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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.

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auch dessen eonäuite als eines Schreibers beschaffen, nemlich clissolut und
impertinent, und weil er hier und da mit vräres zu überbringen gebrauchet
worden, und sich hierbey viel autorite herausnehmen wollte, hat er sich den
Haß der oköeiers über den Hals gezogen, so daß auch einige Hand an ihn
geleget. Da es sich nun auch Ao. 1706 im 9br. zutrug, daß weil Ostermann
in einer assamdlve einen Kapitain von der Flotte mit seinen Leuten über¬
fiel, und ihn tiÄi'Ässil'te, auch übel würde zugedecket haben, leistete der da¬
malige LaMaiue Sivers bey seiner Ankunft ins Zimmer dem Nothlei¬
denden Hülfe und jagte Ostermann sammpt seinen Anhängern zum Hause
hinaus. Ob dieses nun wohl eine Sache, welche man sich zu erinnern fast
schämet, so ist doch solches die Uhrsache, daß Ostermann einen unversöhnlichen
Haß auf den Admiral Sivers geworfen, der ihn und seine Familie endlich
in das größte unsere gebracht. Den Anfang seines Hasses machte er zwischen
den Vice Admiral Cruys und den Admiral Sivers Verdrüßlichkeit zu säen
und da Ostermann hernach gestiegen, hat er sich jederzeit bemühet, dem Ad¬
miral Siepers zu Schaden. Allein er hat ihm doch bey Lebzeiten des Kay-
sers Petri des Großen und der Kayserinn Katharina Glorwürdigsten An¬
denkens nichts können zufügen. So bald er aber bey dem Gottseligen Kayser
Petro II. glorwürdigsten Angedenkens Gouverneur war, sahe man sogleich
die Würkungen des Hasses gegen den Admiralen Sivers. Denn da derselbe
im November 1727 von Kronstäbe nach Petersburg commandiret wurde im
Collegio (d. h. dem Marineministerium) zu sitzen, hat er sich nicht nur dagegen
gesetzet, daß er Vice-Präsident seyn sollte, sondern hat noch dazu bloß dem Ad¬
miral Sivers tort zu thun gerechnet, daß dem Munich der damals jüngster
Generallieutenant war, das Commando gegeben wurde. Dieser wie er wußte,
daß er von Ostermann unterstützet wurde, suchte alle Mittel und Wege sich
zu erheben, absonderlich verdroß ihn äußerst, daß weil er auch in seinen ge¬
ringsten Actionen aus Eigenliebe die größte glorie suchte, der Admiral Si¬
vers nicht damit einstimmen wollte, sondern von einer jeden Sache nach der
Wahrheit sprach.

Die Arbeit an dem Canal des Ladogaischen Sees wußte sich Munich
recht wunderlich zu Nutzen zu machen, und besonders viel darin aufzuschnei¬
den, obwohl dieses eine Arbeit war, welche außer Landes auch die geringsten
Leute verstehen*). Unterdessen fanden sich doch Leute die nach dem Angeben
von Munich als von etwas wunderwürdigen sprachen, ohnerachtet er solchen
nicht angegeben, so doch allein eine Aufmerksamkeit verdient hätte -- da
der Canal lang zuvor, ehe er ins Land gekommen bereits angefangen war.



") Daß Mummies sich bei Gelegenheit dieses von Sivers ohne Grund als bedeutungslos
bezeichneten Baus auf unerlaubte Weise bereichert hatte, steht auch sonst fest. Vgl. Hermanns
Russische Geschichte B. IV.

auch dessen eonäuite als eines Schreibers beschaffen, nemlich clissolut und
impertinent, und weil er hier und da mit vräres zu überbringen gebrauchet
worden, und sich hierbey viel autorite herausnehmen wollte, hat er sich den
Haß der oköeiers über den Hals gezogen, so daß auch einige Hand an ihn
geleget. Da es sich nun auch Ao. 1706 im 9br. zutrug, daß weil Ostermann
in einer assamdlve einen Kapitain von der Flotte mit seinen Leuten über¬
fiel, und ihn tiÄi'Ässil'te, auch übel würde zugedecket haben, leistete der da¬
malige LaMaiue Sivers bey seiner Ankunft ins Zimmer dem Nothlei¬
denden Hülfe und jagte Ostermann sammpt seinen Anhängern zum Hause
hinaus. Ob dieses nun wohl eine Sache, welche man sich zu erinnern fast
schämet, so ist doch solches die Uhrsache, daß Ostermann einen unversöhnlichen
Haß auf den Admiral Sivers geworfen, der ihn und seine Familie endlich
in das größte unsere gebracht. Den Anfang seines Hasses machte er zwischen
den Vice Admiral Cruys und den Admiral Sivers Verdrüßlichkeit zu säen
und da Ostermann hernach gestiegen, hat er sich jederzeit bemühet, dem Ad¬
miral Siepers zu Schaden. Allein er hat ihm doch bey Lebzeiten des Kay-
sers Petri des Großen und der Kayserinn Katharina Glorwürdigsten An¬
denkens nichts können zufügen. So bald er aber bey dem Gottseligen Kayser
Petro II. glorwürdigsten Angedenkens Gouverneur war, sahe man sogleich
die Würkungen des Hasses gegen den Admiralen Sivers. Denn da derselbe
im November 1727 von Kronstäbe nach Petersburg commandiret wurde im
Collegio (d. h. dem Marineministerium) zu sitzen, hat er sich nicht nur dagegen
gesetzet, daß er Vice-Präsident seyn sollte, sondern hat noch dazu bloß dem Ad¬
miral Sivers tort zu thun gerechnet, daß dem Munich der damals jüngster
Generallieutenant war, das Commando gegeben wurde. Dieser wie er wußte,
daß er von Ostermann unterstützet wurde, suchte alle Mittel und Wege sich
zu erheben, absonderlich verdroß ihn äußerst, daß weil er auch in seinen ge¬
ringsten Actionen aus Eigenliebe die größte glorie suchte, der Admiral Si¬
vers nicht damit einstimmen wollte, sondern von einer jeden Sache nach der
Wahrheit sprach.

Die Arbeit an dem Canal des Ladogaischen Sees wußte sich Munich
recht wunderlich zu Nutzen zu machen, und besonders viel darin aufzuschnei¬
den, obwohl dieses eine Arbeit war, welche außer Landes auch die geringsten
Leute verstehen*). Unterdessen fanden sich doch Leute die nach dem Angeben
von Munich als von etwas wunderwürdigen sprachen, ohnerachtet er solchen
nicht angegeben, so doch allein eine Aufmerksamkeit verdient hätte — da
der Canal lang zuvor, ehe er ins Land gekommen bereits angefangen war.



") Daß Mummies sich bei Gelegenheit dieses von Sivers ohne Grund als bedeutungslos
bezeichneten Baus auf unerlaubte Weise bereichert hatte, steht auch sonst fest. Vgl. Hermanns
Russische Geschichte B. IV.
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[0399] auch dessen eonäuite als eines Schreibers beschaffen, nemlich clissolut und impertinent, und weil er hier und da mit vräres zu überbringen gebrauchet worden, und sich hierbey viel autorite herausnehmen wollte, hat er sich den Haß der oköeiers über den Hals gezogen, so daß auch einige Hand an ihn geleget. Da es sich nun auch Ao. 1706 im 9br. zutrug, daß weil Ostermann in einer assamdlve einen Kapitain von der Flotte mit seinen Leuten über¬ fiel, und ihn tiÄi'Ässil'te, auch übel würde zugedecket haben, leistete der da¬ malige LaMaiue Sivers bey seiner Ankunft ins Zimmer dem Nothlei¬ denden Hülfe und jagte Ostermann sammpt seinen Anhängern zum Hause hinaus. Ob dieses nun wohl eine Sache, welche man sich zu erinnern fast schämet, so ist doch solches die Uhrsache, daß Ostermann einen unversöhnlichen Haß auf den Admiral Sivers geworfen, der ihn und seine Familie endlich in das größte unsere gebracht. Den Anfang seines Hasses machte er zwischen den Vice Admiral Cruys und den Admiral Sivers Verdrüßlichkeit zu säen und da Ostermann hernach gestiegen, hat er sich jederzeit bemühet, dem Ad¬ miral Siepers zu Schaden. Allein er hat ihm doch bey Lebzeiten des Kay- sers Petri des Großen und der Kayserinn Katharina Glorwürdigsten An¬ denkens nichts können zufügen. So bald er aber bey dem Gottseligen Kayser Petro II. glorwürdigsten Angedenkens Gouverneur war, sahe man sogleich die Würkungen des Hasses gegen den Admiralen Sivers. Denn da derselbe im November 1727 von Kronstäbe nach Petersburg commandiret wurde im Collegio (d. h. dem Marineministerium) zu sitzen, hat er sich nicht nur dagegen gesetzet, daß er Vice-Präsident seyn sollte, sondern hat noch dazu bloß dem Ad¬ miral Sivers tort zu thun gerechnet, daß dem Munich der damals jüngster Generallieutenant war, das Commando gegeben wurde. Dieser wie er wußte, daß er von Ostermann unterstützet wurde, suchte alle Mittel und Wege sich zu erheben, absonderlich verdroß ihn äußerst, daß weil er auch in seinen ge¬ ringsten Actionen aus Eigenliebe die größte glorie suchte, der Admiral Si¬ vers nicht damit einstimmen wollte, sondern von einer jeden Sache nach der Wahrheit sprach. Die Arbeit an dem Canal des Ladogaischen Sees wußte sich Munich recht wunderlich zu Nutzen zu machen, und besonders viel darin aufzuschnei¬ den, obwohl dieses eine Arbeit war, welche außer Landes auch die geringsten Leute verstehen*). Unterdessen fanden sich doch Leute die nach dem Angeben von Munich als von etwas wunderwürdigen sprachen, ohnerachtet er solchen nicht angegeben, so doch allein eine Aufmerksamkeit verdient hätte — da der Canal lang zuvor, ehe er ins Land gekommen bereits angefangen war. ") Daß Mummies sich bei Gelegenheit dieses von Sivers ohne Grund als bedeutungslos bezeichneten Baus auf unerlaubte Weise bereichert hatte, steht auch sonst fest. Vgl. Hermanns Russische Geschichte B. IV.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/399>, abgerufen am 25.08.2024.