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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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das doppelte Beiwort des Himmels nicht dem schlichten "blau", während
der Refrain "0 tusro, 0 tksrv" häßlicher lautet als das sehnsüchtig ver¬
klingende "dahin, dahin!" Aber wir wollen uns des weiteren Splitter¬
richtens enthalten, und nachdem wir auf die einzelnen Schwierigkeiten auf¬
merksam gemacht, in unseren ferneren, dem relativ Besten entlehnten Bei¬
spielen das Urtheil dem sprachkundigen und geschmackvollen Leser überlassen.
Hören wir z. B. den Schlußvers des "Fischers" bei Baskerville:


ib.6 vatsrs toomoä, tus vators s>vsllsä,
VöÄew'ä Iiis nalcizÄ tost;
Lott longings in liis dosom tlirillöä
ik bis loof Zia grlzet.
Ldö sxolco to bim, slrs sanZ to bim,
Lbon was do lost, I veon;
. Lbo Zrov bim halt, K^ik sank Iio in,
^na nsver mors >pas Sven.

An solchen Beispielen erkennt man, daß das Englische eine germanische
Sprache ist; je inniger, je unmittelbar volksthümlicher die Aeußerung, umso
weniger romanische Bestandtheile, deren sogar in der eben angeführten
Strophe unter 49 Wörtern kein einziges sich findet. Fügen wir hier
Klärchen's Lied an, von dem obengenannten Rich. Garneel:


>VaitinA,
Dsb^tinZ,
Irrosolutolz?;
Lbsartul
^.na teartul
^un tnougbtM to do;

t^^se into llarknoss,
LlioutinZ adovs,
0! baxxz^ g-tous
Is tus heard vieil its lovo. --

Besonderes Lob verdient in der Goldschmidt'schen Sammlung James
Clarence Mangan, dem Vorwort nach ein verkommenes Genie, der zumal
den "Sänger" von Goethe schwungvoll und treffend, freilich mit einigen Zu¬
sätzen, aber zugleich doch in echt englischem Ton übersetzt hat.

So weit Goethe; wir kommen zu den Gedichten von Schiller. Im
Allgemeinen ist Schiller leichter wiederzugeben als Goethe, weil er rhetorischer,
weniger prägnant und zugleich weniger musikalisch ist. Nehmen wir einige
Proben, zunächst nach Bulwer (jetzt Lord Lytton), der immer achtungs¬
werth bleibt, gar häufig aber die charakteristische Form ohne Noth mit einer
ungeeigneten vertauscht. So z. B. übersetzt er "Nadowessier's Todtenlied" statt
in fallenden, trocken klagenden Trochäen in munterem Jambus, als ging's
zum Kampf:


Grcnjbolcu IV. 130S. 30

das doppelte Beiwort des Himmels nicht dem schlichten „blau", während
der Refrain „0 tusro, 0 tksrv" häßlicher lautet als das sehnsüchtig ver¬
klingende „dahin, dahin!" Aber wir wollen uns des weiteren Splitter¬
richtens enthalten, und nachdem wir auf die einzelnen Schwierigkeiten auf¬
merksam gemacht, in unseren ferneren, dem relativ Besten entlehnten Bei¬
spielen das Urtheil dem sprachkundigen und geschmackvollen Leser überlassen.
Hören wir z. B. den Schlußvers des „Fischers" bei Baskerville:


ib.6 vatsrs toomoä, tus vators s>vsllsä,
VöÄew'ä Iiis nalcizÄ tost;
Lott longings in liis dosom tlirillöä
ik bis loof Zia grlzet.
Ldö sxolco to bim, slrs sanZ to bim,
Lbon was do lost, I veon;
. Lbo Zrov bim halt, K^ik sank Iio in,
^na nsver mors >pas Sven.

An solchen Beispielen erkennt man, daß das Englische eine germanische
Sprache ist; je inniger, je unmittelbar volksthümlicher die Aeußerung, umso
weniger romanische Bestandtheile, deren sogar in der eben angeführten
Strophe unter 49 Wörtern kein einziges sich findet. Fügen wir hier
Klärchen's Lied an, von dem obengenannten Rich. Garneel:


>VaitinA,
Dsb^tinZ,
Irrosolutolz?;
Lbsartul
^.na teartul
^un tnougbtM to do;

t^^se into llarknoss,
LlioutinZ adovs,
0! baxxz^ g-tous
Is tus heard vieil its lovo. —

Besonderes Lob verdient in der Goldschmidt'schen Sammlung James
Clarence Mangan, dem Vorwort nach ein verkommenes Genie, der zumal
den „Sänger" von Goethe schwungvoll und treffend, freilich mit einigen Zu¬
sätzen, aber zugleich doch in echt englischem Ton übersetzt hat.

So weit Goethe; wir kommen zu den Gedichten von Schiller. Im
Allgemeinen ist Schiller leichter wiederzugeben als Goethe, weil er rhetorischer,
weniger prägnant und zugleich weniger musikalisch ist. Nehmen wir einige
Proben, zunächst nach Bulwer (jetzt Lord Lytton), der immer achtungs¬
werth bleibt, gar häufig aber die charakteristische Form ohne Noth mit einer
ungeeigneten vertauscht. So z. B. übersetzt er „Nadowessier's Todtenlied" statt
in fallenden, trocken klagenden Trochäen in munterem Jambus, als ging's
zum Kampf:


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[0313] das doppelte Beiwort des Himmels nicht dem schlichten „blau", während der Refrain „0 tusro, 0 tksrv" häßlicher lautet als das sehnsüchtig ver¬ klingende „dahin, dahin!" Aber wir wollen uns des weiteren Splitter¬ richtens enthalten, und nachdem wir auf die einzelnen Schwierigkeiten auf¬ merksam gemacht, in unseren ferneren, dem relativ Besten entlehnten Bei¬ spielen das Urtheil dem sprachkundigen und geschmackvollen Leser überlassen. Hören wir z. B. den Schlußvers des „Fischers" bei Baskerville: ib.6 vatsrs toomoä, tus vators s>vsllsä, VöÄew'ä Iiis nalcizÄ tost; Lott longings in liis dosom tlirillöä ik bis loof Zia grlzet. Ldö sxolco to bim, slrs sanZ to bim, Lbon was do lost, I veon; . Lbo Zrov bim halt, K^ik sank Iio in, ^na nsver mors >pas Sven. An solchen Beispielen erkennt man, daß das Englische eine germanische Sprache ist; je inniger, je unmittelbar volksthümlicher die Aeußerung, umso weniger romanische Bestandtheile, deren sogar in der eben angeführten Strophe unter 49 Wörtern kein einziges sich findet. Fügen wir hier Klärchen's Lied an, von dem obengenannten Rich. Garneel: >VaitinA, Dsb^tinZ, Irrosolutolz?; Lbsartul ^.na teartul ^un tnougbtM to do; t^^se into llarknoss, LlioutinZ adovs, 0! baxxz^ g-tous Is tus heard vieil its lovo. — Besonderes Lob verdient in der Goldschmidt'schen Sammlung James Clarence Mangan, dem Vorwort nach ein verkommenes Genie, der zumal den „Sänger" von Goethe schwungvoll und treffend, freilich mit einigen Zu¬ sätzen, aber zugleich doch in echt englischem Ton übersetzt hat. So weit Goethe; wir kommen zu den Gedichten von Schiller. Im Allgemeinen ist Schiller leichter wiederzugeben als Goethe, weil er rhetorischer, weniger prägnant und zugleich weniger musikalisch ist. Nehmen wir einige Proben, zunächst nach Bulwer (jetzt Lord Lytton), der immer achtungs¬ werth bleibt, gar häufig aber die charakteristische Form ohne Noth mit einer ungeeigneten vertauscht. So z. B. übersetzt er „Nadowessier's Todtenlied" statt in fallenden, trocken klagenden Trochäen in munterem Jambus, als ging's zum Kampf: Grcnjbolcu IV. 130S. 30

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/313>, abgerufen am 22.07.2024.