Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

drücklich als eine Consequenz der in seinem Antrage entwickelten Rechtsan¬
schauungen bezeichnet. Er empfiehlt daher, neben einer Verwahrung der
ständischen Rechte bei den beiden Großherzogen von Mecklenburg-Schwerin und
.Strelitz -- die Stände tagen bekanntlich gemeinschaftlich -- die Bitte zu
stellen, die Einleitung zu treffen, daß durch Staatsverträge zwischen den
Bundesstaaten Differenzen darüber, ob eine einzelne der Bundesgewalt unter¬
stellte Angelegenheit zur Kompetenz des Bundes gehöre, der Entscheidung
eines Bundesgerichts unterworfen werden.

Wie Pohle sich die Ausführung seines Plans denkt, hat er nicht weiter
angedeutet. Wir haben daher zunächst auch keine Veranlassung, die verschie¬
denen Modalitäten derselben zu erörtern. Ebensowenig ist es für die Sache
selbst von Wichtigkeit, wenngleich sonst nicht ohne Interesse, das Schicksal
des Pohle'schen Antrags in der mecklenburgischen Landtagsverhandlung zu
verfolgen. Die Herren v. Plüskow, v. Oertzen u. s. w. freuten sich natürlich
ausnehmend, den Bürgermeister Pohle, mit dem sie sich bei anderen Gelegen¬
heiten oft in Conflikt sahen, in einer Angelegenheit auf ihrer Seite zu er¬
blicken, die so recht eigentlich zu ihrem Ressort gehört, und wie der Antrag
im Plenum, in dem von der Ritterschaft freilich kaum S Procent anwesend
waren, mit großer Genugthuung aufgenommen wurde, trotz der warnenden
Stimme des Syndikus Meyer-Rostock, sich vor unüberlegten und jedenfalls
erfolglosen Beschlüssen zu hüten, so läßt sich auch ohne große Sehergabe
vorhersagen, daß die Justiz-Committe, welcher der Antrag überwiesen wurde,
gleiche Anträge stellen wird; hielt doch der Bürgermeister Hermes-Röbel es
für nöthig, sich gegen die Ueberweisung des Pohle'schen Antrages an die
Justiz-Committe zu erklären, wenn etwa gemeint sei, daß diese in Maßgabe
der darin enthaltenen Vorschläge ihren Bericht abzustatten habe; er sei mit
der Ueberweisung an die Committe erst dann einverstanden, wenn derselben
wegen der Berichterstattung freie Hand gelassen werde.

Mag aber auch die Justiz-Committe des mecklenburgischen Landtages sich
für oder gegen den Pohle'schen Antrag aussprechen und mag der Landtag
sich ihren zu erwartenden Bericht aneignen oder nicht: die Sache ist einmal
angeregt und verdient daher auf alle Fälle Beachtung von Seiten aller der¬
jenigen, die sich für die Entwickelung der Bundesverhältnisse interessiren. Es
handelt sich nicht um die Bedenken gegen das Leipziger Oberhandelsgericht
und noch weniger um den Protest der mecklenburgischen Stände, der jeden¬
falls post testum kommen würde, sondern es handelt sich um die Frage nach
der Opportunist, um nicht zu sagen der Zulässigkeit des in Vorschlag ge¬
brachten Staatsgerichtshofes für den norddeutschen Bund. So wenig Aus¬
sicht auch zur Zeit vorhanden ist, daß der Pohle'sche Antrag, selbst wenn er
in Mecklenburg alle Phasen seiner Entwickelung durchläuft, fürs Erste prak-


drücklich als eine Consequenz der in seinem Antrage entwickelten Rechtsan¬
schauungen bezeichnet. Er empfiehlt daher, neben einer Verwahrung der
ständischen Rechte bei den beiden Großherzogen von Mecklenburg-Schwerin und
.Strelitz — die Stände tagen bekanntlich gemeinschaftlich — die Bitte zu
stellen, die Einleitung zu treffen, daß durch Staatsverträge zwischen den
Bundesstaaten Differenzen darüber, ob eine einzelne der Bundesgewalt unter¬
stellte Angelegenheit zur Kompetenz des Bundes gehöre, der Entscheidung
eines Bundesgerichts unterworfen werden.

Wie Pohle sich die Ausführung seines Plans denkt, hat er nicht weiter
angedeutet. Wir haben daher zunächst auch keine Veranlassung, die verschie¬
denen Modalitäten derselben zu erörtern. Ebensowenig ist es für die Sache
selbst von Wichtigkeit, wenngleich sonst nicht ohne Interesse, das Schicksal
des Pohle'schen Antrags in der mecklenburgischen Landtagsverhandlung zu
verfolgen. Die Herren v. Plüskow, v. Oertzen u. s. w. freuten sich natürlich
ausnehmend, den Bürgermeister Pohle, mit dem sie sich bei anderen Gelegen¬
heiten oft in Conflikt sahen, in einer Angelegenheit auf ihrer Seite zu er¬
blicken, die so recht eigentlich zu ihrem Ressort gehört, und wie der Antrag
im Plenum, in dem von der Ritterschaft freilich kaum S Procent anwesend
waren, mit großer Genugthuung aufgenommen wurde, trotz der warnenden
Stimme des Syndikus Meyer-Rostock, sich vor unüberlegten und jedenfalls
erfolglosen Beschlüssen zu hüten, so läßt sich auch ohne große Sehergabe
vorhersagen, daß die Justiz-Committe, welcher der Antrag überwiesen wurde,
gleiche Anträge stellen wird; hielt doch der Bürgermeister Hermes-Röbel es
für nöthig, sich gegen die Ueberweisung des Pohle'schen Antrages an die
Justiz-Committe zu erklären, wenn etwa gemeint sei, daß diese in Maßgabe
der darin enthaltenen Vorschläge ihren Bericht abzustatten habe; er sei mit
der Ueberweisung an die Committe erst dann einverstanden, wenn derselben
wegen der Berichterstattung freie Hand gelassen werde.

Mag aber auch die Justiz-Committe des mecklenburgischen Landtages sich
für oder gegen den Pohle'schen Antrag aussprechen und mag der Landtag
sich ihren zu erwartenden Bericht aneignen oder nicht: die Sache ist einmal
angeregt und verdient daher auf alle Fälle Beachtung von Seiten aller der¬
jenigen, die sich für die Entwickelung der Bundesverhältnisse interessiren. Es
handelt sich nicht um die Bedenken gegen das Leipziger Oberhandelsgericht
und noch weniger um den Protest der mecklenburgischen Stände, der jeden¬
falls post testum kommen würde, sondern es handelt sich um die Frage nach
der Opportunist, um nicht zu sagen der Zulässigkeit des in Vorschlag ge¬
brachten Staatsgerichtshofes für den norddeutschen Bund. So wenig Aus¬
sicht auch zur Zeit vorhanden ist, daß der Pohle'sche Antrag, selbst wenn er
in Mecklenburg alle Phasen seiner Entwickelung durchläuft, fürs Erste prak-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0352" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/122107"/>
          <p xml:id="ID_975" prev="#ID_974"> drücklich als eine Consequenz der in seinem Antrage entwickelten Rechtsan¬<lb/>
schauungen bezeichnet. Er empfiehlt daher, neben einer Verwahrung der<lb/>
ständischen Rechte bei den beiden Großherzogen von Mecklenburg-Schwerin und<lb/>
.Strelitz &#x2014; die Stände tagen bekanntlich gemeinschaftlich &#x2014; die Bitte zu<lb/>
stellen, die Einleitung zu treffen, daß durch Staatsverträge zwischen den<lb/>
Bundesstaaten Differenzen darüber, ob eine einzelne der Bundesgewalt unter¬<lb/>
stellte Angelegenheit zur Kompetenz des Bundes gehöre, der Entscheidung<lb/>
eines Bundesgerichts unterworfen werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_976"> Wie Pohle sich die Ausführung seines Plans denkt, hat er nicht weiter<lb/>
angedeutet. Wir haben daher zunächst auch keine Veranlassung, die verschie¬<lb/>
denen Modalitäten derselben zu erörtern. Ebensowenig ist es für die Sache<lb/>
selbst von Wichtigkeit, wenngleich sonst nicht ohne Interesse, das Schicksal<lb/>
des Pohle'schen Antrags in der mecklenburgischen Landtagsverhandlung zu<lb/>
verfolgen. Die Herren v. Plüskow, v. Oertzen u. s. w. freuten sich natürlich<lb/>
ausnehmend, den Bürgermeister Pohle, mit dem sie sich bei anderen Gelegen¬<lb/>
heiten oft in Conflikt sahen, in einer Angelegenheit auf ihrer Seite zu er¬<lb/>
blicken, die so recht eigentlich zu ihrem Ressort gehört, und wie der Antrag<lb/>
im Plenum, in dem von der Ritterschaft freilich kaum S Procent anwesend<lb/>
waren, mit großer Genugthuung aufgenommen wurde, trotz der warnenden<lb/>
Stimme des Syndikus Meyer-Rostock, sich vor unüberlegten und jedenfalls<lb/>
erfolglosen Beschlüssen zu hüten, so läßt sich auch ohne große Sehergabe<lb/>
vorhersagen, daß die Justiz-Committe, welcher der Antrag überwiesen wurde,<lb/>
gleiche Anträge stellen wird; hielt doch der Bürgermeister Hermes-Röbel es<lb/>
für nöthig, sich gegen die Ueberweisung des Pohle'schen Antrages an die<lb/>
Justiz-Committe zu erklären, wenn etwa gemeint sei, daß diese in Maßgabe<lb/>
der darin enthaltenen Vorschläge ihren Bericht abzustatten habe; er sei mit<lb/>
der Ueberweisung an die Committe erst dann einverstanden, wenn derselben<lb/>
wegen der Berichterstattung freie Hand gelassen werde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_977" next="#ID_978"> Mag aber auch die Justiz-Committe des mecklenburgischen Landtages sich<lb/>
für oder gegen den Pohle'schen Antrag aussprechen und mag der Landtag<lb/>
sich ihren zu erwartenden Bericht aneignen oder nicht: die Sache ist einmal<lb/>
angeregt und verdient daher auf alle Fälle Beachtung von Seiten aller der¬<lb/>
jenigen, die sich für die Entwickelung der Bundesverhältnisse interessiren. Es<lb/>
handelt sich nicht um die Bedenken gegen das Leipziger Oberhandelsgericht<lb/>
und noch weniger um den Protest der mecklenburgischen Stände, der jeden¬<lb/>
falls post testum kommen würde, sondern es handelt sich um die Frage nach<lb/>
der Opportunist, um nicht zu sagen der Zulässigkeit des in Vorschlag ge¬<lb/>
brachten Staatsgerichtshofes für den norddeutschen Bund. So wenig Aus¬<lb/>
sicht auch zur Zeit vorhanden ist, daß der Pohle'sche Antrag, selbst wenn er<lb/>
in Mecklenburg alle Phasen seiner Entwickelung durchläuft, fürs Erste prak-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0352] drücklich als eine Consequenz der in seinem Antrage entwickelten Rechtsan¬ schauungen bezeichnet. Er empfiehlt daher, neben einer Verwahrung der ständischen Rechte bei den beiden Großherzogen von Mecklenburg-Schwerin und .Strelitz — die Stände tagen bekanntlich gemeinschaftlich — die Bitte zu stellen, die Einleitung zu treffen, daß durch Staatsverträge zwischen den Bundesstaaten Differenzen darüber, ob eine einzelne der Bundesgewalt unter¬ stellte Angelegenheit zur Kompetenz des Bundes gehöre, der Entscheidung eines Bundesgerichts unterworfen werden. Wie Pohle sich die Ausführung seines Plans denkt, hat er nicht weiter angedeutet. Wir haben daher zunächst auch keine Veranlassung, die verschie¬ denen Modalitäten derselben zu erörtern. Ebensowenig ist es für die Sache selbst von Wichtigkeit, wenngleich sonst nicht ohne Interesse, das Schicksal des Pohle'schen Antrags in der mecklenburgischen Landtagsverhandlung zu verfolgen. Die Herren v. Plüskow, v. Oertzen u. s. w. freuten sich natürlich ausnehmend, den Bürgermeister Pohle, mit dem sie sich bei anderen Gelegen¬ heiten oft in Conflikt sahen, in einer Angelegenheit auf ihrer Seite zu er¬ blicken, die so recht eigentlich zu ihrem Ressort gehört, und wie der Antrag im Plenum, in dem von der Ritterschaft freilich kaum S Procent anwesend waren, mit großer Genugthuung aufgenommen wurde, trotz der warnenden Stimme des Syndikus Meyer-Rostock, sich vor unüberlegten und jedenfalls erfolglosen Beschlüssen zu hüten, so läßt sich auch ohne große Sehergabe vorhersagen, daß die Justiz-Committe, welcher der Antrag überwiesen wurde, gleiche Anträge stellen wird; hielt doch der Bürgermeister Hermes-Röbel es für nöthig, sich gegen die Ueberweisung des Pohle'schen Antrages an die Justiz-Committe zu erklären, wenn etwa gemeint sei, daß diese in Maßgabe der darin enthaltenen Vorschläge ihren Bericht abzustatten habe; er sei mit der Ueberweisung an die Committe erst dann einverstanden, wenn derselben wegen der Berichterstattung freie Hand gelassen werde. Mag aber auch die Justiz-Committe des mecklenburgischen Landtages sich für oder gegen den Pohle'schen Antrag aussprechen und mag der Landtag sich ihren zu erwartenden Bericht aneignen oder nicht: die Sache ist einmal angeregt und verdient daher auf alle Fälle Beachtung von Seiten aller der¬ jenigen, die sich für die Entwickelung der Bundesverhältnisse interessiren. Es handelt sich nicht um die Bedenken gegen das Leipziger Oberhandelsgericht und noch weniger um den Protest der mecklenburgischen Stände, der jeden¬ falls post testum kommen würde, sondern es handelt sich um die Frage nach der Opportunist, um nicht zu sagen der Zulässigkeit des in Vorschlag ge¬ brachten Staatsgerichtshofes für den norddeutschen Bund. So wenig Aus¬ sicht auch zur Zeit vorhanden ist, daß der Pohle'sche Antrag, selbst wenn er in Mecklenburg alle Phasen seiner Entwickelung durchläuft, fürs Erste prak-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/352
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/352>, abgerufen am 22.07.2024.