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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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Hälfte des dreijährigen Zeitraums in Anspruch nimmt? Aber in diesem
Falle sollte man dahin wirken, der Besatzung solcher Schiffe einen mög-
lichst großen Procentsatz von Stammmannschaften zu geben, welche die Ma¬
rine sich selbst aus dem Schiffsjungeninstitut heranerzieht und deren Dienst¬
verpflichtung 12 Jahre beträgt. In allen anderen Fällen sollte man die
Ausbildung auf etwa Jahr festsetzen. Wir würden etwa folgendes
Verfahren vorschlagen. Die Seeleute aus der Handelsmarine werden am
Schluß der Schifffahrtsperiode, also im Anfang des Winters, wo die Fahrten
bis auf einen geringen Bruchtheil ganz ruhen und die meisten Handelsschiffe
unthätig im Hafen liegen, zur Flottenstammdivision eingezogen, dort am
Lande und an Bord des Casernenschiffs zunächst mit den Gewehrgriffen, nicht
im Marschiren, ausexercirt, weil die Griffe schneller als jedes andere Mittel
discipliniren, dann am Geschütz ausgebildet, und sobald die Schifffahrt offen
ist, auf Schiffe eines permanenten Uebungsgeschwaders gebracht. Dieses Ge¬
schwader kreuzt während des ganzen Frühjahrs, Sommers und Herbstes in
der Nord- oder Ostsee, geht vor Beginn der Aequinoctialstürme für den
Winter -- wo der entlassene Matrose doch keine Beschäftigung finden könnte
-- theils nach dem Mittelmeer, theils nach Westindien, da dort der Winter
die Kreuzfahrten nicht hindert und das Geschwader eine Flottenstation
zum Handelsschutz ersetzt. Zum Beginn der Schifffahrtsperiode bringt das
Geschwader die Leute wieder in die heimischen Häfen zurück, wo dieselben
entlassen werden und sogleich aus Handelsschiffen ein Unterkommen finden.
Das Uebungsgeschwader bleibt also permanent in Dienst, im Sommer in
den deutschen, im Winter in den mittelländischen oder westindischen Gewässern,
aus denen es im Nothfall schnell zurückgerufen werden kann, während selbst¬
verständlich ein allmäliges Auswechseln der Schiffe nicht ausgeschlossen ist.
Falls man das Artillerieschiff -- Segelfregatte -- nicht bloß zur Ausbildung
der Stammmannschaften benutzen will, kann es im Sommer dem Uebungs¬
geschwader beigegeben werden und nach und nach die eingezogenen Seeleute
an Lord bekommen. Die Schiffe der ostasiatischen Station erhalten in den
nächsten Jahren möglichst wenig eingezogene Matrosen und möglichst viel
Stammmannschaften, nach einigen Jahren aber, wo die aus allen Kräf¬
ten zu betreibende Vermehrung der Stammmannschaften weit genug vorge¬
schritten ist, nur noch Stammmannschaften. Wo Letzteres aus besonderen
Gründen nicht ausführbar ist, wird der Dienst der ostasiatischen Station so
geregelt, daß die dort stationirten Schiffe etwa vier Jahre in jenen Ge¬
wässern und fünf Jahre in Dienst bleiben (wie auf der englischen Flotte
bisher 3--4 Jahre, von jetzt ab auch 4 -- 5 Jahre), und daß jedes Jahr ein
kleineres Schiff als Transportschiff die Reise dorthin und zurück macht, nur
um die aus der Handelsmarine eingezogenen Mannschaften nach einjährigen


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Hälfte des dreijährigen Zeitraums in Anspruch nimmt? Aber in diesem
Falle sollte man dahin wirken, der Besatzung solcher Schiffe einen mög-
lichst großen Procentsatz von Stammmannschaften zu geben, welche die Ma¬
rine sich selbst aus dem Schiffsjungeninstitut heranerzieht und deren Dienst¬
verpflichtung 12 Jahre beträgt. In allen anderen Fällen sollte man die
Ausbildung auf etwa Jahr festsetzen. Wir würden etwa folgendes
Verfahren vorschlagen. Die Seeleute aus der Handelsmarine werden am
Schluß der Schifffahrtsperiode, also im Anfang des Winters, wo die Fahrten
bis auf einen geringen Bruchtheil ganz ruhen und die meisten Handelsschiffe
unthätig im Hafen liegen, zur Flottenstammdivision eingezogen, dort am
Lande und an Bord des Casernenschiffs zunächst mit den Gewehrgriffen, nicht
im Marschiren, ausexercirt, weil die Griffe schneller als jedes andere Mittel
discipliniren, dann am Geschütz ausgebildet, und sobald die Schifffahrt offen
ist, auf Schiffe eines permanenten Uebungsgeschwaders gebracht. Dieses Ge¬
schwader kreuzt während des ganzen Frühjahrs, Sommers und Herbstes in
der Nord- oder Ostsee, geht vor Beginn der Aequinoctialstürme für den
Winter — wo der entlassene Matrose doch keine Beschäftigung finden könnte
— theils nach dem Mittelmeer, theils nach Westindien, da dort der Winter
die Kreuzfahrten nicht hindert und das Geschwader eine Flottenstation
zum Handelsschutz ersetzt. Zum Beginn der Schifffahrtsperiode bringt das
Geschwader die Leute wieder in die heimischen Häfen zurück, wo dieselben
entlassen werden und sogleich aus Handelsschiffen ein Unterkommen finden.
Das Uebungsgeschwader bleibt also permanent in Dienst, im Sommer in
den deutschen, im Winter in den mittelländischen oder westindischen Gewässern,
aus denen es im Nothfall schnell zurückgerufen werden kann, während selbst¬
verständlich ein allmäliges Auswechseln der Schiffe nicht ausgeschlossen ist.
Falls man das Artillerieschiff — Segelfregatte — nicht bloß zur Ausbildung
der Stammmannschaften benutzen will, kann es im Sommer dem Uebungs¬
geschwader beigegeben werden und nach und nach die eingezogenen Seeleute
an Lord bekommen. Die Schiffe der ostasiatischen Station erhalten in den
nächsten Jahren möglichst wenig eingezogene Matrosen und möglichst viel
Stammmannschaften, nach einigen Jahren aber, wo die aus allen Kräf¬
ten zu betreibende Vermehrung der Stammmannschaften weit genug vorge¬
schritten ist, nur noch Stammmannschaften. Wo Letzteres aus besonderen
Gründen nicht ausführbar ist, wird der Dienst der ostasiatischen Station so
geregelt, daß die dort stationirten Schiffe etwa vier Jahre in jenen Ge¬
wässern und fünf Jahre in Dienst bleiben (wie auf der englischen Flotte
bisher 3—4 Jahre, von jetzt ab auch 4 — 5 Jahre), und daß jedes Jahr ein
kleineres Schiff als Transportschiff die Reise dorthin und zurück macht, nur
um die aus der Handelsmarine eingezogenen Mannschaften nach einjährigen


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[0353] Hälfte des dreijährigen Zeitraums in Anspruch nimmt? Aber in diesem Falle sollte man dahin wirken, der Besatzung solcher Schiffe einen mög- lichst großen Procentsatz von Stammmannschaften zu geben, welche die Ma¬ rine sich selbst aus dem Schiffsjungeninstitut heranerzieht und deren Dienst¬ verpflichtung 12 Jahre beträgt. In allen anderen Fällen sollte man die Ausbildung auf etwa Jahr festsetzen. Wir würden etwa folgendes Verfahren vorschlagen. Die Seeleute aus der Handelsmarine werden am Schluß der Schifffahrtsperiode, also im Anfang des Winters, wo die Fahrten bis auf einen geringen Bruchtheil ganz ruhen und die meisten Handelsschiffe unthätig im Hafen liegen, zur Flottenstammdivision eingezogen, dort am Lande und an Bord des Casernenschiffs zunächst mit den Gewehrgriffen, nicht im Marschiren, ausexercirt, weil die Griffe schneller als jedes andere Mittel discipliniren, dann am Geschütz ausgebildet, und sobald die Schifffahrt offen ist, auf Schiffe eines permanenten Uebungsgeschwaders gebracht. Dieses Ge¬ schwader kreuzt während des ganzen Frühjahrs, Sommers und Herbstes in der Nord- oder Ostsee, geht vor Beginn der Aequinoctialstürme für den Winter — wo der entlassene Matrose doch keine Beschäftigung finden könnte — theils nach dem Mittelmeer, theils nach Westindien, da dort der Winter die Kreuzfahrten nicht hindert und das Geschwader eine Flottenstation zum Handelsschutz ersetzt. Zum Beginn der Schifffahrtsperiode bringt das Geschwader die Leute wieder in die heimischen Häfen zurück, wo dieselben entlassen werden und sogleich aus Handelsschiffen ein Unterkommen finden. Das Uebungsgeschwader bleibt also permanent in Dienst, im Sommer in den deutschen, im Winter in den mittelländischen oder westindischen Gewässern, aus denen es im Nothfall schnell zurückgerufen werden kann, während selbst¬ verständlich ein allmäliges Auswechseln der Schiffe nicht ausgeschlossen ist. Falls man das Artillerieschiff — Segelfregatte — nicht bloß zur Ausbildung der Stammmannschaften benutzen will, kann es im Sommer dem Uebungs¬ geschwader beigegeben werden und nach und nach die eingezogenen Seeleute an Lord bekommen. Die Schiffe der ostasiatischen Station erhalten in den nächsten Jahren möglichst wenig eingezogene Matrosen und möglichst viel Stammmannschaften, nach einigen Jahren aber, wo die aus allen Kräf¬ ten zu betreibende Vermehrung der Stammmannschaften weit genug vorge¬ schritten ist, nur noch Stammmannschaften. Wo Letzteres aus besonderen Gründen nicht ausführbar ist, wird der Dienst der ostasiatischen Station so geregelt, daß die dort stationirten Schiffe etwa vier Jahre in jenen Ge¬ wässern und fünf Jahre in Dienst bleiben (wie auf der englischen Flotte bisher 3—4 Jahre, von jetzt ab auch 4 — 5 Jahre), und daß jedes Jahr ein kleineres Schiff als Transportschiff die Reise dorthin und zurück macht, nur um die aus der Handelsmarine eingezogenen Mannschaften nach einjährigen Grenzboten II. 18<i9. 44

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/353>, abgerufen am 04.07.2024.