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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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lischen Schulaufstchtsbehörde und der Bezirksschulinspecroren. Und dann
wundert man sich noch, daß die Beschlüsse des Reichstags, allen kaiserlichen
Bestätigungen zum Trotz, auf dem Papier bleiben!




Der deutsche Seefischfang.

Seit zwei Jahren ungefähr haben wir Deutsche uns durch zwei hansea-
tische Gesellschaften und einige andere kleinere Unternehmungen die Mittel
angeeignet, vermöge welcher in England der Fang und Genuß frischer See¬
fische so außerordentliche Dimensionen angenommen hat. Seefeste Kutter
oder Smacks. nicht mehr bloße Schaluppen der ostfriesischen Inseln, welche
bei jeder frischen Brise den Hafen suchen mußten, oder Ewer von Blankenese
und Finkenwerder, als deren Hauptzweck schon oft die Bergung von Waa>
ren aus gestrandeten Schiffen betrachtet worden ist, -- gehen jetzt auf die
Fischerei aus. Dadurch kommt in den Betrieb erst die gehörige Fülle und
Regelmäßigkeit, welche zur Hervorrufung eines Massenabsatzes erheischt wird.
Ferner wird mit der Trawe oder Kurve gefischt, dem über den Meeresgrund
hinstreifenden kolossalen Netze, nicht mit der köderbesteckten Angel von Nor-
derney. Es wird also nicht stückweise, sondern gleich centnerweise gefangen.
Der Fisch aber, welcher an Bord gezogen wird, kommt nicht in die
Bunge, d. h. in den gegen den übrigen Schiffskörper hin abgeschlossenen,
vom Fahrwasser durchflutheten Theil des unteren Raumes, um da langsam
abzusterben und als sogenannter lebendiger Fisch halbfaulend verkauft zu wer¬
den; sondern er wird auf der Stelle geschlachtet, ausgeweidet und in Eis
gelegt, folglich im überhaupt denkbar gesundesten Zustande der bewährte¬
sten aller Conservationsmethoden überliefert. Möglichst rasch ans Land be¬
fördert, wird er dann hinter die nächste beste Locomotive gespannt, um über
weite Flächen hin den Liebhabern zu unerhört billigen Preisen dargeboten
zu werden.

Diejenigen, welche den Grundnetzfang in Deutschland eingebürgert haben,
sahen es dabei vornehmlich auf die Herstellung einer Erziehungsanstalt für
die Kriegsmarine ab. Es war im August 1866, -- noch unter dem vollen
Eindruck der militairisch-diplomatischen Großthaten Preußens, daß in Bremen
die ersten dahinseienden Besprechungen stattfanden. Die Betriebsweise der
Schönwetterfischer von den Elbinseln und den ostfriesischen Eilanden, das
leuchtet ohne Weiteres ein, bildet nicht aus, sondern verdirbt höchstens, was
an guten und tapferen Eigenschaften in der Küstenbevölkerung steckt. Um


lischen Schulaufstchtsbehörde und der Bezirksschulinspecroren. Und dann
wundert man sich noch, daß die Beschlüsse des Reichstags, allen kaiserlichen
Bestätigungen zum Trotz, auf dem Papier bleiben!




Der deutsche Seefischfang.

Seit zwei Jahren ungefähr haben wir Deutsche uns durch zwei hansea-
tische Gesellschaften und einige andere kleinere Unternehmungen die Mittel
angeeignet, vermöge welcher in England der Fang und Genuß frischer See¬
fische so außerordentliche Dimensionen angenommen hat. Seefeste Kutter
oder Smacks. nicht mehr bloße Schaluppen der ostfriesischen Inseln, welche
bei jeder frischen Brise den Hafen suchen mußten, oder Ewer von Blankenese
und Finkenwerder, als deren Hauptzweck schon oft die Bergung von Waa>
ren aus gestrandeten Schiffen betrachtet worden ist, — gehen jetzt auf die
Fischerei aus. Dadurch kommt in den Betrieb erst die gehörige Fülle und
Regelmäßigkeit, welche zur Hervorrufung eines Massenabsatzes erheischt wird.
Ferner wird mit der Trawe oder Kurve gefischt, dem über den Meeresgrund
hinstreifenden kolossalen Netze, nicht mit der köderbesteckten Angel von Nor-
derney. Es wird also nicht stückweise, sondern gleich centnerweise gefangen.
Der Fisch aber, welcher an Bord gezogen wird, kommt nicht in die
Bunge, d. h. in den gegen den übrigen Schiffskörper hin abgeschlossenen,
vom Fahrwasser durchflutheten Theil des unteren Raumes, um da langsam
abzusterben und als sogenannter lebendiger Fisch halbfaulend verkauft zu wer¬
den; sondern er wird auf der Stelle geschlachtet, ausgeweidet und in Eis
gelegt, folglich im überhaupt denkbar gesundesten Zustande der bewährte¬
sten aller Conservationsmethoden überliefert. Möglichst rasch ans Land be¬
fördert, wird er dann hinter die nächste beste Locomotive gespannt, um über
weite Flächen hin den Liebhabern zu unerhört billigen Preisen dargeboten
zu werden.

Diejenigen, welche den Grundnetzfang in Deutschland eingebürgert haben,
sahen es dabei vornehmlich auf die Herstellung einer Erziehungsanstalt für
die Kriegsmarine ab. Es war im August 1866, — noch unter dem vollen
Eindruck der militairisch-diplomatischen Großthaten Preußens, daß in Bremen
die ersten dahinseienden Besprechungen stattfanden. Die Betriebsweise der
Schönwetterfischer von den Elbinseln und den ostfriesischen Eilanden, das
leuchtet ohne Weiteres ein, bildet nicht aus, sondern verdirbt höchstens, was
an guten und tapferen Eigenschaften in der Küstenbevölkerung steckt. Um


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[0079] lischen Schulaufstchtsbehörde und der Bezirksschulinspecroren. Und dann wundert man sich noch, daß die Beschlüsse des Reichstags, allen kaiserlichen Bestätigungen zum Trotz, auf dem Papier bleiben! Der deutsche Seefischfang. Seit zwei Jahren ungefähr haben wir Deutsche uns durch zwei hansea- tische Gesellschaften und einige andere kleinere Unternehmungen die Mittel angeeignet, vermöge welcher in England der Fang und Genuß frischer See¬ fische so außerordentliche Dimensionen angenommen hat. Seefeste Kutter oder Smacks. nicht mehr bloße Schaluppen der ostfriesischen Inseln, welche bei jeder frischen Brise den Hafen suchen mußten, oder Ewer von Blankenese und Finkenwerder, als deren Hauptzweck schon oft die Bergung von Waa> ren aus gestrandeten Schiffen betrachtet worden ist, — gehen jetzt auf die Fischerei aus. Dadurch kommt in den Betrieb erst die gehörige Fülle und Regelmäßigkeit, welche zur Hervorrufung eines Massenabsatzes erheischt wird. Ferner wird mit der Trawe oder Kurve gefischt, dem über den Meeresgrund hinstreifenden kolossalen Netze, nicht mit der köderbesteckten Angel von Nor- derney. Es wird also nicht stückweise, sondern gleich centnerweise gefangen. Der Fisch aber, welcher an Bord gezogen wird, kommt nicht in die Bunge, d. h. in den gegen den übrigen Schiffskörper hin abgeschlossenen, vom Fahrwasser durchflutheten Theil des unteren Raumes, um da langsam abzusterben und als sogenannter lebendiger Fisch halbfaulend verkauft zu wer¬ den; sondern er wird auf der Stelle geschlachtet, ausgeweidet und in Eis gelegt, folglich im überhaupt denkbar gesundesten Zustande der bewährte¬ sten aller Conservationsmethoden überliefert. Möglichst rasch ans Land be¬ fördert, wird er dann hinter die nächste beste Locomotive gespannt, um über weite Flächen hin den Liebhabern zu unerhört billigen Preisen dargeboten zu werden. Diejenigen, welche den Grundnetzfang in Deutschland eingebürgert haben, sahen es dabei vornehmlich auf die Herstellung einer Erziehungsanstalt für die Kriegsmarine ab. Es war im August 1866, — noch unter dem vollen Eindruck der militairisch-diplomatischen Großthaten Preußens, daß in Bremen die ersten dahinseienden Besprechungen stattfanden. Die Betriebsweise der Schönwetterfischer von den Elbinseln und den ostfriesischen Eilanden, das leuchtet ohne Weiteres ein, bildet nicht aus, sondern verdirbt höchstens, was an guten und tapferen Eigenschaften in der Küstenbevölkerung steckt. Um

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/79>, abgerufen am 24.07.2024.