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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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Besitzes (der nicht landtäfliche Besitz ist unbedeutend und wird daher hier
übergangen). Das Einkommen aus solchen Gütern ist an sich jedenfalls
bedeutend, hängt aber, was selbstverständlich, nicht blos von der Beschaffen¬
heit des Bodens ab, sondern auch vom Betriebe. Und daß dieser im Ein¬
zelnen Manches zu wünschen übrig läßt, kann nicht in Abrede gestellt werden.
Er leidet aber nicht blos unter den Nachtheilen, welche den Großgrundbesitz
überhaupt drücken und ihn weniger ertragfähig machen, als den kleinen: es
finden sich specielle Ursachen dieses theilweise dem Grund und Boden nicht
entsprechenden Erträgnisses. Die Provisoren sind häufig ihrer großen Aus¬
gabe nicht gewachsen. Die Verwalter (die weltlichen) sehen zu sehr auf ihren
eigenen Vortheil, es fehlt das stramme Regiment, das die Regierung des
Krummstabes überall vermissen läßt, eine Ursache, warum auch bei uns das
Leben unter dem Krummstab gepiesen wird. Manchmal lassen sich Vorsteher
der Stifter auch von zu sonderbaren Grundsätzen bei ihrem Betriebe leiten.
So ist mir z. B. zuverläßlich bekannt, daß der verstorbene Prälat eines
Stiftes von seinen damaligen Unterthanen darauf aufmerksam gemacht wurde,
daß sie beim Brunnengraben -- auf Steinkohlen gestoßen seien. Der Prälat
ließ wohl einen Schacht anlegen, aber die Resultate entsprachen nicht den
Erwartungen. Der Provisor will einmal selbst nachsehen, verunglückte jedoch
hierbei im Schachte, worauf der Prälat den Schacht zuwerfen und den Bau
einstellen läßt. Gott, meint er, habe strafend gezeigt, daß man sich mit den
Schätzen auf der Erde zufrieden stellen und nicht in der Erde wühlen soll.
Jetzt befindet sich an dieser Stelle eines der großartigsten Kohlenbergwerke,
natürlich nicht im Besitze des Stiftes. Indeß so irrationell geht es nicht
überall zu. Manche Stifter sind sogar als wahre Musterwirthschaften zu be¬
zeichnen, welche in ihrem Betriebe einen Vergleich mit den bestorganifirten
aushalten. Was Tepl für Martenbad, das seine Größe sicher nicht blos der
Natur, sondern auch den Bemühungen der tepler Prälaten verdankt, gethan
hat, ist bekannt. Braunau ist mit Recht wegen seiner Forstcultur geschätzt
und sucht auch in der Oekonomie auf der Höhe der Zeit zu stehen. Kloster¬
neuburg, das, im Besitze herrlicher Weinberge, vor Kurzem zur Nutzbar¬
machung seiner großartigen Keller, die es noch aus den Zeiten hat, in welchen
die Weinzehente bei ihm eingelagert wurden, umfangreiche Weinberge bet
Schomlau in Ungarn gekauft hat, hat sich nicht blos Reben vom Rheine
kommen lassen, sondern auch Winzer von da verschrieben, damit dieselben
den Weinbau nach allen Regeln der rheinischen Kunst einführen, welche
bisher in Oestreich so wenig nachgeahmt wurde. Je besser aber die Stifter
verwaltet werden, um so vermögender sind sie natürlich. Geordnete Ver¬
mögensverhältnisse aber haben sie alle, verschuldet ist keines, was sicher nicht
zum geringsten Theil damit zusammenhängt, daß die Stifter ihr Besitzthum


Besitzes (der nicht landtäfliche Besitz ist unbedeutend und wird daher hier
übergangen). Das Einkommen aus solchen Gütern ist an sich jedenfalls
bedeutend, hängt aber, was selbstverständlich, nicht blos von der Beschaffen¬
heit des Bodens ab, sondern auch vom Betriebe. Und daß dieser im Ein¬
zelnen Manches zu wünschen übrig läßt, kann nicht in Abrede gestellt werden.
Er leidet aber nicht blos unter den Nachtheilen, welche den Großgrundbesitz
überhaupt drücken und ihn weniger ertragfähig machen, als den kleinen: es
finden sich specielle Ursachen dieses theilweise dem Grund und Boden nicht
entsprechenden Erträgnisses. Die Provisoren sind häufig ihrer großen Aus¬
gabe nicht gewachsen. Die Verwalter (die weltlichen) sehen zu sehr auf ihren
eigenen Vortheil, es fehlt das stramme Regiment, das die Regierung des
Krummstabes überall vermissen läßt, eine Ursache, warum auch bei uns das
Leben unter dem Krummstab gepiesen wird. Manchmal lassen sich Vorsteher
der Stifter auch von zu sonderbaren Grundsätzen bei ihrem Betriebe leiten.
So ist mir z. B. zuverläßlich bekannt, daß der verstorbene Prälat eines
Stiftes von seinen damaligen Unterthanen darauf aufmerksam gemacht wurde,
daß sie beim Brunnengraben — auf Steinkohlen gestoßen seien. Der Prälat
ließ wohl einen Schacht anlegen, aber die Resultate entsprachen nicht den
Erwartungen. Der Provisor will einmal selbst nachsehen, verunglückte jedoch
hierbei im Schachte, worauf der Prälat den Schacht zuwerfen und den Bau
einstellen läßt. Gott, meint er, habe strafend gezeigt, daß man sich mit den
Schätzen auf der Erde zufrieden stellen und nicht in der Erde wühlen soll.
Jetzt befindet sich an dieser Stelle eines der großartigsten Kohlenbergwerke,
natürlich nicht im Besitze des Stiftes. Indeß so irrationell geht es nicht
überall zu. Manche Stifter sind sogar als wahre Musterwirthschaften zu be¬
zeichnen, welche in ihrem Betriebe einen Vergleich mit den bestorganifirten
aushalten. Was Tepl für Martenbad, das seine Größe sicher nicht blos der
Natur, sondern auch den Bemühungen der tepler Prälaten verdankt, gethan
hat, ist bekannt. Braunau ist mit Recht wegen seiner Forstcultur geschätzt
und sucht auch in der Oekonomie auf der Höhe der Zeit zu stehen. Kloster¬
neuburg, das, im Besitze herrlicher Weinberge, vor Kurzem zur Nutzbar¬
machung seiner großartigen Keller, die es noch aus den Zeiten hat, in welchen
die Weinzehente bei ihm eingelagert wurden, umfangreiche Weinberge bet
Schomlau in Ungarn gekauft hat, hat sich nicht blos Reben vom Rheine
kommen lassen, sondern auch Winzer von da verschrieben, damit dieselben
den Weinbau nach allen Regeln der rheinischen Kunst einführen, welche
bisher in Oestreich so wenig nachgeahmt wurde. Je besser aber die Stifter
verwaltet werden, um so vermögender sind sie natürlich. Geordnete Ver¬
mögensverhältnisse aber haben sie alle, verschuldet ist keines, was sicher nicht
zum geringsten Theil damit zusammenhängt, daß die Stifter ihr Besitzthum


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/198>, abgerufen am 28.09.2024.