Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.Beleidigung der demokratischen Majestät zu bestrafen. Man lese und staune: Eine verunglückte Adresse. Nachdem einmal die württembergische Kammer beschlossen hatte, die Beleidigung der demokratischen Majestät zu bestrafen. Man lese und staune: Eine verunglückte Adresse. Nachdem einmal die württembergische Kammer beschlossen hatte, die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0031" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/120220"/> <p xml:id="ID_74" prev="#ID_73"> Beleidigung der demokratischen Majestät zu bestrafen. Man lese und staune:<lb/> „In Erwägung der Ansicht, daß der incriminirte Wahlaufruf eine Schmähung<lb/> großh. Ministeriums enthalte, aber auch durch den ganzen lediglich aus<lb/> Jnvectiven gegen die demokratische Partei und deren Führer (!)<lb/> bestehenden Tenor des untergebenen Wahlaufrufs wesentlich begründet und<lb/> unterstützt wird (sie!), indem der durch den ganzen Aufruf sich ziehende<lb/> Faden in der Unterstellung besteht (ein Faden, der in einer Unterstellung<lb/> besteht!), daß jene Partei, welche die Intoleranz der Kirche vertrete, die De¬<lb/> mokratie zum Deckmantel ihres verabscheuungswürdigen Strebens gemacht:c. :e„<lb/> daß als die Vertreter der Intoleranz der Kirche, mit welcher behaupteter<lb/> Maßen das Ministerium Dalwigk im Einverständnis) zum Schaden von<lb/> Schule und Verwaltung gestanden, nur jene mit den gravsten Epitheta belegte<lb/> angegriffene Partei gemeint sein kann (der Bischof geht hier plötzlich in die<lb/> demokratische Partei über!), i. E. daß diese Ansicht um so mehr begründet<lb/> erscheint, als der incriminirte Passus nicht einen integrirenden Theil einer<lb/> kritischen Beurtheilung, sondern eines animösen und injuriösen politischen<lb/> Parteiflugblattes bildet" — aus diesen Gründen dictirt die lichtvolle Weis¬<lb/> heit dieses Urtheils 1, 2 und 3 Monate Gefängniß! Das nennt man im<lb/> Horte der süddeutschen Freiheit deutsche Sprache, Justiz und Logik. Ueber<lb/> den betrübend burlesken Charakter des Ganzen wird man erst urtheilen<lb/> können, wenn sämmtliche Actenstücke gedruckt in einer Brochüre erscheinen<lb/> werden, die dem Juristentag gewidmet -werden soll. Einstweilen ist die<lb/> Demokratie als eine der unverletzlichen Staatsgewalten in Hessen anerkannt.<lb/> Es fehlt Nichts, als daß noch eine Uniform für sie erfunden werde.</p><lb/> <note type="byline"/><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Eine verunglückte Adresse.</head><lb/> <p xml:id="ID_75" next="#ID_76"> Nachdem einmal die württembergische Kammer beschlossen hatte, die<lb/> Thronrede mit einer Adresse zu beantworten, war es nur in der Ordnung,<lb/> daß man mit allen gebührenden Förmlichkeiten, mit dem ausgedehnten Ap¬<lb/> parat, der in solchen Fällen parlamentarischen Körperschaften zu Gebote<lb/> steht, zu Werke ging. Wahl einer Commission von 15 Mitgliedern, Sub-<lb/> commission von 3 Mitgliedern. Wahl eines Präsidenten und eines Referen¬<lb/> ten. Entwurf des Referenten. Gegenentwürfe der Opponenten, Amende-<lb/> ments und Unteramendements. Sitzungen der Commission und der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0031]
Beleidigung der demokratischen Majestät zu bestrafen. Man lese und staune:
„In Erwägung der Ansicht, daß der incriminirte Wahlaufruf eine Schmähung
großh. Ministeriums enthalte, aber auch durch den ganzen lediglich aus
Jnvectiven gegen die demokratische Partei und deren Führer (!)
bestehenden Tenor des untergebenen Wahlaufrufs wesentlich begründet und
unterstützt wird (sie!), indem der durch den ganzen Aufruf sich ziehende
Faden in der Unterstellung besteht (ein Faden, der in einer Unterstellung
besteht!), daß jene Partei, welche die Intoleranz der Kirche vertrete, die De¬
mokratie zum Deckmantel ihres verabscheuungswürdigen Strebens gemacht:c. :e„
daß als die Vertreter der Intoleranz der Kirche, mit welcher behaupteter
Maßen das Ministerium Dalwigk im Einverständnis) zum Schaden von
Schule und Verwaltung gestanden, nur jene mit den gravsten Epitheta belegte
angegriffene Partei gemeint sein kann (der Bischof geht hier plötzlich in die
demokratische Partei über!), i. E. daß diese Ansicht um so mehr begründet
erscheint, als der incriminirte Passus nicht einen integrirenden Theil einer
kritischen Beurtheilung, sondern eines animösen und injuriösen politischen
Parteiflugblattes bildet" — aus diesen Gründen dictirt die lichtvolle Weis¬
heit dieses Urtheils 1, 2 und 3 Monate Gefängniß! Das nennt man im
Horte der süddeutschen Freiheit deutsche Sprache, Justiz und Logik. Ueber
den betrübend burlesken Charakter des Ganzen wird man erst urtheilen
können, wenn sämmtliche Actenstücke gedruckt in einer Brochüre erscheinen
werden, die dem Juristentag gewidmet -werden soll. Einstweilen ist die
Demokratie als eine der unverletzlichen Staatsgewalten in Hessen anerkannt.
Es fehlt Nichts, als daß noch eine Uniform für sie erfunden werde.
Eine verunglückte Adresse.
Nachdem einmal die württembergische Kammer beschlossen hatte, die
Thronrede mit einer Adresse zu beantworten, war es nur in der Ordnung,
daß man mit allen gebührenden Förmlichkeiten, mit dem ausgedehnten Ap¬
parat, der in solchen Fällen parlamentarischen Körperschaften zu Gebote
steht, zu Werke ging. Wahl einer Commission von 15 Mitgliedern, Sub-
commission von 3 Mitgliedern. Wahl eines Präsidenten und eines Referen¬
ten. Entwurf des Referenten. Gegenentwürfe der Opponenten, Amende-
ments und Unteramendements. Sitzungen der Commission und der
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