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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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will, und daß man überall Handelsleute findet, nirgends aber Handel, ist es bei
strengen Strafen verboten, Waaren oder Effecten zu verkaufen, deren Eigenthümer
man im Augenblick des Umsatzes nicht war. -- Die Strafe war in der That
streng; sie bestand in zweijährigem Zuchthaus, öffentlicher Ausstellung am
Schandpfahl und mit der Inschrift: "Agtoteur" und der Vermögensconfis¬
cation. Ein anderer Beschluß vom 2. Februar 1796 befahl, daß jeder von einem
Börsenagenten oder einem Makler abgeschlossene Kauf laut aufgerufen und
von dem Ausrufer unter Beifügung des Namens und des Wohnortes des
Verkäufers, so wie des Depositärs der Effecten registrirt werden solle, damit
die Polizeibehörde von der Existenz der verkauften Gegenstände sich über¬
zeugen könne. Dieselbe Verordnung erlaubte den Zutritt der Börse nur den
gesetzlich ernannten Börsenagenten und Waarenmäklern, sowie den Bankiers
und Geschäftsleuten, die durch ein Zeugniß ihrer vorgesetzten Behörde be¬
scheinigen konnten, daß sie ein Bankierhaus in Frankreich besäßen oder
Handel trieben.

Die Gesetzgebung unterlag, nachdem die Strenge des Terrorismus aufge¬
hört hatte, indessen schon bald in ihrem Kampfe wider das Börsenspiel, und
des Haders müde, hob sie im Jahr 1802 die Verpflichtung auf Verkäufer
und Käufer zu bezeichnen. Dadurch wurde die Börse allen Bürgern und
ebenso den Fremden geöffnet und zugleich auf die Einhaltung der Bestimmung
verzichtet, nach welcher das Eigenthumsrecht der verkauften oder ausgetauschten
Gegenstände bewiesen werden sollte. Die einzige Bestimmung , daß kein Ge¬
schäft in Effecten außerhalb des dazu bestimmten Locals und der dazu angesetzten
Stunden geschehen dürfe, hat sich von 1724 bis auf unsere Zeit erhalten.
Seit dem ersten Januar 1857 erhebt die Gemeindebehörde von Paris an der
Börse eine Eintrittsabgabe, die einen Franken für jede Person und 50 Cents
täglich im Abonnement beträgt. Das Börsenspiel ist seitdem und nament¬
lich durch den Vorschub, den das zweite Kaiserreich ihm leistete, zu einer
Nationalbeschäftigung der höheren Stände geworden, leider aber nicht auf
diese beschränkt geblieben.




will, und daß man überall Handelsleute findet, nirgends aber Handel, ist es bei
strengen Strafen verboten, Waaren oder Effecten zu verkaufen, deren Eigenthümer
man im Augenblick des Umsatzes nicht war. — Die Strafe war in der That
streng; sie bestand in zweijährigem Zuchthaus, öffentlicher Ausstellung am
Schandpfahl und mit der Inschrift: „Agtoteur" und der Vermögensconfis¬
cation. Ein anderer Beschluß vom 2. Februar 1796 befahl, daß jeder von einem
Börsenagenten oder einem Makler abgeschlossene Kauf laut aufgerufen und
von dem Ausrufer unter Beifügung des Namens und des Wohnortes des
Verkäufers, so wie des Depositärs der Effecten registrirt werden solle, damit
die Polizeibehörde von der Existenz der verkauften Gegenstände sich über¬
zeugen könne. Dieselbe Verordnung erlaubte den Zutritt der Börse nur den
gesetzlich ernannten Börsenagenten und Waarenmäklern, sowie den Bankiers
und Geschäftsleuten, die durch ein Zeugniß ihrer vorgesetzten Behörde be¬
scheinigen konnten, daß sie ein Bankierhaus in Frankreich besäßen oder
Handel trieben.

Die Gesetzgebung unterlag, nachdem die Strenge des Terrorismus aufge¬
hört hatte, indessen schon bald in ihrem Kampfe wider das Börsenspiel, und
des Haders müde, hob sie im Jahr 1802 die Verpflichtung auf Verkäufer
und Käufer zu bezeichnen. Dadurch wurde die Börse allen Bürgern und
ebenso den Fremden geöffnet und zugleich auf die Einhaltung der Bestimmung
verzichtet, nach welcher das Eigenthumsrecht der verkauften oder ausgetauschten
Gegenstände bewiesen werden sollte. Die einzige Bestimmung , daß kein Ge¬
schäft in Effecten außerhalb des dazu bestimmten Locals und der dazu angesetzten
Stunden geschehen dürfe, hat sich von 1724 bis auf unsere Zeit erhalten.
Seit dem ersten Januar 1857 erhebt die Gemeindebehörde von Paris an der
Börse eine Eintrittsabgabe, die einen Franken für jede Person und 50 Cents
täglich im Abonnement beträgt. Das Börsenspiel ist seitdem und nament¬
lich durch den Vorschub, den das zweite Kaiserreich ihm leistete, zu einer
Nationalbeschäftigung der höheren Stände geworden, leider aber nicht auf
diese beschränkt geblieben.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/330>, abgerufen am 28.09.2024.