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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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schinenleitung und auf den Wersten im Maschinenbau zu verwenden,
wobei sie in Gehalt und socialer Stellung absolut den Officieren gleich"
zustellen wären. Nach den Untergebenen gegenüber wird die festere sociale
Scheidung von hohem Werthe sein, da sie das Ansehen der Maschinisten er¬
höht. Die älteren jetzigen Maschinisten werden bei ihrem allmäligen Abgang
dann ausschließlich durch "Maschineningenieure" ersetzt, und zwar wären
vor der gänzlichen Ersetzung, um Kränkung und Reibungen zu verhüten, die
Ingenieure der höheren Grade nie zusammen mit jetzigen Maschinendeck-
officieren auf ein Schiff zu bringen, wohl aber in den unteren Graden.

Doch auch so würde die Reform noch nicht genügen. Denn die geringe
Zahl der Kriegsschiffe, welche wegen der Kosten bei dem großen Kohlen¬
verbrauch unter Dampf in Dienst gehalten wird, genügt für die praktische
Auebildung nur einer sehr geringen Zahl solcher Maschineningenieure, für
welche Uebung die Hauptsache ist. Dagegen haben wir in Deutschland über
SO größere Seedampser, die fast das ganze Jahr hindurch in Fahrt unter
Dampf sind, die großen Schiffe des Norddeutschen Lloyd, der Hamburg-
Amerikanischen Gesellschaft, der Stettiner Gesellschaft u. s. w. Mit diesen
Gesellschaften müßte man um jeden Preis ein Abkommen zu treffen suchen,
daß sie sich einen Theil ihrer Maschineningenieure von der Marine stellen
lassen, die man, wenn sie auf den Kriegsschiffen in Dienst nicht Platz finden,
nach einigen Monaten Ausbildung im strengen Kriegsschiffsdienst dort¬
hin schickt und von Zeit zu Zeit wechselt. Die Marine spart dabei ebenso
wie die Dampfergesellschaft einen Theil ihrer Löhnung und die Einziehung
im Kriege schadet der Gesellschaft wenig, da dann doch die Schifffahrt stockt.
Einziehungen in Friedenszeit dürfen allerdings bei diesen nur sür die Com-
pletirung im Kriege bestimmten Leuten nicht vorkommen. Wenn bis jetzt
Unterhandlungen darüber nicht zum Ziele geführt haben, so lag es wohl an
den gestellten Bedingungen. Daß die Disciplin oder die militairischen Eigen¬
schaften der Marineingenieure und Heizer durch solche Beschäftigung ans
Privatdampfern allzusehr leiden könnten, ist nicht zu befürchten, wenn sie das
erste Jahr im Marinedienst ordentlich einexercirt worden sind. Auch der
"Fachmann" befürwortet, die Maschinisten, während sie in zwei Jahren ihrer
Dienstpflicht genügen, auf jene in beständiger Fahrt befindlichen Bremer
und Hamburger Dampfer zu detachiren, wo sie in ihrem Gewerbe bleiben,
viel lernen, und, wenn Staat und Gesellschaft jede auch nur halb soviel Ge¬
halt als sonst zahlen, doch viel besser stehen, als im Marinedienst. Auf den
Amerikadampfern der Hamburger und Bremer können nach dem "Fachmann"
jährlich 60 Mann der Marinereserve und Seewehr als befahrene Maschinisten
zuwachsen. "Die Maschinisten müssen zwei Jahre unter Dampf gefahren
hoben; wie der Seemann nicht im Hafen Seemannschaft lernt, so wenig der


schinenleitung und auf den Wersten im Maschinenbau zu verwenden,
wobei sie in Gehalt und socialer Stellung absolut den Officieren gleich»
zustellen wären. Nach den Untergebenen gegenüber wird die festere sociale
Scheidung von hohem Werthe sein, da sie das Ansehen der Maschinisten er¬
höht. Die älteren jetzigen Maschinisten werden bei ihrem allmäligen Abgang
dann ausschließlich durch „Maschineningenieure" ersetzt, und zwar wären
vor der gänzlichen Ersetzung, um Kränkung und Reibungen zu verhüten, die
Ingenieure der höheren Grade nie zusammen mit jetzigen Maschinendeck-
officieren auf ein Schiff zu bringen, wohl aber in den unteren Graden.

Doch auch so würde die Reform noch nicht genügen. Denn die geringe
Zahl der Kriegsschiffe, welche wegen der Kosten bei dem großen Kohlen¬
verbrauch unter Dampf in Dienst gehalten wird, genügt für die praktische
Auebildung nur einer sehr geringen Zahl solcher Maschineningenieure, für
welche Uebung die Hauptsache ist. Dagegen haben wir in Deutschland über
SO größere Seedampser, die fast das ganze Jahr hindurch in Fahrt unter
Dampf sind, die großen Schiffe des Norddeutschen Lloyd, der Hamburg-
Amerikanischen Gesellschaft, der Stettiner Gesellschaft u. s. w. Mit diesen
Gesellschaften müßte man um jeden Preis ein Abkommen zu treffen suchen,
daß sie sich einen Theil ihrer Maschineningenieure von der Marine stellen
lassen, die man, wenn sie auf den Kriegsschiffen in Dienst nicht Platz finden,
nach einigen Monaten Ausbildung im strengen Kriegsschiffsdienst dort¬
hin schickt und von Zeit zu Zeit wechselt. Die Marine spart dabei ebenso
wie die Dampfergesellschaft einen Theil ihrer Löhnung und die Einziehung
im Kriege schadet der Gesellschaft wenig, da dann doch die Schifffahrt stockt.
Einziehungen in Friedenszeit dürfen allerdings bei diesen nur sür die Com-
pletirung im Kriege bestimmten Leuten nicht vorkommen. Wenn bis jetzt
Unterhandlungen darüber nicht zum Ziele geführt haben, so lag es wohl an
den gestellten Bedingungen. Daß die Disciplin oder die militairischen Eigen¬
schaften der Marineingenieure und Heizer durch solche Beschäftigung ans
Privatdampfern allzusehr leiden könnten, ist nicht zu befürchten, wenn sie das
erste Jahr im Marinedienst ordentlich einexercirt worden sind. Auch der
„Fachmann" befürwortet, die Maschinisten, während sie in zwei Jahren ihrer
Dienstpflicht genügen, auf jene in beständiger Fahrt befindlichen Bremer
und Hamburger Dampfer zu detachiren, wo sie in ihrem Gewerbe bleiben,
viel lernen, und, wenn Staat und Gesellschaft jede auch nur halb soviel Ge¬
halt als sonst zahlen, doch viel besser stehen, als im Marinedienst. Auf den
Amerikadampfern der Hamburger und Bremer können nach dem „Fachmann"
jährlich 60 Mann der Marinereserve und Seewehr als befahrene Maschinisten
zuwachsen. „Die Maschinisten müssen zwei Jahre unter Dampf gefahren
hoben; wie der Seemann nicht im Hafen Seemannschaft lernt, so wenig der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/226>, abgerufen am 04.07.2024.