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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

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Schweine, Schafe, Enten, Gänse, Schwäne; S. sonstige bewegliche Habe wie
Bücher, Flößholz. 3. Kunstproducte und Fabrikate verschiedenster Gattung,
der Maler, Baumeister, Steinmetzen. Goldschmiede, Böttcher, Bäcker:c.
4. Der Grund und Boden, z. B. bestellter Acker, zugelooste Wiesenstücke,
Deich- und Dammstrecken. 3. Grenz-Steine. Bäume, Stöcke, Zäune.
6. Grabsteine und sonstige Todtendenkmale in Kirchen und auf Kirchhöfen.
7. Kirchenstühle. 8. Stöckchen (Kaveln, in Schonen KiMwAar) und
Brettchen, deren man sich zum Loosen und als Kerbhölzer bedient. 9. Allerlei
Weih-Geschenke, Kirchenfenster, Glocken, Taufbecken. 10. Urkunden, Stamm¬
bücher, Bürger- und Gildenrollen, wo neben dem Namen des Ausstellers;e.
oder statt desselben die Marke als Unterschrift. Handzeichen steht. 11. Allerlei
Kunstwerke, wie Becher, Schilder, welche einer Genossenschaft als Album
dienen. 12. Werkzeuge zum Aufprägen der Marke wie Stempel, Brenn¬
eisen, Maläxte, Forsthammer, vor allem die Siegel, sei es mit oder ohne
Waffenschmuck.

Aus diesen Gegenständen tritt zugleich die vielfache Veranlassung und
die rechtliche Bedeutung der Zeichengebung hervor. Der Eigenthümer will
sein Recht an der Sache kenntlich machen und sichern; der neue Inhaber er¬
greift damit Besitz; der Verfertiger will oder soll seine Autorschaft bekunden;
der Contrahent bekräftigt damit seinen Willen; das Zeichen bringt eine ge¬
wisse Persönlichkeit sei es als den Donator, als sonst Handelnden, als Zeu¬
gen, als Verstorbenen, als Glied einer Genossenschaft, als Verpflichteten oder
als überhaupt Gegenwärtigen symbolisch vor Augen.

Marken der obigen Beschaffenheit gehen mit urkundlicher Bestimmtheit
bis in das 13te Jahrhundert zurück. Das schwedische vplauäsig-gli aus
dieser Zeit scheidet von dem persönlichen schon das Hofzeichen, Bolsmärke.
Von 1290 sind Marken Lübscher Bürger, z. B. bewahrt. Die Blüthezeit
des Instituts reicht noch etwa dreihundert Jahre weiter. Die Rechts- und
Geschichtsquellen, besonders die Denkmäler selber zeigen noch im 16. Jahr¬
hundert einen vollen, lebendigen, ausgedehnten Gebrauch. Kein Stralsunder
Klosterbauer, der nicht seine Willensacte durch eine eigene Marke besiegelte,
kein Steinmetz, der nicht als Geselle sein Zeichen von der Bauhütte erhielt;
kaum ein Grabstein gewöhnlicher Bürger bleibt zeichenlos; im Bürgerbuch
von Nymwegen, im Krämerbuch zu Lübeck steht bei jedem Namen die Marke.

Im 17. und 18. Jahrhundert büßt die Anwendung allgemach ein. Die
Marke tritt hinter dem in gewissen Kreisen schon von Alters her beliebteren
Bilde noch mehr zurück, doch dergestalt, daß Bild und Zeichen noch lange
neben einander geführt werden, theils in zwei verschiedenen Siegeln der
Person, theils in zwei Feldern ihres Wappens. Sie weicht ferner den bloßen
Initialen des Namens; sie wird selbst bei den Analphabeten durch die


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Schweine, Schafe, Enten, Gänse, Schwäne; S. sonstige bewegliche Habe wie
Bücher, Flößholz. 3. Kunstproducte und Fabrikate verschiedenster Gattung,
der Maler, Baumeister, Steinmetzen. Goldschmiede, Böttcher, Bäcker:c.
4. Der Grund und Boden, z. B. bestellter Acker, zugelooste Wiesenstücke,
Deich- und Dammstrecken. 3. Grenz-Steine. Bäume, Stöcke, Zäune.
6. Grabsteine und sonstige Todtendenkmale in Kirchen und auf Kirchhöfen.
7. Kirchenstühle. 8. Stöckchen (Kaveln, in Schonen KiMwAar) und
Brettchen, deren man sich zum Loosen und als Kerbhölzer bedient. 9. Allerlei
Weih-Geschenke, Kirchenfenster, Glocken, Taufbecken. 10. Urkunden, Stamm¬
bücher, Bürger- und Gildenrollen, wo neben dem Namen des Ausstellers;e.
oder statt desselben die Marke als Unterschrift. Handzeichen steht. 11. Allerlei
Kunstwerke, wie Becher, Schilder, welche einer Genossenschaft als Album
dienen. 12. Werkzeuge zum Aufprägen der Marke wie Stempel, Brenn¬
eisen, Maläxte, Forsthammer, vor allem die Siegel, sei es mit oder ohne
Waffenschmuck.

Aus diesen Gegenständen tritt zugleich die vielfache Veranlassung und
die rechtliche Bedeutung der Zeichengebung hervor. Der Eigenthümer will
sein Recht an der Sache kenntlich machen und sichern; der neue Inhaber er¬
greift damit Besitz; der Verfertiger will oder soll seine Autorschaft bekunden;
der Contrahent bekräftigt damit seinen Willen; das Zeichen bringt eine ge¬
wisse Persönlichkeit sei es als den Donator, als sonst Handelnden, als Zeu¬
gen, als Verstorbenen, als Glied einer Genossenschaft, als Verpflichteten oder
als überhaupt Gegenwärtigen symbolisch vor Augen.

Marken der obigen Beschaffenheit gehen mit urkundlicher Bestimmtheit
bis in das 13te Jahrhundert zurück. Das schwedische vplauäsig-gli aus
dieser Zeit scheidet von dem persönlichen schon das Hofzeichen, Bolsmärke.
Von 1290 sind Marken Lübscher Bürger, z. B. bewahrt. Die Blüthezeit
des Instituts reicht noch etwa dreihundert Jahre weiter. Die Rechts- und
Geschichtsquellen, besonders die Denkmäler selber zeigen noch im 16. Jahr¬
hundert einen vollen, lebendigen, ausgedehnten Gebrauch. Kein Stralsunder
Klosterbauer, der nicht seine Willensacte durch eine eigene Marke besiegelte,
kein Steinmetz, der nicht als Geselle sein Zeichen von der Bauhütte erhielt;
kaum ein Grabstein gewöhnlicher Bürger bleibt zeichenlos; im Bürgerbuch
von Nymwegen, im Krämerbuch zu Lübeck steht bei jedem Namen die Marke.

Im 17. und 18. Jahrhundert büßt die Anwendung allgemach ein. Die
Marke tritt hinter dem in gewissen Kreisen schon von Alters her beliebteren
Bilde noch mehr zurück, doch dergestalt, daß Bild und Zeichen noch lange
neben einander geführt werden, theils in zwei verschiedenen Siegeln der
Person, theils in zwei Feldern ihres Wappens. Sie weicht ferner den bloßen
Initialen des Namens; sie wird selbst bei den Analphabeten durch die


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[0449] Schweine, Schafe, Enten, Gänse, Schwäne; S. sonstige bewegliche Habe wie Bücher, Flößholz. 3. Kunstproducte und Fabrikate verschiedenster Gattung, der Maler, Baumeister, Steinmetzen. Goldschmiede, Böttcher, Bäcker:c. 4. Der Grund und Boden, z. B. bestellter Acker, zugelooste Wiesenstücke, Deich- und Dammstrecken. 3. Grenz-Steine. Bäume, Stöcke, Zäune. 6. Grabsteine und sonstige Todtendenkmale in Kirchen und auf Kirchhöfen. 7. Kirchenstühle. 8. Stöckchen (Kaveln, in Schonen KiMwAar) und Brettchen, deren man sich zum Loosen und als Kerbhölzer bedient. 9. Allerlei Weih-Geschenke, Kirchenfenster, Glocken, Taufbecken. 10. Urkunden, Stamm¬ bücher, Bürger- und Gildenrollen, wo neben dem Namen des Ausstellers;e. oder statt desselben die Marke als Unterschrift. Handzeichen steht. 11. Allerlei Kunstwerke, wie Becher, Schilder, welche einer Genossenschaft als Album dienen. 12. Werkzeuge zum Aufprägen der Marke wie Stempel, Brenn¬ eisen, Maläxte, Forsthammer, vor allem die Siegel, sei es mit oder ohne Waffenschmuck. Aus diesen Gegenständen tritt zugleich die vielfache Veranlassung und die rechtliche Bedeutung der Zeichengebung hervor. Der Eigenthümer will sein Recht an der Sache kenntlich machen und sichern; der neue Inhaber er¬ greift damit Besitz; der Verfertiger will oder soll seine Autorschaft bekunden; der Contrahent bekräftigt damit seinen Willen; das Zeichen bringt eine ge¬ wisse Persönlichkeit sei es als den Donator, als sonst Handelnden, als Zeu¬ gen, als Verstorbenen, als Glied einer Genossenschaft, als Verpflichteten oder als überhaupt Gegenwärtigen symbolisch vor Augen. Marken der obigen Beschaffenheit gehen mit urkundlicher Bestimmtheit bis in das 13te Jahrhundert zurück. Das schwedische vplauäsig-gli aus dieser Zeit scheidet von dem persönlichen schon das Hofzeichen, Bolsmärke. Von 1290 sind Marken Lübscher Bürger, z. B. bewahrt. Die Blüthezeit des Instituts reicht noch etwa dreihundert Jahre weiter. Die Rechts- und Geschichtsquellen, besonders die Denkmäler selber zeigen noch im 16. Jahr¬ hundert einen vollen, lebendigen, ausgedehnten Gebrauch. Kein Stralsunder Klosterbauer, der nicht seine Willensacte durch eine eigene Marke besiegelte, kein Steinmetz, der nicht als Geselle sein Zeichen von der Bauhütte erhielt; kaum ein Grabstein gewöhnlicher Bürger bleibt zeichenlos; im Bürgerbuch von Nymwegen, im Krämerbuch zu Lübeck steht bei jedem Namen die Marke. Im 17. und 18. Jahrhundert büßt die Anwendung allgemach ein. Die Marke tritt hinter dem in gewissen Kreisen schon von Alters her beliebteren Bilde noch mehr zurück, doch dergestalt, daß Bild und Zeichen noch lange neben einander geführt werden, theils in zwei verschiedenen Siegeln der Person, theils in zwei Feldern ihres Wappens. Sie weicht ferner den bloßen Initialen des Namens; sie wird selbst bei den Analphabeten durch die 56*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/449>, abgerufen am 27.07.2024.