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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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Bund zu werben, zu dem sich alle protestantischen Fürsten und Völker zu¬
sammenschließen sollen, um zugleich gegen Habsburg und gegen Spanien in
die Schranken zu treten. Während der niederländische Gesandte Kaspar von
Voßbergen mit Gustavs Bevollmächtigten Salvius verhandelt, trifft die Kunde
von dem Ableben Jacobs I. von England an, dessen zögernde und energielose Hal¬
tung bis dahin eines der vornehmsten Hindernisse für ein gemeinsames Vorgehen
der protestantischen Mächte abgegeben hatte. Dann erfaßt im Frühjahr 1624
Richelieus' kräftige Hand die Zügel der französischen Staatsleitung, und er, "der
gleichgiltig über Kleinigkeiten ist, aber alles Große groß nimmt", tritt sogleich
mit Holland, wenig später mit dem Grafen von Mansfeld in Verbindung.--
Die Bewegung zu Gunsten der Unterstützung der zusammenbrechenden prote¬
stantischen Sache ist fortan in ein neues Stadium getreten. Aber noch
einmal wird Schweden von der gemeinsamen Action, -- und was damit
gleichbedeutend geworden ist, von der Führung derselben ausgeschlossen, die
Frucht der Haager Conferenz (des "Concerts") ist ein dänisch niederländisch-
englisches Bündniß, das den stolzen Schwedenkönig wol zum Zutritt einladet,
ihm aber die Bedingungen vorschreiben will, unter denen er an der gemeinsamen
Action Theil nehmen soll. -- Der Abschnitt, der die secher gehörigen Trans¬
actionen schildert, ist neben dem Schlußcapitel "das Directorium Däne¬
marks" als der wichtigste des ersten Bandes anzusehen. Er gewährt uns
Einblick in die Gesichtspunkte, unter denen Gustav das Verhältniß Schwedens
zu der protestantischen Sache in Deutschland von Hause aus auffaßte, und
'bietet zugleich den Schlüssel zu dem ferneren Verhalten dieses scharfsichtigen
Fürsten in der deutschen Frage. En läßt das dänische "Directorium" sich
auswirthschaften, läßt Niederländer und Engländer die Erfahrung machen,
was es mit der Führung einer Macht zweiten Ranges und einem Führer
noch tieferer Ordnung auf sich hat, und greift erst zum Schwert, als er nicht
nur unbestritten an die Spitze aller noch gegen Habsburg kämpfenden Mächte
treten muß, sondern als die Bedingungen des Kampfs und ver Kampfpreis
nur von ihm allein bestimmt werden können; Dänemark's doppelter Verrath
ist ihm nur Mahnung dazu, den Kampf lieber allein, als an der Seite eines
Combattanten zu unternehmen, der weder gefügig noch zuverlässig ist.

Mit dem unwürdigen Frieden, den das niedergeworfene Dänemark am
3. Juni 1629 auf Unkosten jener Bundesgenossen abschloß, denen der schwach,
liebe Christian nützlicher erschienen war, als der kühne Gustav, schließt der
vorliegende erste Band. Richelieu's Ausruf: "es roi ä"z Sueäs <5kalt un
nouveau solsil Isvant", ist an den Schluß desselben gesetzt, und bildet gleich¬
sam die Ankündigung der vielversprechenden Fortsetzung. -- Dieser sehen
auch wir mit Spannung entgegen. Wir sprechen noch den Wunsch aus. daß
es Herrn Droysen gefallen möge, das Bild des Fürsten, der im Mittelpunkt


Bund zu werben, zu dem sich alle protestantischen Fürsten und Völker zu¬
sammenschließen sollen, um zugleich gegen Habsburg und gegen Spanien in
die Schranken zu treten. Während der niederländische Gesandte Kaspar von
Voßbergen mit Gustavs Bevollmächtigten Salvius verhandelt, trifft die Kunde
von dem Ableben Jacobs I. von England an, dessen zögernde und energielose Hal¬
tung bis dahin eines der vornehmsten Hindernisse für ein gemeinsames Vorgehen
der protestantischen Mächte abgegeben hatte. Dann erfaßt im Frühjahr 1624
Richelieus' kräftige Hand die Zügel der französischen Staatsleitung, und er, „der
gleichgiltig über Kleinigkeiten ist, aber alles Große groß nimmt", tritt sogleich
mit Holland, wenig später mit dem Grafen von Mansfeld in Verbindung.—
Die Bewegung zu Gunsten der Unterstützung der zusammenbrechenden prote¬
stantischen Sache ist fortan in ein neues Stadium getreten. Aber noch
einmal wird Schweden von der gemeinsamen Action, — und was damit
gleichbedeutend geworden ist, von der Führung derselben ausgeschlossen, die
Frucht der Haager Conferenz (des „Concerts") ist ein dänisch niederländisch-
englisches Bündniß, das den stolzen Schwedenkönig wol zum Zutritt einladet,
ihm aber die Bedingungen vorschreiben will, unter denen er an der gemeinsamen
Action Theil nehmen soll. — Der Abschnitt, der die secher gehörigen Trans¬
actionen schildert, ist neben dem Schlußcapitel „das Directorium Däne¬
marks" als der wichtigste des ersten Bandes anzusehen. Er gewährt uns
Einblick in die Gesichtspunkte, unter denen Gustav das Verhältniß Schwedens
zu der protestantischen Sache in Deutschland von Hause aus auffaßte, und
'bietet zugleich den Schlüssel zu dem ferneren Verhalten dieses scharfsichtigen
Fürsten in der deutschen Frage. En läßt das dänische „Directorium" sich
auswirthschaften, läßt Niederländer und Engländer die Erfahrung machen,
was es mit der Führung einer Macht zweiten Ranges und einem Führer
noch tieferer Ordnung auf sich hat, und greift erst zum Schwert, als er nicht
nur unbestritten an die Spitze aller noch gegen Habsburg kämpfenden Mächte
treten muß, sondern als die Bedingungen des Kampfs und ver Kampfpreis
nur von ihm allein bestimmt werden können; Dänemark's doppelter Verrath
ist ihm nur Mahnung dazu, den Kampf lieber allein, als an der Seite eines
Combattanten zu unternehmen, der weder gefügig noch zuverlässig ist.

Mit dem unwürdigen Frieden, den das niedergeworfene Dänemark am
3. Juni 1629 auf Unkosten jener Bundesgenossen abschloß, denen der schwach,
liebe Christian nützlicher erschienen war, als der kühne Gustav, schließt der
vorliegende erste Band. Richelieu's Ausruf: „es roi ä«z Sueäs <5kalt un
nouveau solsil Isvant", ist an den Schluß desselben gesetzt, und bildet gleich¬
sam die Ankündigung der vielversprechenden Fortsetzung. — Dieser sehen
auch wir mit Spannung entgegen. Wir sprechen noch den Wunsch aus. daß
es Herrn Droysen gefallen möge, das Bild des Fürsten, der im Mittelpunkt


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[0409] Bund zu werben, zu dem sich alle protestantischen Fürsten und Völker zu¬ sammenschließen sollen, um zugleich gegen Habsburg und gegen Spanien in die Schranken zu treten. Während der niederländische Gesandte Kaspar von Voßbergen mit Gustavs Bevollmächtigten Salvius verhandelt, trifft die Kunde von dem Ableben Jacobs I. von England an, dessen zögernde und energielose Hal¬ tung bis dahin eines der vornehmsten Hindernisse für ein gemeinsames Vorgehen der protestantischen Mächte abgegeben hatte. Dann erfaßt im Frühjahr 1624 Richelieus' kräftige Hand die Zügel der französischen Staatsleitung, und er, „der gleichgiltig über Kleinigkeiten ist, aber alles Große groß nimmt", tritt sogleich mit Holland, wenig später mit dem Grafen von Mansfeld in Verbindung.— Die Bewegung zu Gunsten der Unterstützung der zusammenbrechenden prote¬ stantischen Sache ist fortan in ein neues Stadium getreten. Aber noch einmal wird Schweden von der gemeinsamen Action, — und was damit gleichbedeutend geworden ist, von der Führung derselben ausgeschlossen, die Frucht der Haager Conferenz (des „Concerts") ist ein dänisch niederländisch- englisches Bündniß, das den stolzen Schwedenkönig wol zum Zutritt einladet, ihm aber die Bedingungen vorschreiben will, unter denen er an der gemeinsamen Action Theil nehmen soll. — Der Abschnitt, der die secher gehörigen Trans¬ actionen schildert, ist neben dem Schlußcapitel „das Directorium Däne¬ marks" als der wichtigste des ersten Bandes anzusehen. Er gewährt uns Einblick in die Gesichtspunkte, unter denen Gustav das Verhältniß Schwedens zu der protestantischen Sache in Deutschland von Hause aus auffaßte, und 'bietet zugleich den Schlüssel zu dem ferneren Verhalten dieses scharfsichtigen Fürsten in der deutschen Frage. En läßt das dänische „Directorium" sich auswirthschaften, läßt Niederländer und Engländer die Erfahrung machen, was es mit der Führung einer Macht zweiten Ranges und einem Führer noch tieferer Ordnung auf sich hat, und greift erst zum Schwert, als er nicht nur unbestritten an die Spitze aller noch gegen Habsburg kämpfenden Mächte treten muß, sondern als die Bedingungen des Kampfs und ver Kampfpreis nur von ihm allein bestimmt werden können; Dänemark's doppelter Verrath ist ihm nur Mahnung dazu, den Kampf lieber allein, als an der Seite eines Combattanten zu unternehmen, der weder gefügig noch zuverlässig ist. Mit dem unwürdigen Frieden, den das niedergeworfene Dänemark am 3. Juni 1629 auf Unkosten jener Bundesgenossen abschloß, denen der schwach, liebe Christian nützlicher erschienen war, als der kühne Gustav, schließt der vorliegende erste Band. Richelieu's Ausruf: „es roi ä«z Sueäs <5kalt un nouveau solsil Isvant", ist an den Schluß desselben gesetzt, und bildet gleich¬ sam die Ankündigung der vielversprechenden Fortsetzung. — Dieser sehen auch wir mit Spannung entgegen. Wir sprechen noch den Wunsch aus. daß es Herrn Droysen gefallen möge, das Bild des Fürsten, der im Mittelpunkt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/409>, abgerufen am 28.09.2024.