Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.schämt werden, wird sie nächstens wieder einmal Alles für die Slaven thun, Jetzt ist das große Interesse die bevorstehende Ankunft des k- k. Reichs¬ Literatur. Die Selbstverwaltung des Steuerwesens im Allgemeinen und die Nach längerer Zeit haben wir es zum ersten Male wieder mit einem Buch schämt werden, wird sie nächstens wieder einmal Alles für die Slaven thun, Jetzt ist das große Interesse die bevorstehende Ankunft des k- k. Reichs¬ Literatur. Die Selbstverwaltung des Steuerwesens im Allgemeinen und die Nach längerer Zeit haben wir es zum ersten Male wieder mit einem Buch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0126" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/121881"/> <p xml:id="ID_340" prev="#ID_339"> schämt werden, wird sie nächstens wieder einmal Alles für die Slaven thun,<lb/> wie bisher für die Ungarn. Das Schlimme ist, daß wir Deutsche dann alle<lb/> Aussicht hätten, gerade so in Böhmen Ambos zu werden, wie wir es jetzt in<lb/> Ungarn sind, denn daß das Wort „Gleichberechtigung" nur eine Fiction ist,<lb/> wissen die Czechen selbst recht gut. Eigentlicher Deutschenhaß ist mir auf<lb/> meinen Wanderungen nicht begegnet, man hat uns norddeutsche gar nicht<lb/> ungern; von den Preußen im Jahre 66 spricht man mit aller Achtung; und<lb/> zuvor war diese wahrhaftig nicht vorhanden. Auch in eine Hußfeier bin ich<lb/> seiner Zeit einmal in Beneschau hineingerathen; Illumination, Festzug mit<lb/> obligatem Rindvieh, da gerade Eintreibungszeit war, weißgekleidete Jung¬<lb/> frauen, Feuer auf den Höhen u. tgi. mehr. Ich fragte eine der Enkelinnen<lb/> Libussa's, die in der Unschuldsfarbe functionirte, was denn eigentlich mit dem<lb/> Huß gewesen sei, worauf sie meinte, sie wisse nur, daß der Mann verbrannt<lb/> worden sei, — darum werden auch heute wieder Feuer abgebrannt. In<lb/> allen Dingen kann man beobachten, daß Naivetät und Bosheit hier einen<lb/> Bund geschlossen haben, mit dem schwer fertig zu werden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_341"> Jetzt ist das große Interesse die bevorstehende Ankunft des k- k. Reichs¬<lb/> chirurgen, der das Nervenzucken der einzelnen Glieder am Leibe Austria's<lb/> durch Amputation heilt. Die Czechen hassen den Grafen Beust weit weniger<lb/> als das cisleithanische Ministerium. Er ist gerade in der Versöhnungslaune,<lb/> und da er das Aeußerste sich abgerungen hat, mit Preußen schön zu thun,<lb/> sollte er anstehen, die Czechen ans Herz zu drücken?</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Literatur.</head><lb/> <p xml:id="ID_342"> Die Selbstverwaltung des Steuerwesens im Allgemeinen und die<lb/> russische Steuerreform. Mit besonderer Berücksichtigung der Projecte der<lb/> Allerhöchst verordneten russischen Steuerreform-Commission. Zugleich ein Beitrag<lb/> für die Kenntniß innerrussischer und baltischer Zustände und Parteien. Von<lb/> Dr. Karl Walcker (Berlin, bei W. Peiser, 1869).</p><lb/> <p xml:id="ID_343" next="#ID_344"> Nach längerer Zeit haben wir es zum ersten Male wieder mit einem Buch<lb/> zu thun, das den Versuch macht, das Evangelium von der Herrlichkeit des moder¬<lb/> nen russischen Liberalismus zu predigen und für die Tadellosigkeit desselben Propa¬<lb/> ganda zu machen. Daß der Verfasser wenig Anlage hat, der apostolischen Mission<lb/> gerecht zu werden, die er sich zur Aufgabe gemacht, verräth er leider schon auf den<lb/> ersten Seiten seiner umfangreichen Schrift, deren Titel bereits ankündigt, daß die¬<lb/> selbe alö i-obus ounotis av universis et ymbusä-rin handeln soll. Unsere Zeit<lb/> hat bekanntlich reichere Erfahrungen über die Fehlbarkeit der liberalen Schulweisheit<lb/> gemacht, als irgend ein anderer Abschnitt der neueren Geschichte. Nichtsdestoweniger</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0126]
schämt werden, wird sie nächstens wieder einmal Alles für die Slaven thun,
wie bisher für die Ungarn. Das Schlimme ist, daß wir Deutsche dann alle
Aussicht hätten, gerade so in Böhmen Ambos zu werden, wie wir es jetzt in
Ungarn sind, denn daß das Wort „Gleichberechtigung" nur eine Fiction ist,
wissen die Czechen selbst recht gut. Eigentlicher Deutschenhaß ist mir auf
meinen Wanderungen nicht begegnet, man hat uns norddeutsche gar nicht
ungern; von den Preußen im Jahre 66 spricht man mit aller Achtung; und
zuvor war diese wahrhaftig nicht vorhanden. Auch in eine Hußfeier bin ich
seiner Zeit einmal in Beneschau hineingerathen; Illumination, Festzug mit
obligatem Rindvieh, da gerade Eintreibungszeit war, weißgekleidete Jung¬
frauen, Feuer auf den Höhen u. tgi. mehr. Ich fragte eine der Enkelinnen
Libussa's, die in der Unschuldsfarbe functionirte, was denn eigentlich mit dem
Huß gewesen sei, worauf sie meinte, sie wisse nur, daß der Mann verbrannt
worden sei, — darum werden auch heute wieder Feuer abgebrannt. In
allen Dingen kann man beobachten, daß Naivetät und Bosheit hier einen
Bund geschlossen haben, mit dem schwer fertig zu werden ist.
Jetzt ist das große Interesse die bevorstehende Ankunft des k- k. Reichs¬
chirurgen, der das Nervenzucken der einzelnen Glieder am Leibe Austria's
durch Amputation heilt. Die Czechen hassen den Grafen Beust weit weniger
als das cisleithanische Ministerium. Er ist gerade in der Versöhnungslaune,
und da er das Aeußerste sich abgerungen hat, mit Preußen schön zu thun,
sollte er anstehen, die Czechen ans Herz zu drücken?
Literatur.
Die Selbstverwaltung des Steuerwesens im Allgemeinen und die
russische Steuerreform. Mit besonderer Berücksichtigung der Projecte der
Allerhöchst verordneten russischen Steuerreform-Commission. Zugleich ein Beitrag
für die Kenntniß innerrussischer und baltischer Zustände und Parteien. Von
Dr. Karl Walcker (Berlin, bei W. Peiser, 1869).
Nach längerer Zeit haben wir es zum ersten Male wieder mit einem Buch
zu thun, das den Versuch macht, das Evangelium von der Herrlichkeit des moder¬
nen russischen Liberalismus zu predigen und für die Tadellosigkeit desselben Propa¬
ganda zu machen. Daß der Verfasser wenig Anlage hat, der apostolischen Mission
gerecht zu werden, die er sich zur Aufgabe gemacht, verräth er leider schon auf den
ersten Seiten seiner umfangreichen Schrift, deren Titel bereits ankündigt, daß die¬
selbe alö i-obus ounotis av universis et ymbusä-rin handeln soll. Unsere Zeit
hat bekanntlich reichere Erfahrungen über die Fehlbarkeit der liberalen Schulweisheit
gemacht, als irgend ein anderer Abschnitt der neueren Geschichte. Nichtsdestoweniger
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