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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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Sire wurden, verblieb ihnen wenigstens ein Präsentationsrecht für die zur
Zeit der Mediatisirung vorhanden gewesenen Schullehrerstellen. Dieses Präsen¬
tationsrecht erlosch durch Verzicht und ein darauf gegründetes Gesetz vom
7. August 1848 im Großherzogthum, wurde aber, insoweit es vor dem Jahre
1848 den Fürsten zustand, durch ein während der Reactionsperiode erlassenes
Gesetz vom 18. Juli 18S8 wieder hergestellt. ,

Daß dieses Gesetz wirklich nur die bereits vorhanden gewesenen und
nicht auch nachmals errichtete Schulstellen bei jener Restitution im Auge hatte,
ergibt sich insbesondere unzweideutig aus dem Art. 30 des Gesetzes, welcher
die in den Standesherrlichen Bezirken etwa neu zu errichtenden Schulen ins
Auge faßte und bezüglich dieser bestimmte, daß den Standesherren daran nur
dann ein Präsentationsrecht zustehen solle, wenn sie die Fundation dieser
Stellen übernehmen würden.

So das allgemein im Großherzogthum geltende Recht.

Noch unter der Herrschaft des früheren Rechts, vor dem Jahre 1848
war eine Reorganisation der offenbacher Schulen vorgenommen worden und
gab dies zu einem auch von der Stadt Offenbach gutgeheißenen Ueberein¬
kommen zwischen der Großherzoglichen Regierung und dem Fürsten von
Jsenburg-Birstein vom 4. Januar 1834 Veranlassung, in dessen § 1 be-
stimmt war:

"Nach der von der Staatsbehörde erfolgten Genehmigung und nach einer
der Standesherrschaft geschehenen Mittheilung werden drei Schulen 1) eine
Volksschule. 2) eine Bürgersch nie und 3) eine Realschule bestehen,
deren innere Abtheilung und Bestimmung der genehmigte und mitgetheilte
Lehrplan ergibt. Demzufolge werden mit Einschluß des Directors :c. für
die Realschule drei, für die übrigen Schulen zusammen zehn, im Ganzen
dreizehn ordentliche Lehrer bestellt, wovon, abzüglich des Directors,
zwölf Sr. Durchlaucht der Herr Fürst von Jsenburg zur landesherrlichen
Bestätigung Präsentiren werden.

Insofern eine größere Anzahl von Lehrern in Rücksicht auf Kinder¬
zahl oder Abänderung der inneren Einrichtung nothwendig würde,
werden der Her.r Fürst von Jsenburg, wie auch im Falle der Erledigung
früher besetzter Stellen, die anzustellenden Lehrer ebenfalls präsentiren, jedoch
in Anbetracht, daß bei der Auswahl der Lehrer nicht allgemeine Brauchbar¬
keit eines Candidaten allein, sondern auch besondere Bedürfnisse der Schule
zu berücksichtigen sein möchten, zuvor die Ansichten und Wünsche des Directors
der Schule vernehmen."

Mit dem Gesetz vom 7. August 1848, welches alle Präsentationsrechte
der Standesherren aufhob, fiel auch das hier besprochene Präsentationsrecht
weg und lebte dann im Jahr 1858 wieder auf.


Sire wurden, verblieb ihnen wenigstens ein Präsentationsrecht für die zur
Zeit der Mediatisirung vorhanden gewesenen Schullehrerstellen. Dieses Präsen¬
tationsrecht erlosch durch Verzicht und ein darauf gegründetes Gesetz vom
7. August 1848 im Großherzogthum, wurde aber, insoweit es vor dem Jahre
1848 den Fürsten zustand, durch ein während der Reactionsperiode erlassenes
Gesetz vom 18. Juli 18S8 wieder hergestellt. ,

Daß dieses Gesetz wirklich nur die bereits vorhanden gewesenen und
nicht auch nachmals errichtete Schulstellen bei jener Restitution im Auge hatte,
ergibt sich insbesondere unzweideutig aus dem Art. 30 des Gesetzes, welcher
die in den Standesherrlichen Bezirken etwa neu zu errichtenden Schulen ins
Auge faßte und bezüglich dieser bestimmte, daß den Standesherren daran nur
dann ein Präsentationsrecht zustehen solle, wenn sie die Fundation dieser
Stellen übernehmen würden.

So das allgemein im Großherzogthum geltende Recht.

Noch unter der Herrschaft des früheren Rechts, vor dem Jahre 1848
war eine Reorganisation der offenbacher Schulen vorgenommen worden und
gab dies zu einem auch von der Stadt Offenbach gutgeheißenen Ueberein¬
kommen zwischen der Großherzoglichen Regierung und dem Fürsten von
Jsenburg-Birstein vom 4. Januar 1834 Veranlassung, in dessen § 1 be-
stimmt war:

„Nach der von der Staatsbehörde erfolgten Genehmigung und nach einer
der Standesherrschaft geschehenen Mittheilung werden drei Schulen 1) eine
Volksschule. 2) eine Bürgersch nie und 3) eine Realschule bestehen,
deren innere Abtheilung und Bestimmung der genehmigte und mitgetheilte
Lehrplan ergibt. Demzufolge werden mit Einschluß des Directors :c. für
die Realschule drei, für die übrigen Schulen zusammen zehn, im Ganzen
dreizehn ordentliche Lehrer bestellt, wovon, abzüglich des Directors,
zwölf Sr. Durchlaucht der Herr Fürst von Jsenburg zur landesherrlichen
Bestätigung Präsentiren werden.

Insofern eine größere Anzahl von Lehrern in Rücksicht auf Kinder¬
zahl oder Abänderung der inneren Einrichtung nothwendig würde,
werden der Her.r Fürst von Jsenburg, wie auch im Falle der Erledigung
früher besetzter Stellen, die anzustellenden Lehrer ebenfalls präsentiren, jedoch
in Anbetracht, daß bei der Auswahl der Lehrer nicht allgemeine Brauchbar¬
keit eines Candidaten allein, sondern auch besondere Bedürfnisse der Schule
zu berücksichtigen sein möchten, zuvor die Ansichten und Wünsche des Directors
der Schule vernehmen."

Mit dem Gesetz vom 7. August 1848, welches alle Präsentationsrechte
der Standesherren aufhob, fiel auch das hier besprochene Präsentationsrecht
weg und lebte dann im Jahr 1858 wieder auf.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/459>, abgerufen am 28.09.2024.