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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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Bis zur Zeit solcher Theilnahme aber wird ihr und ihrer Umgebung
Widerstand immer stärker und hartnäckiger werden, wenn nicht, was doch
geschehen muß, mit größerer Schnelligkeit, Sicherheit und Wucht durch¬
gesetzt wird.

Der Bund soll nur erhalten, aber völlig und ganz, was die Verfassung
des Jahres 1867 der Nation gewährleistete: einheitliches Bundesheer, in
welchem der Bundesfeldherr auch von dem gesammten Officiercorps als oberster
Kriegsherr betrachtet wird, einheitliche diplomatische Vertretung, so daß die
Gesandten der Bundesfürsten nur als Hausgesandte fungiren, Bundesfinanzen,
wirkliche Freizügigkeit, einheitliche Leitung und Gesetzgebung der allgemeinen
Verkehrsinteressen, mit der durch die Verfassung bereits garantirten aber bis
jetzt unausgeführten Controle und obersten Gesetzgebung für Eisenbahnen,
gleiche Civilgesetzgebung mit höchstem Bundesgerichtshof, und verwaltende
Ministerien des Bundes.

Bis soweit drängen die Bedürfnisse des Volkes zur Einheit, alles Uebrige,
Verwaltung und Landeseultur, Schule und Kirche sollen, das darf auch ein
Liberaler von Herzen wünschen, den einzelnen Territorien und der Landes¬
hoheit bewahrt bleiben. Auf diesen großen Gebieten ist für fmchtbarste
Thätigkeit und Wetteifer so viel Raum, daß wir den Fürsten nur den guten
Willen und die Kraft wünschen, um in Wahrheit nach diesen Richtungen
Regenten ihrer Erbländer zu werden. Bis jetzt hatten sie -- mit wenig
Ausnahmen -- doch nur den leeren Schein der Herrschaft, denn die klein¬
staatliche Beamtenhierarchie regiert ihre Fürsten und Landschaften.

Den kleineren deutschen Landesherren wird leichter sein in dem Bunde
zu dauern. wenn erst der Bund seinen Finanzminister und ein organisirtes
Steuersystem erhalten hat, welches die Härte der gegenwärtigen Contingen-
tirung von ihren Gebieten nimmt. Und bei mehreren von ihnen kann die
Fortdauer der Landeshoheit ihrem Gebiet und dem Bunde zu großem Segen sein.
Sollte aber ein deutsches Territorium je das Unglück haben, sein Fürsten¬
haus zu verlieren, und keine Neigung, sich dem preußischen Staate einzu¬
schließen, so vermag es, wenn unsere, zur Zeit noch großentheils auf dem
Papier stehende Bundesverfassung erst ins Leben getreten ist, allerdings auch
ohne Fürsten zu bestehen. Die Gnadensachen gehen an das Bundesober¬
haupt über, Verfassung und Localgesetzgebung treten unter Garantie des
Bundes. Die Regierung leitet ein von der Volksvertretung des Landes ge¬
wählter Oberpräsident, der die Beamten ernennt, für Aufrechthaltung der
Gesetze dem Lande verantwortlich ist und selbst beim Gerichtshof des Bundes
verklagt werden kann. Es wäre ein -- vielleicht schwer wiegender -- Ver¬
lust für Herz und Gemüth, in der Maschine der Verwaltung keine große Ver¬
änderung.




Bis zur Zeit solcher Theilnahme aber wird ihr und ihrer Umgebung
Widerstand immer stärker und hartnäckiger werden, wenn nicht, was doch
geschehen muß, mit größerer Schnelligkeit, Sicherheit und Wucht durch¬
gesetzt wird.

Der Bund soll nur erhalten, aber völlig und ganz, was die Verfassung
des Jahres 1867 der Nation gewährleistete: einheitliches Bundesheer, in
welchem der Bundesfeldherr auch von dem gesammten Officiercorps als oberster
Kriegsherr betrachtet wird, einheitliche diplomatische Vertretung, so daß die
Gesandten der Bundesfürsten nur als Hausgesandte fungiren, Bundesfinanzen,
wirkliche Freizügigkeit, einheitliche Leitung und Gesetzgebung der allgemeinen
Verkehrsinteressen, mit der durch die Verfassung bereits garantirten aber bis
jetzt unausgeführten Controle und obersten Gesetzgebung für Eisenbahnen,
gleiche Civilgesetzgebung mit höchstem Bundesgerichtshof, und verwaltende
Ministerien des Bundes.

Bis soweit drängen die Bedürfnisse des Volkes zur Einheit, alles Uebrige,
Verwaltung und Landeseultur, Schule und Kirche sollen, das darf auch ein
Liberaler von Herzen wünschen, den einzelnen Territorien und der Landes¬
hoheit bewahrt bleiben. Auf diesen großen Gebieten ist für fmchtbarste
Thätigkeit und Wetteifer so viel Raum, daß wir den Fürsten nur den guten
Willen und die Kraft wünschen, um in Wahrheit nach diesen Richtungen
Regenten ihrer Erbländer zu werden. Bis jetzt hatten sie — mit wenig
Ausnahmen — doch nur den leeren Schein der Herrschaft, denn die klein¬
staatliche Beamtenhierarchie regiert ihre Fürsten und Landschaften.

Den kleineren deutschen Landesherren wird leichter sein in dem Bunde
zu dauern. wenn erst der Bund seinen Finanzminister und ein organisirtes
Steuersystem erhalten hat, welches die Härte der gegenwärtigen Contingen-
tirung von ihren Gebieten nimmt. Und bei mehreren von ihnen kann die
Fortdauer der Landeshoheit ihrem Gebiet und dem Bunde zu großem Segen sein.
Sollte aber ein deutsches Territorium je das Unglück haben, sein Fürsten¬
haus zu verlieren, und keine Neigung, sich dem preußischen Staate einzu¬
schließen, so vermag es, wenn unsere, zur Zeit noch großentheils auf dem
Papier stehende Bundesverfassung erst ins Leben getreten ist, allerdings auch
ohne Fürsten zu bestehen. Die Gnadensachen gehen an das Bundesober¬
haupt über, Verfassung und Localgesetzgebung treten unter Garantie des
Bundes. Die Regierung leitet ein von der Volksvertretung des Landes ge¬
wählter Oberpräsident, der die Beamten ernennt, für Aufrechthaltung der
Gesetze dem Lande verantwortlich ist und selbst beim Gerichtshof des Bundes
verklagt werden kann. Es wäre ein — vielleicht schwer wiegender — Ver¬
lust für Herz und Gemüth, in der Maschine der Verwaltung keine große Ver¬
änderung.




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[0012] Bis zur Zeit solcher Theilnahme aber wird ihr und ihrer Umgebung Widerstand immer stärker und hartnäckiger werden, wenn nicht, was doch geschehen muß, mit größerer Schnelligkeit, Sicherheit und Wucht durch¬ gesetzt wird. Der Bund soll nur erhalten, aber völlig und ganz, was die Verfassung des Jahres 1867 der Nation gewährleistete: einheitliches Bundesheer, in welchem der Bundesfeldherr auch von dem gesammten Officiercorps als oberster Kriegsherr betrachtet wird, einheitliche diplomatische Vertretung, so daß die Gesandten der Bundesfürsten nur als Hausgesandte fungiren, Bundesfinanzen, wirkliche Freizügigkeit, einheitliche Leitung und Gesetzgebung der allgemeinen Verkehrsinteressen, mit der durch die Verfassung bereits garantirten aber bis jetzt unausgeführten Controle und obersten Gesetzgebung für Eisenbahnen, gleiche Civilgesetzgebung mit höchstem Bundesgerichtshof, und verwaltende Ministerien des Bundes. Bis soweit drängen die Bedürfnisse des Volkes zur Einheit, alles Uebrige, Verwaltung und Landeseultur, Schule und Kirche sollen, das darf auch ein Liberaler von Herzen wünschen, den einzelnen Territorien und der Landes¬ hoheit bewahrt bleiben. Auf diesen großen Gebieten ist für fmchtbarste Thätigkeit und Wetteifer so viel Raum, daß wir den Fürsten nur den guten Willen und die Kraft wünschen, um in Wahrheit nach diesen Richtungen Regenten ihrer Erbländer zu werden. Bis jetzt hatten sie — mit wenig Ausnahmen — doch nur den leeren Schein der Herrschaft, denn die klein¬ staatliche Beamtenhierarchie regiert ihre Fürsten und Landschaften. Den kleineren deutschen Landesherren wird leichter sein in dem Bunde zu dauern. wenn erst der Bund seinen Finanzminister und ein organisirtes Steuersystem erhalten hat, welches die Härte der gegenwärtigen Contingen- tirung von ihren Gebieten nimmt. Und bei mehreren von ihnen kann die Fortdauer der Landeshoheit ihrem Gebiet und dem Bunde zu großem Segen sein. Sollte aber ein deutsches Territorium je das Unglück haben, sein Fürsten¬ haus zu verlieren, und keine Neigung, sich dem preußischen Staate einzu¬ schließen, so vermag es, wenn unsere, zur Zeit noch großentheils auf dem Papier stehende Bundesverfassung erst ins Leben getreten ist, allerdings auch ohne Fürsten zu bestehen. Die Gnadensachen gehen an das Bundesober¬ haupt über, Verfassung und Localgesetzgebung treten unter Garantie des Bundes. Die Regierung leitet ein von der Volksvertretung des Landes ge¬ wählter Oberpräsident, der die Beamten ernennt, für Aufrechthaltung der Gesetze dem Lande verantwortlich ist und selbst beim Gerichtshof des Bundes verklagt werden kann. Es wäre ein — vielleicht schwer wiegender — Ver¬ lust für Herz und Gemüth, in der Maschine der Verwaltung keine große Ver¬ änderung.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/12>, abgerufen am 24.07.2024.