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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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wirthschaftlich berechtigt sein soll, muß er Artikel, nach denen bereits Nach¬
frage vorhanden ist, oder geweckt werden kann, und die in der Vereinzelung
schlecht verkäuflich sein würden, in reichem Assortiment zu verständig calculir-
ten Preisen anbieten, muß er entweder ständiger Arbeitgeber, oder der
Verkaufsvermittler einer wohlorgcinisirten Arbeiterinnen-Ge¬
nossenschaft sein. Für den Anfang aber mag er nur zeigen, was Frauen¬
arbeit leisten kann, mag er durch die Vermittelung des Verkaufes von im
Einzelnen schwer verkäuflichen Artikeln die gelegentlichen Abgeberinnen zu
regelmäßigen Lieferantinnen machen; mag er dienen als Mittel zur Kund¬
machung der specifischen Nachfrage und zur Normirung des Angebotes.

Das Arbeits-Nachweisungs-, oder S t ellen vermietet un g s-
bureau -- in der Regel auch eine der ersten Unternehmungen solcher Ver¬
eine, wie wir sie hier im Auge haben -- kann ja augenscheinlich nicht un¬
mittelbar Arbeitsgelegenheit schaffen. Aber es tritt wenigstens zweckmäßig
an die Stelle gewissensloser Commisfionaire, und es vermittelt die Kenntniß
der augenblicklichen Qualität und Stärke der Nachfrage und des Angebotes
in Frauenarbeiten. Verständig verwaltet bringt es die rechte Kraft an den
rechten Platz. Es gewährt einen tiefen Einblick in Verhältnisse, deren Kennt¬
niß für die praktische Wirksamkeit des Vereins unerläßlich ist.

Die Gründung von Frauen-Asylen, theils zur angemessenen Unter¬
bringung zeitweise unverschuldet unbeschäftigter Frauen, theils als Locale für
angemessene gesellige Erholung beschäftigter Arbeiterinnen der verschiedenen
Stände in ihren Mußestunden, werden sich in größeren Städten überall be¬
währen, wenn sie mit Verständniß und Tact eingerichtet sind.

Die Einführung der Frauenarbeit in die Werk statte,.oder
das Atelier stößt, wenn bis dahin dort nur männliche Arbeiter beschäftigt
wurden, auf Schwierigkeiten, die oft unüberwindlich scheinen. Aber unzwei¬
felhaft gelingt auch dies energischer und verständig vermittelnder Vereins¬
thätigkeit leichter, als der Einzelkraft. Der weitaus günstigste Fall ist der.
wenn die Gründung von Productivgenossenschaften zu ermöglichen ist. Aber
das Geschäft muß klein beginnen, wenig Capital und nur denjenigen Grad
von Fertigkeit erfordern, den man auch bei nicht specifisch vorgebildeten
Frauen findet. Denn für die specifische Vorbildung fehlt eben zur Zeit noch
meist die Gelegenheit. Auf diesem Gebiete mag man sich hüten, vor jeder
Anregung zu Unternehmungen, die nicht die Garantie des Gelingens in sich
tragen. Bietet sich aber eine solche günstige Gelegenheit, so kann der Verein
ihre Verwerthung trefflich vermitteln.

Die Einwirkung auf die Staatsverwaltung mit der Absicht,
daß sie in ihrem Bereiche der Frauenarbeit diejenigen Gebiete eröffne, in wel¬
chen die letztere füglich verwandt werden kann, also z. B. Frauen im


wirthschaftlich berechtigt sein soll, muß er Artikel, nach denen bereits Nach¬
frage vorhanden ist, oder geweckt werden kann, und die in der Vereinzelung
schlecht verkäuflich sein würden, in reichem Assortiment zu verständig calculir-
ten Preisen anbieten, muß er entweder ständiger Arbeitgeber, oder der
Verkaufsvermittler einer wohlorgcinisirten Arbeiterinnen-Ge¬
nossenschaft sein. Für den Anfang aber mag er nur zeigen, was Frauen¬
arbeit leisten kann, mag er durch die Vermittelung des Verkaufes von im
Einzelnen schwer verkäuflichen Artikeln die gelegentlichen Abgeberinnen zu
regelmäßigen Lieferantinnen machen; mag er dienen als Mittel zur Kund¬
machung der specifischen Nachfrage und zur Normirung des Angebotes.

Das Arbeits-Nachweisungs-, oder S t ellen vermietet un g s-
bureau — in der Regel auch eine der ersten Unternehmungen solcher Ver¬
eine, wie wir sie hier im Auge haben — kann ja augenscheinlich nicht un¬
mittelbar Arbeitsgelegenheit schaffen. Aber es tritt wenigstens zweckmäßig
an die Stelle gewissensloser Commisfionaire, und es vermittelt die Kenntniß
der augenblicklichen Qualität und Stärke der Nachfrage und des Angebotes
in Frauenarbeiten. Verständig verwaltet bringt es die rechte Kraft an den
rechten Platz. Es gewährt einen tiefen Einblick in Verhältnisse, deren Kennt¬
niß für die praktische Wirksamkeit des Vereins unerläßlich ist.

Die Gründung von Frauen-Asylen, theils zur angemessenen Unter¬
bringung zeitweise unverschuldet unbeschäftigter Frauen, theils als Locale für
angemessene gesellige Erholung beschäftigter Arbeiterinnen der verschiedenen
Stände in ihren Mußestunden, werden sich in größeren Städten überall be¬
währen, wenn sie mit Verständniß und Tact eingerichtet sind.

Die Einführung der Frauenarbeit in die Werk statte,.oder
das Atelier stößt, wenn bis dahin dort nur männliche Arbeiter beschäftigt
wurden, auf Schwierigkeiten, die oft unüberwindlich scheinen. Aber unzwei¬
felhaft gelingt auch dies energischer und verständig vermittelnder Vereins¬
thätigkeit leichter, als der Einzelkraft. Der weitaus günstigste Fall ist der.
wenn die Gründung von Productivgenossenschaften zu ermöglichen ist. Aber
das Geschäft muß klein beginnen, wenig Capital und nur denjenigen Grad
von Fertigkeit erfordern, den man auch bei nicht specifisch vorgebildeten
Frauen findet. Denn für die specifische Vorbildung fehlt eben zur Zeit noch
meist die Gelegenheit. Auf diesem Gebiete mag man sich hüten, vor jeder
Anregung zu Unternehmungen, die nicht die Garantie des Gelingens in sich
tragen. Bietet sich aber eine solche günstige Gelegenheit, so kann der Verein
ihre Verwerthung trefflich vermitteln.

Die Einwirkung auf die Staatsverwaltung mit der Absicht,
daß sie in ihrem Bereiche der Frauenarbeit diejenigen Gebiete eröffne, in wel¬
chen die letztere füglich verwandt werden kann, also z. B. Frauen im


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[0144] wirthschaftlich berechtigt sein soll, muß er Artikel, nach denen bereits Nach¬ frage vorhanden ist, oder geweckt werden kann, und die in der Vereinzelung schlecht verkäuflich sein würden, in reichem Assortiment zu verständig calculir- ten Preisen anbieten, muß er entweder ständiger Arbeitgeber, oder der Verkaufsvermittler einer wohlorgcinisirten Arbeiterinnen-Ge¬ nossenschaft sein. Für den Anfang aber mag er nur zeigen, was Frauen¬ arbeit leisten kann, mag er durch die Vermittelung des Verkaufes von im Einzelnen schwer verkäuflichen Artikeln die gelegentlichen Abgeberinnen zu regelmäßigen Lieferantinnen machen; mag er dienen als Mittel zur Kund¬ machung der specifischen Nachfrage und zur Normirung des Angebotes. Das Arbeits-Nachweisungs-, oder S t ellen vermietet un g s- bureau — in der Regel auch eine der ersten Unternehmungen solcher Ver¬ eine, wie wir sie hier im Auge haben — kann ja augenscheinlich nicht un¬ mittelbar Arbeitsgelegenheit schaffen. Aber es tritt wenigstens zweckmäßig an die Stelle gewissensloser Commisfionaire, und es vermittelt die Kenntniß der augenblicklichen Qualität und Stärke der Nachfrage und des Angebotes in Frauenarbeiten. Verständig verwaltet bringt es die rechte Kraft an den rechten Platz. Es gewährt einen tiefen Einblick in Verhältnisse, deren Kennt¬ niß für die praktische Wirksamkeit des Vereins unerläßlich ist. Die Gründung von Frauen-Asylen, theils zur angemessenen Unter¬ bringung zeitweise unverschuldet unbeschäftigter Frauen, theils als Locale für angemessene gesellige Erholung beschäftigter Arbeiterinnen der verschiedenen Stände in ihren Mußestunden, werden sich in größeren Städten überall be¬ währen, wenn sie mit Verständniß und Tact eingerichtet sind. Die Einführung der Frauenarbeit in die Werk statte,.oder das Atelier stößt, wenn bis dahin dort nur männliche Arbeiter beschäftigt wurden, auf Schwierigkeiten, die oft unüberwindlich scheinen. Aber unzwei¬ felhaft gelingt auch dies energischer und verständig vermittelnder Vereins¬ thätigkeit leichter, als der Einzelkraft. Der weitaus günstigste Fall ist der. wenn die Gründung von Productivgenossenschaften zu ermöglichen ist. Aber das Geschäft muß klein beginnen, wenig Capital und nur denjenigen Grad von Fertigkeit erfordern, den man auch bei nicht specifisch vorgebildeten Frauen findet. Denn für die specifische Vorbildung fehlt eben zur Zeit noch meist die Gelegenheit. Auf diesem Gebiete mag man sich hüten, vor jeder Anregung zu Unternehmungen, die nicht die Garantie des Gelingens in sich tragen. Bietet sich aber eine solche günstige Gelegenheit, so kann der Verein ihre Verwerthung trefflich vermitteln. Die Einwirkung auf die Staatsverwaltung mit der Absicht, daß sie in ihrem Bereiche der Frauenarbeit diejenigen Gebiete eröffne, in wel¬ chen die letztere füglich verwandt werden kann, also z. B. Frauen im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/144>, abgerufen am 24.07.2024.