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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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Russisch-Amerika (Alaska) auf Schwierigkeiten, welche keine gute Vor¬
bedeutung enthielten für das Geschick, dessen der Antrag auj> den Kauf
Dänisch - Ostindiens sich zu versehen haben würde. Die dänische Regierung
hat nun den Kriegsminister General Raaslöff, der zur Zeit der ersten Er¬
öffnungen Seward's ihr Vertreter in Washington war. dorthin gesandt,
damit er Alles aufbiete, um den Vertrag zur Ausführung zu bringen und sie
aus der peinlichen Lage zu befreien, daß Dänemark noch über Unterthanen
herrscht, welche bereits feierlich erklärt haben, einem anderen Staatswesen
angehören zu wollen. Es ist denkbar, daß Präsident Grant sich als Mann
von scrupulöser Rechtlichkeit durch die Handlungen seines Vorgängers im
Amte oder vielmehr des früheren Staatssecretairs gebunden fühlt, die Sache
nach dem Wortlaut des Vertrages durchzusetzen. Dann aber geschieht es
eben auch nur aus solchen formellen Gründen; und einstweilen ist General
Raaslöff von Newyork wieder in See gegangen, ohne die Ratifikation in
der Tasche zu haben. Bringt er auch keine zuverlässigen Aussichten auf nach¬
trägliche Erfüllung des Vertrags mit, so wird angenommen, daß nicht allein
er, sondern das ganze Cabinet zurücktreten werde. Es entgehen dem Staate
dann die Geldmittel, welche schon im Voraus allgemein zum Bau von
Kriegsschiffen und zur Anlegung eines Schatzes für den sehnlich erwarteten
Rachekricg gegen Deutschland bestimmt worden waren.

Diesen Rachekrieg der nördlichen Germanen gegen die südlichen zeigt in
der Perspective der Zukunft auch eine kleine Schrift über den Krieg von
I8K6, welche Graf Henning Hamilton in Stockholm vor Kurzem hat er¬
scheinen lassen. Er war bis zum letzten schleswigschen Kriege schwedischer
Gesandter in Kopenhagen und nahm seinen Abschied, weil Schweden für
Dänemark nicht das Schwert ziehen wollte. Jetzt steht er an der Spitze der
ständischen Opposition gegen das Ministerium de Geer; wir müssen uns sei¬
nen Namen merken, denn wenn ihm jemals das Portefeuille der auswärti¬
gen Angelegenheiten übertragen werden sollte, so wird das ein Zeichen sein,
daß im Rathe des Königs Karl der Entschluß zu feindlicher Parteinahme
gegen Deutschland die Oberhand gewonnen hat. Die vorliegende Schrift
des Grafen Hamilton zeichnet sich noch vor dem bekannten Aussatz des Polen
Klaczko und ähnlichen Schriften durch leidenschaftliche Parteilichkeit gegen
Preußen aus und endet mit dem charakteristischen Rath für Schweden, daß
es seine Armee nicht der auflösenden Unruhe einer Reform aussetze, dieweil
der preußisch-französische Krieg, an dem es nothwendig theilnehmen müsse,
um Nordschleswig wieder an Dänemark zu bringen, vor der Thür stehe.
"Faedrelandet", das die Schrift sonst unbedingt billigt und lobt, hält diesen
Rath mit Recht für verfrüht und zweischneidig.

Graf Henning Hamilton gehört übrigens nicht zur Partei der eigene-


Russisch-Amerika (Alaska) auf Schwierigkeiten, welche keine gute Vor¬
bedeutung enthielten für das Geschick, dessen der Antrag auj> den Kauf
Dänisch - Ostindiens sich zu versehen haben würde. Die dänische Regierung
hat nun den Kriegsminister General Raaslöff, der zur Zeit der ersten Er¬
öffnungen Seward's ihr Vertreter in Washington war. dorthin gesandt,
damit er Alles aufbiete, um den Vertrag zur Ausführung zu bringen und sie
aus der peinlichen Lage zu befreien, daß Dänemark noch über Unterthanen
herrscht, welche bereits feierlich erklärt haben, einem anderen Staatswesen
angehören zu wollen. Es ist denkbar, daß Präsident Grant sich als Mann
von scrupulöser Rechtlichkeit durch die Handlungen seines Vorgängers im
Amte oder vielmehr des früheren Staatssecretairs gebunden fühlt, die Sache
nach dem Wortlaut des Vertrages durchzusetzen. Dann aber geschieht es
eben auch nur aus solchen formellen Gründen; und einstweilen ist General
Raaslöff von Newyork wieder in See gegangen, ohne die Ratifikation in
der Tasche zu haben. Bringt er auch keine zuverlässigen Aussichten auf nach¬
trägliche Erfüllung des Vertrags mit, so wird angenommen, daß nicht allein
er, sondern das ganze Cabinet zurücktreten werde. Es entgehen dem Staate
dann die Geldmittel, welche schon im Voraus allgemein zum Bau von
Kriegsschiffen und zur Anlegung eines Schatzes für den sehnlich erwarteten
Rachekricg gegen Deutschland bestimmt worden waren.

Diesen Rachekrieg der nördlichen Germanen gegen die südlichen zeigt in
der Perspective der Zukunft auch eine kleine Schrift über den Krieg von
I8K6, welche Graf Henning Hamilton in Stockholm vor Kurzem hat er¬
scheinen lassen. Er war bis zum letzten schleswigschen Kriege schwedischer
Gesandter in Kopenhagen und nahm seinen Abschied, weil Schweden für
Dänemark nicht das Schwert ziehen wollte. Jetzt steht er an der Spitze der
ständischen Opposition gegen das Ministerium de Geer; wir müssen uns sei¬
nen Namen merken, denn wenn ihm jemals das Portefeuille der auswärti¬
gen Angelegenheiten übertragen werden sollte, so wird das ein Zeichen sein,
daß im Rathe des Königs Karl der Entschluß zu feindlicher Parteinahme
gegen Deutschland die Oberhand gewonnen hat. Die vorliegende Schrift
des Grafen Hamilton zeichnet sich noch vor dem bekannten Aussatz des Polen
Klaczko und ähnlichen Schriften durch leidenschaftliche Parteilichkeit gegen
Preußen aus und endet mit dem charakteristischen Rath für Schweden, daß
es seine Armee nicht der auflösenden Unruhe einer Reform aussetze, dieweil
der preußisch-französische Krieg, an dem es nothwendig theilnehmen müsse,
um Nordschleswig wieder an Dänemark zu bringen, vor der Thür stehe.
„Faedrelandet", das die Schrift sonst unbedingt billigt und lobt, hält diesen
Rath mit Recht für verfrüht und zweischneidig.

Graf Henning Hamilton gehört übrigens nicht zur Partei der eigene-


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[0190] Russisch-Amerika (Alaska) auf Schwierigkeiten, welche keine gute Vor¬ bedeutung enthielten für das Geschick, dessen der Antrag auj> den Kauf Dänisch - Ostindiens sich zu versehen haben würde. Die dänische Regierung hat nun den Kriegsminister General Raaslöff, der zur Zeit der ersten Er¬ öffnungen Seward's ihr Vertreter in Washington war. dorthin gesandt, damit er Alles aufbiete, um den Vertrag zur Ausführung zu bringen und sie aus der peinlichen Lage zu befreien, daß Dänemark noch über Unterthanen herrscht, welche bereits feierlich erklärt haben, einem anderen Staatswesen angehören zu wollen. Es ist denkbar, daß Präsident Grant sich als Mann von scrupulöser Rechtlichkeit durch die Handlungen seines Vorgängers im Amte oder vielmehr des früheren Staatssecretairs gebunden fühlt, die Sache nach dem Wortlaut des Vertrages durchzusetzen. Dann aber geschieht es eben auch nur aus solchen formellen Gründen; und einstweilen ist General Raaslöff von Newyork wieder in See gegangen, ohne die Ratifikation in der Tasche zu haben. Bringt er auch keine zuverlässigen Aussichten auf nach¬ trägliche Erfüllung des Vertrags mit, so wird angenommen, daß nicht allein er, sondern das ganze Cabinet zurücktreten werde. Es entgehen dem Staate dann die Geldmittel, welche schon im Voraus allgemein zum Bau von Kriegsschiffen und zur Anlegung eines Schatzes für den sehnlich erwarteten Rachekricg gegen Deutschland bestimmt worden waren. Diesen Rachekrieg der nördlichen Germanen gegen die südlichen zeigt in der Perspective der Zukunft auch eine kleine Schrift über den Krieg von I8K6, welche Graf Henning Hamilton in Stockholm vor Kurzem hat er¬ scheinen lassen. Er war bis zum letzten schleswigschen Kriege schwedischer Gesandter in Kopenhagen und nahm seinen Abschied, weil Schweden für Dänemark nicht das Schwert ziehen wollte. Jetzt steht er an der Spitze der ständischen Opposition gegen das Ministerium de Geer; wir müssen uns sei¬ nen Namen merken, denn wenn ihm jemals das Portefeuille der auswärti¬ gen Angelegenheiten übertragen werden sollte, so wird das ein Zeichen sein, daß im Rathe des Königs Karl der Entschluß zu feindlicher Parteinahme gegen Deutschland die Oberhand gewonnen hat. Die vorliegende Schrift des Grafen Hamilton zeichnet sich noch vor dem bekannten Aussatz des Polen Klaczko und ähnlichen Schriften durch leidenschaftliche Parteilichkeit gegen Preußen aus und endet mit dem charakteristischen Rath für Schweden, daß es seine Armee nicht der auflösenden Unruhe einer Reform aussetze, dieweil der preußisch-französische Krieg, an dem es nothwendig theilnehmen müsse, um Nordschleswig wieder an Dänemark zu bringen, vor der Thür stehe. „Faedrelandet", das die Schrift sonst unbedingt billigt und lobt, hält diesen Rath mit Recht für verfrüht und zweischneidig. Graf Henning Hamilton gehört übrigens nicht zur Partei der eigene-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/190>, abgerufen am 04.07.2024.