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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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Weit bedeutender wird das Bedürfniß an Seeleuten, sobald erst der
Flottenerweiterungsplan vollständig ins Leben getreten sein wird. Dann
brauchen 16 Panzer-Schiffe und -Fahrzeuge 768 Maate und 4800 Matro¬
sen, die 21 Corvetten 462 und 3402, 3 Transportdampfer 15 und 111.
22 Schraubenkanonenboote wie jetzt 96 und 646, und endlich die 8 Avisos
32 und 184, sodaß sich die volle Friedensbesatzung auf ca. 1400 Maate und
9200 Matrosen beläuft. Mit der Kriegsverstärkung um 20 Procent beträgt
der Bedarf 1675 Maate und 11,800 Matrosen und mit der nöthigen Re¬
serve von ca. 10 Procent, da wir von den nach Ausführung des Flotten¬
entwickelungsplans wohl nicht mehr existirenden .Segelschiffen und Ruder¬
kanonenbooten absehen, etwa 1800 Maate und 11,000 Matrosen. (Der "Fach¬
mann" hatte sür das zukünftige Deutschland eine ähnliche Stärke von Schiffen
angenommen, statt der 16 Panzerschiffe indessen 20 Holzfregatten zu 50 Ka¬
nonen, also mit etwa 12,000 Mann verlangt. Hieran ist jedoch nicht zu
denken, da für den Handelsschutz unsere gedeckten Corvetten völlig genügen,
für Seegefechte aber nur Panzerschiffe etwas ausrichten können.)

Diese Completirung des Friedensetats bietet mannichfache Schwierig¬
keiten, da die Zahl der in Dienst gehaltenen Mannschaften selbstverständlich
in^siner Weise ausreicht.

^ ^ Auch bei den Seeoffi eieren ist die Zahl der unteren Stellen noch
knapp genug bemessen, aber die starke Zahl der Seecadetten, in welche die
aus der Handelsmarine übertretenden Aspiranten nicht einmal mitgerechnet
sind, läßt eine baldige AbHülse dieses Uebelstandes und eine genügende Zahl
von Officieren auch für eine bedeutende Erweiterung der Marine hoffen.
Eine solche Verstärkung thut aber dringend noth, denn für die höheren Stellen
ist in Kriegszeiten absolut kein Ersatz zu finden, und auch die Completirung
der unteren Stellen durch Officiere der Seewehr ist verhältnißmäßig spärli¬
cher als es beim Landheere möglich ist.

Analog der Landwehr ist nämlich sür die Seemacht eine Seewehr errichtet;
diese stand früher unter einem eigenen Commando oder Stab der Marine¬
reserve und -Seewehr, dieser wurde 1862 vom Abgeordnetenhause beanstan¬
det und 1863 und 1864 nicht wieder in den Etat aufgenommen. Sie steht
seitdem direct unter dem Stationscommando, welches die Geschäfte jenes
Stabes fortführt. Die Marinereserve und Seewehr besitzt wie die Landwehr
ein eigenes Officiercorps, das theils aus ehemaligen Officieren der Flotte
besteht, welche aus dem activen Dienst ausgeschieden sind, zum größeren
Theil aber aus Officieren der Handelsmarine (Schiffern, d. h. Capitainen,
und Steuerleuten) gebildet ist, welche ein Jahr aus der Kriegsflotte gedient
und das Quallficationszeugniß zum Unterlieutenant der Seewehr erworben
haben; zur letzteren Kategone haben Zutritt die "seedienstpflichtigen" Steuer-


Weit bedeutender wird das Bedürfniß an Seeleuten, sobald erst der
Flottenerweiterungsplan vollständig ins Leben getreten sein wird. Dann
brauchen 16 Panzer-Schiffe und -Fahrzeuge 768 Maate und 4800 Matro¬
sen, die 21 Corvetten 462 und 3402, 3 Transportdampfer 15 und 111.
22 Schraubenkanonenboote wie jetzt 96 und 646, und endlich die 8 Avisos
32 und 184, sodaß sich die volle Friedensbesatzung auf ca. 1400 Maate und
9200 Matrosen beläuft. Mit der Kriegsverstärkung um 20 Procent beträgt
der Bedarf 1675 Maate und 11,800 Matrosen und mit der nöthigen Re¬
serve von ca. 10 Procent, da wir von den nach Ausführung des Flotten¬
entwickelungsplans wohl nicht mehr existirenden .Segelschiffen und Ruder¬
kanonenbooten absehen, etwa 1800 Maate und 11,000 Matrosen. (Der „Fach¬
mann" hatte sür das zukünftige Deutschland eine ähnliche Stärke von Schiffen
angenommen, statt der 16 Panzerschiffe indessen 20 Holzfregatten zu 50 Ka¬
nonen, also mit etwa 12,000 Mann verlangt. Hieran ist jedoch nicht zu
denken, da für den Handelsschutz unsere gedeckten Corvetten völlig genügen,
für Seegefechte aber nur Panzerschiffe etwas ausrichten können.)

Diese Completirung des Friedensetats bietet mannichfache Schwierig¬
keiten, da die Zahl der in Dienst gehaltenen Mannschaften selbstverständlich
in^siner Weise ausreicht.

^ ^ Auch bei den Seeoffi eieren ist die Zahl der unteren Stellen noch
knapp genug bemessen, aber die starke Zahl der Seecadetten, in welche die
aus der Handelsmarine übertretenden Aspiranten nicht einmal mitgerechnet
sind, läßt eine baldige AbHülse dieses Uebelstandes und eine genügende Zahl
von Officieren auch für eine bedeutende Erweiterung der Marine hoffen.
Eine solche Verstärkung thut aber dringend noth, denn für die höheren Stellen
ist in Kriegszeiten absolut kein Ersatz zu finden, und auch die Completirung
der unteren Stellen durch Officiere der Seewehr ist verhältnißmäßig spärli¬
cher als es beim Landheere möglich ist.

Analog der Landwehr ist nämlich sür die Seemacht eine Seewehr errichtet;
diese stand früher unter einem eigenen Commando oder Stab der Marine¬
reserve und -Seewehr, dieser wurde 1862 vom Abgeordnetenhause beanstan¬
det und 1863 und 1864 nicht wieder in den Etat aufgenommen. Sie steht
seitdem direct unter dem Stationscommando, welches die Geschäfte jenes
Stabes fortführt. Die Marinereserve und Seewehr besitzt wie die Landwehr
ein eigenes Officiercorps, das theils aus ehemaligen Officieren der Flotte
besteht, welche aus dem activen Dienst ausgeschieden sind, zum größeren
Theil aber aus Officieren der Handelsmarine (Schiffern, d. h. Capitainen,
und Steuerleuten) gebildet ist, welche ein Jahr aus der Kriegsflotte gedient
und das Quallficationszeugniß zum Unterlieutenant der Seewehr erworben
haben; zur letzteren Kategone haben Zutritt die „seedienstpflichtigen" Steuer-


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[0346] Weit bedeutender wird das Bedürfniß an Seeleuten, sobald erst der Flottenerweiterungsplan vollständig ins Leben getreten sein wird. Dann brauchen 16 Panzer-Schiffe und -Fahrzeuge 768 Maate und 4800 Matro¬ sen, die 21 Corvetten 462 und 3402, 3 Transportdampfer 15 und 111. 22 Schraubenkanonenboote wie jetzt 96 und 646, und endlich die 8 Avisos 32 und 184, sodaß sich die volle Friedensbesatzung auf ca. 1400 Maate und 9200 Matrosen beläuft. Mit der Kriegsverstärkung um 20 Procent beträgt der Bedarf 1675 Maate und 11,800 Matrosen und mit der nöthigen Re¬ serve von ca. 10 Procent, da wir von den nach Ausführung des Flotten¬ entwickelungsplans wohl nicht mehr existirenden .Segelschiffen und Ruder¬ kanonenbooten absehen, etwa 1800 Maate und 11,000 Matrosen. (Der „Fach¬ mann" hatte sür das zukünftige Deutschland eine ähnliche Stärke von Schiffen angenommen, statt der 16 Panzerschiffe indessen 20 Holzfregatten zu 50 Ka¬ nonen, also mit etwa 12,000 Mann verlangt. Hieran ist jedoch nicht zu denken, da für den Handelsschutz unsere gedeckten Corvetten völlig genügen, für Seegefechte aber nur Panzerschiffe etwas ausrichten können.) Diese Completirung des Friedensetats bietet mannichfache Schwierig¬ keiten, da die Zahl der in Dienst gehaltenen Mannschaften selbstverständlich in^siner Weise ausreicht. ^ ^ Auch bei den Seeoffi eieren ist die Zahl der unteren Stellen noch knapp genug bemessen, aber die starke Zahl der Seecadetten, in welche die aus der Handelsmarine übertretenden Aspiranten nicht einmal mitgerechnet sind, läßt eine baldige AbHülse dieses Uebelstandes und eine genügende Zahl von Officieren auch für eine bedeutende Erweiterung der Marine hoffen. Eine solche Verstärkung thut aber dringend noth, denn für die höheren Stellen ist in Kriegszeiten absolut kein Ersatz zu finden, und auch die Completirung der unteren Stellen durch Officiere der Seewehr ist verhältnißmäßig spärli¬ cher als es beim Landheere möglich ist. Analog der Landwehr ist nämlich sür die Seemacht eine Seewehr errichtet; diese stand früher unter einem eigenen Commando oder Stab der Marine¬ reserve und -Seewehr, dieser wurde 1862 vom Abgeordnetenhause beanstan¬ det und 1863 und 1864 nicht wieder in den Etat aufgenommen. Sie steht seitdem direct unter dem Stationscommando, welches die Geschäfte jenes Stabes fortführt. Die Marinereserve und Seewehr besitzt wie die Landwehr ein eigenes Officiercorps, das theils aus ehemaligen Officieren der Flotte besteht, welche aus dem activen Dienst ausgeschieden sind, zum größeren Theil aber aus Officieren der Handelsmarine (Schiffern, d. h. Capitainen, und Steuerleuten) gebildet ist, welche ein Jahr aus der Kriegsflotte gedient und das Quallficationszeugniß zum Unterlieutenant der Seewehr erworben haben; zur letzteren Kategone haben Zutritt die „seedienstpflichtigen" Steuer-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/346>, abgerufen am 04.07.2024.