Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.in jener Kiste einige kleine thönerne Scherben; doch sind sie ohne jegliche in jener Kiste einige kleine thönerne Scherben; doch sind sie ohne jegliche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0013" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/123101"/> <p xml:id="ID_16" prev="#ID_15" next="#ID_17"> in jener Kiste einige kleine thönerne Scherben; doch sind sie ohne jegliche<lb/> Malerei. Eine andere Schale und ein roh gearbeitetes Thongefäß mit Vegel-<lb/> kopf sind allerdings mit Ornamenten bemalt, die jedoch nicht den Charakter<lb/> der eigentlich griechischen Kunst verrathen; vielmehr stimmen dieselben, da<lb/> sie aus Streifen mit gansartigen Vögeln bestehen, in auffälliger Weist mit<lb/> denen des Goldbleches überein, welches die Brust des Kriegers schmückte.<lb/> Wie das Vorkommen von bemalten Vasen eigentlich griechischer Kunst auf<lb/> Beziehungen zu Griechenland hinweist, so ist es bei dem Mangel dieser<lb/> Gegenstände an und für sich wahrscheinlich, daß unser Grab einer Epoche<lb/> angehört, in welcher entweder solche Beziehungen noch nicht existirten oder<lb/> wenigstens der Export der bemalten Vasen aus Griechenland nach Etrurien<lb/> noch nicht üblich geworden war. Mit dieser Annahme stimmt die Betrachtung<lb/> des Materials und des Stils der in dem Grabe gefundenen Gegenstä, de.<lb/> Wir gewahren keine Spur von der Verarbeitung des Eisens oder Stahls,<lb/> vielmehr dient zur Herstellung aller größeren Arbeiten die Bronce. Der<lb/> Bernstein, welcher einige Male in der Ornamentirung vorkommt, ist bekanntlich<lb/> ein der primitiven Entwickelung eigenthümlicher Schmuckgegenstand. Be¬<lb/> trachten wir den Stil der Ornamente, so verrathen sie durchweg ein ent¬<lb/> schieden asiatisches Gepräge und begegnen wir nirgends einem künstlerischen<lb/> Motive, wie es sich in der von orientalischen Einflüssen emanicipirten griechi¬<lb/> schen Kunst findet. Unter den Kleinigkeiten, welche auf dem Boden der<lb/> Grabkiste umhergestreut waren, bemerkte ich einen Scarabäus aus Small mit<lb/> eingegrabenen egyptischen Figuren. Die Ornamente des goldenen Brustblcches<lb/> und der Thongefäße stimmen in auffälliger Weise mit denen assyrischer Ar¬<lb/> beiten überein. Fassen wir alle diese Gesichtspunkte zusammen, da.um ergiebt<lb/> sich mit Entschiedenheit, daß unser Grab jener uralten Culturentn ickelung<lb/> angehört, die von Asien ausgehend eine gewisse Periode hindurch die ge-<lb/> sammten Gebiete des Mittelmeeres beherrschte, soweit dieselben überhaupt eine<lb/> Art von Civilisation aufzuweisen hatten, eine Thatsache, die, jemehr sich<lb/> unsere Monumentalkenntniß erweitert, mit um so größerer Klarheit hervor¬<lb/> tritt. Auf griechischem Boden finden sich uralte Bauten, wie das sogenannte<lb/> Schatzhaus der Atriden bei Mykenä, welche durch die Gewölbeconstruction und<lb/> das Jncrustationspnncip deutlich den asiatischen Einfluß bezeugen, eine Bau¬<lb/> weise, wie sie dem Mythos von dem ehernen Hause der Danae zu Gtunde<lb/> liegt. Dasselbe gilt von einigen Gräbern der Nekropole von Tarquinii, wo<lb/> die Wände mit ornamentirter Broncebeschlägen, die Decken mit Bronce-<lb/> schilden bedeckt waren, deren Mittelpunkte streng stilisirte Thiel köpfe oder<lb/> bärtige Menschengesichter mit Stierhörnern bildeten. Gegenstände, wie sie in<lb/> einem cornetaner, in einem vulcenten und in einem pränestinen Grabe gefunden<lb/> sind, bezeugen die weite Verbreitung dieser Kunstrichtung auf italischen Boden.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0013]
in jener Kiste einige kleine thönerne Scherben; doch sind sie ohne jegliche
Malerei. Eine andere Schale und ein roh gearbeitetes Thongefäß mit Vegel-
kopf sind allerdings mit Ornamenten bemalt, die jedoch nicht den Charakter
der eigentlich griechischen Kunst verrathen; vielmehr stimmen dieselben, da
sie aus Streifen mit gansartigen Vögeln bestehen, in auffälliger Weist mit
denen des Goldbleches überein, welches die Brust des Kriegers schmückte.
Wie das Vorkommen von bemalten Vasen eigentlich griechischer Kunst auf
Beziehungen zu Griechenland hinweist, so ist es bei dem Mangel dieser
Gegenstände an und für sich wahrscheinlich, daß unser Grab einer Epoche
angehört, in welcher entweder solche Beziehungen noch nicht existirten oder
wenigstens der Export der bemalten Vasen aus Griechenland nach Etrurien
noch nicht üblich geworden war. Mit dieser Annahme stimmt die Betrachtung
des Materials und des Stils der in dem Grabe gefundenen Gegenstä, de.
Wir gewahren keine Spur von der Verarbeitung des Eisens oder Stahls,
vielmehr dient zur Herstellung aller größeren Arbeiten die Bronce. Der
Bernstein, welcher einige Male in der Ornamentirung vorkommt, ist bekanntlich
ein der primitiven Entwickelung eigenthümlicher Schmuckgegenstand. Be¬
trachten wir den Stil der Ornamente, so verrathen sie durchweg ein ent¬
schieden asiatisches Gepräge und begegnen wir nirgends einem künstlerischen
Motive, wie es sich in der von orientalischen Einflüssen emanicipirten griechi¬
schen Kunst findet. Unter den Kleinigkeiten, welche auf dem Boden der
Grabkiste umhergestreut waren, bemerkte ich einen Scarabäus aus Small mit
eingegrabenen egyptischen Figuren. Die Ornamente des goldenen Brustblcches
und der Thongefäße stimmen in auffälliger Weise mit denen assyrischer Ar¬
beiten überein. Fassen wir alle diese Gesichtspunkte zusammen, da.um ergiebt
sich mit Entschiedenheit, daß unser Grab jener uralten Culturentn ickelung
angehört, die von Asien ausgehend eine gewisse Periode hindurch die ge-
sammten Gebiete des Mittelmeeres beherrschte, soweit dieselben überhaupt eine
Art von Civilisation aufzuweisen hatten, eine Thatsache, die, jemehr sich
unsere Monumentalkenntniß erweitert, mit um so größerer Klarheit hervor¬
tritt. Auf griechischem Boden finden sich uralte Bauten, wie das sogenannte
Schatzhaus der Atriden bei Mykenä, welche durch die Gewölbeconstruction und
das Jncrustationspnncip deutlich den asiatischen Einfluß bezeugen, eine Bau¬
weise, wie sie dem Mythos von dem ehernen Hause der Danae zu Gtunde
liegt. Dasselbe gilt von einigen Gräbern der Nekropole von Tarquinii, wo
die Wände mit ornamentirter Broncebeschlägen, die Decken mit Bronce-
schilden bedeckt waren, deren Mittelpunkte streng stilisirte Thiel köpfe oder
bärtige Menschengesichter mit Stierhörnern bildeten. Gegenstände, wie sie in
einem cornetaner, in einem vulcenten und in einem pränestinen Grabe gefunden
sind, bezeugen die weite Verbreitung dieser Kunstrichtung auf italischen Boden.
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