Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.Eine andere kostspielige Liebhaberei des Herzogs war die Schauspieler¬ Eine andere kostspielige Liebhaberei des Herzogs war die Schauspieler¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0045" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/120732"/> <p xml:id="ID_109" prev="#ID_108" next="#ID_110"> Eine andere kostspielige Liebhaberei des Herzogs war die Schauspieler¬<lb/> kunst. Nachdem sein Bemühen, das 1714 im großen Styl eingerich¬<lb/> tete, aber bereits 1729 eingegangene (^mnasium aeaiZemiouui wieder¬<lb/> herzustellen gescheitert war. verschrieb er eine Truppe Komödianten und<lb/> Hofsänger, worunter auch Italiener, welche trotz ihrer starken Gagen<lb/> ihre Privatschulden nicht bezahlten und dadurch viele Bürger ruinirten. Von<lb/> Edelleuten hielt sich eine große Menge hier auf, welche auf des Herzogs Un¬<lb/> kosten großen Staat machten und bei Hof freien Tisch :c. hatten, darunter<lb/> oft Fremde, welche jahrelang dalagen und denen der Herzog bei ihrem Weg¬<lb/> gang Schulden und Reisegeld bezahlte. In Folge dieses verschwenderischen<lb/> Haushalts trat endlich eine solche Geldnoth ein, daß man seine Zuflucht zu<lb/> Verpfändung und Verkauf von Gütern, Zehenden :c. nahm; nachdem auch<lb/> diese Mittel erschöpft waren und der Herzog selbst gegen sehr hohe Zinsen<lb/> kein Geld mehr erhalten konnte, wurden Leute mit eartes blauedss ausge¬<lb/> sandt, um baare Summen gegen unmäßige Verschreibungen aufzutreiben.<lb/> Wer 1000 Gulden gab. durfte wohl 5000 und noch mehr als geliehenes Ca¬<lb/> pital zurückfordern. Man sank noch tiefer, als man sich nicht mehr scheute<lb/> Aemter und Stellen zu verkaufen. Nachdem dies „Sünden- und Schulden¬<lb/> leben" bis 1769 fortgedauert und der Herzog mehrmals am kaiserlichen Hof<lb/> der übermäßigen Schulden halber an- und ausgeklagt worden war, wurde<lb/> endlich eine kaiserl. Debitcommission eingesetzt, zunächst bestehend aus den<lb/> Principalcommissaren, dem Prinzen Joseph, Großoheim und Prinzen Eugen,<lb/> Bruder des Herzogs, ferner aus den Subdelegirten, dem k. k. General v. Friese,<lb/> dem Geh. Rath v. Lindeboom und dem Regierungsrath Hieronymus. Gegen<lb/> beide Letztere protestirten der Herzog und Prinz Eugen, weil sie ihre Vasallen<lb/> seien, im Grunde aber deswegen, weil sie nicht zu ihren Gunsten sprachen.<lb/> Da nun Prinz Eugen aus der Commission auftrat und statt ihm die ver-<lb/> wittwete Herzogin v. Sachsen-Meiningen hinein berufen wurde, ward die<lb/> Uneinigkeit größer und es drohte ein zweiter Wasunger Krieg auszubrechen.<lb/> Als sich nämlich die Hofpartei durchaus der kaiserl. Commission nicht fügen<lb/> wollte, wurden von Coburg, Meiningen, Gotha und Weimar die Manute-<lb/> nenz-Truppen zu deren Schutz beordert; da es nun hieß, sie könnten alle<lb/> Tage kommen, traf der Herzog folgende kriegerische Maßregeln: Zunächst<lb/> wurde den 3. Pfingstfeiertag 1770 das Landregtment vorgeblich zum Erer-<lb/> ciren in die Stadt commandirt; dann wurde das Eisfelder und Schleusinger<lb/> Thor, sowie sonstige Ausgänge und Pforten mit Holz und Mist stark ver¬<lb/> rammelt und mit Mannschaften und Kanonen besetzt. Nur das Römhilder<lb/> Thor, welches 1 Major, 1 Capitain. 2 Lieutenants und 180 Mann vom<lb/> Garde- und Landregiment besetzt hielten, blieb zur Passage offen. Auf der<lb/> Hauptwache war 1 Major. 1 Capitain, 2 Lieutenants und ebenfalls 160</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0045]
Eine andere kostspielige Liebhaberei des Herzogs war die Schauspieler¬
kunst. Nachdem sein Bemühen, das 1714 im großen Styl eingerich¬
tete, aber bereits 1729 eingegangene (^mnasium aeaiZemiouui wieder¬
herzustellen gescheitert war. verschrieb er eine Truppe Komödianten und
Hofsänger, worunter auch Italiener, welche trotz ihrer starken Gagen
ihre Privatschulden nicht bezahlten und dadurch viele Bürger ruinirten. Von
Edelleuten hielt sich eine große Menge hier auf, welche auf des Herzogs Un¬
kosten großen Staat machten und bei Hof freien Tisch :c. hatten, darunter
oft Fremde, welche jahrelang dalagen und denen der Herzog bei ihrem Weg¬
gang Schulden und Reisegeld bezahlte. In Folge dieses verschwenderischen
Haushalts trat endlich eine solche Geldnoth ein, daß man seine Zuflucht zu
Verpfändung und Verkauf von Gütern, Zehenden :c. nahm; nachdem auch
diese Mittel erschöpft waren und der Herzog selbst gegen sehr hohe Zinsen
kein Geld mehr erhalten konnte, wurden Leute mit eartes blauedss ausge¬
sandt, um baare Summen gegen unmäßige Verschreibungen aufzutreiben.
Wer 1000 Gulden gab. durfte wohl 5000 und noch mehr als geliehenes Ca¬
pital zurückfordern. Man sank noch tiefer, als man sich nicht mehr scheute
Aemter und Stellen zu verkaufen. Nachdem dies „Sünden- und Schulden¬
leben" bis 1769 fortgedauert und der Herzog mehrmals am kaiserlichen Hof
der übermäßigen Schulden halber an- und ausgeklagt worden war, wurde
endlich eine kaiserl. Debitcommission eingesetzt, zunächst bestehend aus den
Principalcommissaren, dem Prinzen Joseph, Großoheim und Prinzen Eugen,
Bruder des Herzogs, ferner aus den Subdelegirten, dem k. k. General v. Friese,
dem Geh. Rath v. Lindeboom und dem Regierungsrath Hieronymus. Gegen
beide Letztere protestirten der Herzog und Prinz Eugen, weil sie ihre Vasallen
seien, im Grunde aber deswegen, weil sie nicht zu ihren Gunsten sprachen.
Da nun Prinz Eugen aus der Commission auftrat und statt ihm die ver-
wittwete Herzogin v. Sachsen-Meiningen hinein berufen wurde, ward die
Uneinigkeit größer und es drohte ein zweiter Wasunger Krieg auszubrechen.
Als sich nämlich die Hofpartei durchaus der kaiserl. Commission nicht fügen
wollte, wurden von Coburg, Meiningen, Gotha und Weimar die Manute-
nenz-Truppen zu deren Schutz beordert; da es nun hieß, sie könnten alle
Tage kommen, traf der Herzog folgende kriegerische Maßregeln: Zunächst
wurde den 3. Pfingstfeiertag 1770 das Landregtment vorgeblich zum Erer-
ciren in die Stadt commandirt; dann wurde das Eisfelder und Schleusinger
Thor, sowie sonstige Ausgänge und Pforten mit Holz und Mist stark ver¬
rammelt und mit Mannschaften und Kanonen besetzt. Nur das Römhilder
Thor, welches 1 Major, 1 Capitain. 2 Lieutenants und 180 Mann vom
Garde- und Landregiment besetzt hielten, blieb zur Passage offen. Auf der
Hauptwache war 1 Major. 1 Capitain, 2 Lieutenants und ebenfalls 160
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