Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.Müdigkeit, wenn es gälte, einen Freund zu begrüßen. Nach der Audienz Früh am nächsten Morgen stattete Kassai dem englischen Lager einen Kassai, Herrscher von Tigre, ist ein junger Mann von etwa 28 Jahren, Müdigkeit, wenn es gälte, einen Freund zu begrüßen. Nach der Audienz Früh am nächsten Morgen stattete Kassai dem englischen Lager einen Kassai, Herrscher von Tigre, ist ein junger Mann von etwa 28 Jahren, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0073" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117605"/> <p xml:id="ID_242" prev="#ID_241"> Müdigkeit, wenn es gälte, einen Freund zu begrüßen. Nach der Audienz<lb/> im Zelte des Generals, bei welcher dem Fürsten Kassai kostbare Geschenke<lb/> überreicht wurden, fand eine Revue der britischen Truppen statt. Die Truppen¬<lb/> bewegungen, die verschiedenen Evolutionen, vor allem aber das Abfeuern der<lb/> Armstrong-Kanonen setzte die Abyssinier in das höchste Erstaunen, und schien<lb/> ihnen einen heilsamen Respect vor europäischer Kriegskunst einzuflößen.<lb/> Kassai stieg von seinem Maulesel ab, besichtigte in der aufmerksamsten Weise<lb/> die Gewehre und Geschütze, unterwarf die Kugeln und Bomben der Arm¬<lb/> strong-Kanonen der genauesten Inspection und sprach über alles seine höchste<lb/> Verwunderung und Anerkennung aus. Seine Begleiter äußerten, die Eng¬<lb/> länder müßten gute Christen sein, sonst würde ihnen der Himmel nicht so<lb/> viele Intelligenz verliehen haben, um solche wunderbare Waffen construiren<lb/> zu können. Nach Beendigung der Revue gaben Sir Robert Napier und<lb/> sein Generalstab dem Fürsten das Geleite bis zu dem kleinen Bache am<lb/> Fuße des Hügels. Hier aber richtete Kassai die dringende Einladung an<lb/> Napier und seine Offiziere, ihm bis in das Lager der abyssinischen Armee<lb/> zu folgen. Der Bach wurde überschritten, und bald war das Zelt Kassais<lb/> erreicht. Kassai und die englischen Offiziere traten in dasselbe ein. Ersterer<lb/> ließ sich aus einem in der Mitte des Zeltes befindlichen seidenen Kissen<lb/> nieder, und lud Napier ein, an seiner Seite Platz zu nehmen. Diesem Bei¬<lb/> spiele folgten die englischen und die anwesenden höheren abyssinischen Offiziere.<lb/> Die Scene war höchst malerisch. Die Nachmittagssonne schien lebhaft durch<lb/> das rothe Zelt und verlieh den carmoisinrothen Gewändern und seidenen<lb/> Hemden der Abyssinier, und den geschmackvollen Uniformen der Engländer<lb/> einen wunderbaren Schein. Junge abyssinische Mädchen brachten in Körben<lb/> Brod, Früchte und Erfrischungen mancherlei Art in die Zelte und nöthigten<lb/> die Gäste zum Zugreifen. Erst spät am Abend kehrte Sir Robert Napier<lb/> mit seinem Generalstabe in das englische Lager zurück.</p><lb/> <p xml:id="ID_243"> Früh am nächsten Morgen stattete Kassai dem englischen Lager einen<lb/> Abschiedsbesuch ab und hatte eine zweite Privatunterredung mit Sir Robert<lb/> Napier, deren Resultat als äußerst befriedigend bezeichnet wird. Kassai soll<lb/> versprochen haben, die englischen Convois zu schützen, Getreide nach den<lb/> Märkten zu liefern, welche auf den englischen Feldstationen abgehalten werden,<lb/> und alle diejenigen streng zu bestrafen, welche die Telegraphenlinien in seinen<lb/> Besitzungen beschädigen sollten.</p><lb/> <p xml:id="ID_244" next="#ID_245"> Kassai, Herrscher von Tigre, ist ein junger Mann von etwa 28 Jahren,<lb/> sieht aber 4 oder S Jahre jünger aus. Er ist schlank gebaut, und von regel¬<lb/> mäßigen und gefälligen Gesichtszügen. Eine seiner hervorragendsten persön¬<lb/> lichen Eigenschaften soll Unentschlossenheit sein. Er befindet sich erst sehr<lb/> kurze Zeit an der Spitze der Negierung, so daß man noch nicht recht weiß,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0073]
Müdigkeit, wenn es gälte, einen Freund zu begrüßen. Nach der Audienz
im Zelte des Generals, bei welcher dem Fürsten Kassai kostbare Geschenke
überreicht wurden, fand eine Revue der britischen Truppen statt. Die Truppen¬
bewegungen, die verschiedenen Evolutionen, vor allem aber das Abfeuern der
Armstrong-Kanonen setzte die Abyssinier in das höchste Erstaunen, und schien
ihnen einen heilsamen Respect vor europäischer Kriegskunst einzuflößen.
Kassai stieg von seinem Maulesel ab, besichtigte in der aufmerksamsten Weise
die Gewehre und Geschütze, unterwarf die Kugeln und Bomben der Arm¬
strong-Kanonen der genauesten Inspection und sprach über alles seine höchste
Verwunderung und Anerkennung aus. Seine Begleiter äußerten, die Eng¬
länder müßten gute Christen sein, sonst würde ihnen der Himmel nicht so
viele Intelligenz verliehen haben, um solche wunderbare Waffen construiren
zu können. Nach Beendigung der Revue gaben Sir Robert Napier und
sein Generalstab dem Fürsten das Geleite bis zu dem kleinen Bache am
Fuße des Hügels. Hier aber richtete Kassai die dringende Einladung an
Napier und seine Offiziere, ihm bis in das Lager der abyssinischen Armee
zu folgen. Der Bach wurde überschritten, und bald war das Zelt Kassais
erreicht. Kassai und die englischen Offiziere traten in dasselbe ein. Ersterer
ließ sich aus einem in der Mitte des Zeltes befindlichen seidenen Kissen
nieder, und lud Napier ein, an seiner Seite Platz zu nehmen. Diesem Bei¬
spiele folgten die englischen und die anwesenden höheren abyssinischen Offiziere.
Die Scene war höchst malerisch. Die Nachmittagssonne schien lebhaft durch
das rothe Zelt und verlieh den carmoisinrothen Gewändern und seidenen
Hemden der Abyssinier, und den geschmackvollen Uniformen der Engländer
einen wunderbaren Schein. Junge abyssinische Mädchen brachten in Körben
Brod, Früchte und Erfrischungen mancherlei Art in die Zelte und nöthigten
die Gäste zum Zugreifen. Erst spät am Abend kehrte Sir Robert Napier
mit seinem Generalstabe in das englische Lager zurück.
Früh am nächsten Morgen stattete Kassai dem englischen Lager einen
Abschiedsbesuch ab und hatte eine zweite Privatunterredung mit Sir Robert
Napier, deren Resultat als äußerst befriedigend bezeichnet wird. Kassai soll
versprochen haben, die englischen Convois zu schützen, Getreide nach den
Märkten zu liefern, welche auf den englischen Feldstationen abgehalten werden,
und alle diejenigen streng zu bestrafen, welche die Telegraphenlinien in seinen
Besitzungen beschädigen sollten.
Kassai, Herrscher von Tigre, ist ein junger Mann von etwa 28 Jahren,
sieht aber 4 oder S Jahre jünger aus. Er ist schlank gebaut, und von regel¬
mäßigen und gefälligen Gesichtszügen. Eine seiner hervorragendsten persön¬
lichen Eigenschaften soll Unentschlossenheit sein. Er befindet sich erst sehr
kurze Zeit an der Spitze der Negierung, so daß man noch nicht recht weiß,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |