 si., die Auslagen 1069 si.
Kirchenmusik-Vereine bestehen ferner noch in der Alservorstadt, den Vorstädten
Leopoldstadt, Mariahilf und Landstraße. In der inneren Stadt besitzen na¬
mentlich die Kirchen Se. Peter, Minoriten, Se. Augustin, am Hof, Domini¬
kaner, bei den Schotten, Se. Michael einen gut besetzten Chor. Bei Se.
Michael sind etwa 18 Mitglieder angestellt, für welche sammt Director und
Organist jährlich gegen 2000 si. verausgabt werden. Bei den Schotten sind
24 Musiker fix angestellt; die Auslagen, jährlich circa 3S00 si. werden vom
Stift bestritten; das Knabenseminar für Musikzöglinge wurde vom Stift im
I. 1868 ganz ausgelassen. Der im I. 1827 gegründete Kirchenmusik-Verein
bei Se. Anna wurde im I. 1841 als eine von jener Kirche unabhänige Lehr¬
anstalt mit einer besonderen Orgelschule reorganisirt. Die Auslagen für die
gesammte Kais. Hofkapell-Musik beträgt jährlich circa 2L000 si. Ihre Dota¬
tion für Copiatur und Anschaffung neuer Werke ist fabelhaft gering und
muß die Capelle häufig zum Ausleihen von andern Kirchen ihre Zuflucht
nehmen. Bei der Metropolitan-Kirche von Se. Stefan kostet die Erhaltung
des Kirchenchores jährlich über 13000 si. Die beiden letztgenannten sind
jetzt die Einzigen, weiche Sängerknaben für ihre Kirche heranbilden. Die
evangelische, russische und griechisch nicht-unirte Kirche für die östreichischen
und jene für die türkischen Unterthanen unterhalten je einen Gesangschor.
Ebenso die beiden Synagogen in der Stadt und in der Leopoldstadt, diese
bestretten verhältnißmäßig den höchsten Kostenaufwand: jährlich circa 15000 si.
Obercantor daselbst ist der weltberühmte Salomon Sulzer, den die Ge¬
meinde, als er am Scheidewege stand, zur Oper überzugehn, lebenslänglich
mit ansehnlichem Gehalte anstellte. -


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[0468] Jahresgehalte von 6 und 800 si. beziehen, aber natürlich auch die Musik zum großen Theile herstellen müssen; und solcher Stellen gibt es nur wenige. Wo ein Kirchenchor besteht, wird es vorzugsweise von den Beiträgen der Bezirks-Mitglieder erhalten. Die am besten sundirten veröffentlichen gedruckte Jahresberichte und sogar vierteljährige Programme der aufzuführenden Ton¬ stücke. Der im I. 1824 gegründete Kirchenmusik-Verein an der k. k. Gelüb¬ de- und Pfarrkirche Se. Carl Barromaeus auf der Mieder bezog im ver¬ flossenen Jahre an Beiträgen eine Einnahme von 1493 si. (wobei auch Bei-- träge vom Kaiser!. Hof, der Groß-Commune Wiens); die Ausgaben betrugen dagegen 1402 si.. wovon auf Production allein 1101 si. kamen, der Gehalt des Organisten beträgt volle 42 si. Der Josefstädter Kirchenmusikverein, ge¬ gründet 1844, hatte im I. 1868 eine Einnahme von 1030 si. (hier trug auch die Pfarre, das Collegium des ?. ?. Piaristen und die Gemeinde-Vorstehung des Bezirks bei); die Ausgaben betrugen 967 si. In der Altlerchenfelder Pfarr¬ kirche, eine der schönsten und neuesten Kirchen Wiens, betrug in demselben Jahr die Einnahme des Kirchenmusik Vereins 1084 si., die Auslagen 1069 si. Kirchenmusik-Vereine bestehen ferner noch in der Alservorstadt, den Vorstädten Leopoldstadt, Mariahilf und Landstraße. In der inneren Stadt besitzen na¬ mentlich die Kirchen Se. Peter, Minoriten, Se. Augustin, am Hof, Domini¬ kaner, bei den Schotten, Se. Michael einen gut besetzten Chor. Bei Se. Michael sind etwa 18 Mitglieder angestellt, für welche sammt Director und Organist jährlich gegen 2000 si. verausgabt werden. Bei den Schotten sind 24 Musiker fix angestellt; die Auslagen, jährlich circa 3S00 si. werden vom Stift bestritten; das Knabenseminar für Musikzöglinge wurde vom Stift im I. 1868 ganz ausgelassen. Der im I. 1827 gegründete Kirchenmusik-Verein bei Se. Anna wurde im I. 1841 als eine von jener Kirche unabhänige Lehr¬ anstalt mit einer besonderen Orgelschule reorganisirt. Die Auslagen für die gesammte Kais. Hofkapell-Musik beträgt jährlich circa 2L000 si. Ihre Dota¬ tion für Copiatur und Anschaffung neuer Werke ist fabelhaft gering und muß die Capelle häufig zum Ausleihen von andern Kirchen ihre Zuflucht nehmen. Bei der Metropolitan-Kirche von Se. Stefan kostet die Erhaltung des Kirchenchores jährlich über 13000 si. Die beiden letztgenannten sind jetzt die Einzigen, weiche Sängerknaben für ihre Kirche heranbilden. Die evangelische, russische und griechisch nicht-unirte Kirche für die östreichischen und jene für die türkischen Unterthanen unterhalten je einen Gesangschor. Ebenso die beiden Synagogen in der Stadt und in der Leopoldstadt, diese bestretten verhältnißmäßig den höchsten Kostenaufwand: jährlich circa 15000 si. Obercantor daselbst ist der weltberühmte Salomon Sulzer, den die Ge¬ meinde, als er am Scheidewege stand, zur Oper überzugehn, lebenslänglich mit ansehnlichem Gehalte anstellte. -

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/468>, abgerufen am 27.07.2024.