Leute aus dieser Classe kleiner Fabrikanten ohne weiteres unter die Zahl der gemeinen Banausen zu versetzen.
So war der bekannte Demagoge Hyperbolus Lampenmacher, Kephalus Töpfer, Anytus Schuhmacher, Diitrophes Flaschenmacher. Nichtsdestoweni¬ ger wird ihnen immer in den Augen des Atheners etwas vom Schmutz der Arbeit angeklebt haben. Ganz anders war dies aber mit den großen und reichen Fabrikherren. Diese traf, der Vorwurf der Banausie nicht im geringsten und wir sehen selbst die vornehmsten Athener in solcher Stellung. Sie legten nämlich weder selbst Hand an, noch leiteten sie das Geschäft, sondern gaben nur ihr Capital dazu her, um durch geeignete Werkzeuge irgend ein Gewerbe für ihre Rechnung betreiben zu lassen. Wenn wir solche Kapitalisten dennoch von Komikern und Rednern nach dem von ihren Sclaven betriebenen Geschäft bezeichnet finden, so haben wir dies eben nur als Hohn und Spott anzusehn. So hieß Kleon der Gerber, weil seine Sclaven, wie schon bei Lebzeiten seines Vaters, die Gerberei betrieben, Kleo- phon der Instrumentenmacher, Demosthenes, der Vater des Redners, der Messerschmidt u. a. in. Die verschiedensten Gewerbe wurden in solchen Fa¬ briken betrieben. So hatte Sophilus, der Vater des Sophokles, eine Schwer¬ terfabrik, Theodorus, der Vater des Jsokrates, eine Flöten-, der Redner Ly- sias und sein Bruder Polemarchos, die beide Halbbürger waren, eine Schildfabrik, Euphemus eine Schmiede. Der aus dem Redner Aeschines be¬ kannte Wüstling Timarch hatte 11--12 Schuhmacher, die ihm täglich jeder 2 gute Groschen einbrachten, während er vom Werkführer 3 gute Groschen bezog. Der Vater des Demosthenes hatte außer der Messer- auch eine Sänf¬ tenfabrik. In ersterer beschäftigte er 32--33, in letzterer 20 Arbeiter. Für die Arbeit brauchten die 'gewöhnlichen Sclaven nicht eigentlich angelernt zu werden, da die Theilung der Arbeit in größeren Städten und bei größe¬ rer Dimension des Gewerbes bis ins Kleinste durchgeführt war. Mit der Unterweisung zu Handwerkern bestimmter Sclaven scheinen sich eigene Lehrmeister beschäftigt zu haben. So wird von einem Syrakuses berichtet, daß er Sclaven alle für das Haus erforderliche Geschicklichkeiten beige¬ bracht habe.
Diese Fabriken waren es besonders, welche der athenischen Industrie Glanz verliehen und der Stadt den Ruf einbrachten, als sei sie die Erfinderin nicht nur der schönen Künste, sondern auch der zum Leben nothwendigen Ge¬ werbe. Nicht ohne Grund war die Schutzgöttin der Stadt auch eine Schützerin gewerblicher Arbeit, sie selbst hatte ja nach Dichteranschauung in Gemeinschaft mit Hephästus den Menschen die Künste gelehrt. Namentlich waren es ein¬ zelne Gewerbszweige, deren Ruf weit über die Grenzen Attikas hinausging. So vor allem die Töpferei und das Erzschmieden und man schätzte nicht nur
Leute aus dieser Classe kleiner Fabrikanten ohne weiteres unter die Zahl der gemeinen Banausen zu versetzen.
So war der bekannte Demagoge Hyperbolus Lampenmacher, Kephalus Töpfer, Anytus Schuhmacher, Diitrophes Flaschenmacher. Nichtsdestoweni¬ ger wird ihnen immer in den Augen des Atheners etwas vom Schmutz der Arbeit angeklebt haben. Ganz anders war dies aber mit den großen und reichen Fabrikherren. Diese traf, der Vorwurf der Banausie nicht im geringsten und wir sehen selbst die vornehmsten Athener in solcher Stellung. Sie legten nämlich weder selbst Hand an, noch leiteten sie das Geschäft, sondern gaben nur ihr Capital dazu her, um durch geeignete Werkzeuge irgend ein Gewerbe für ihre Rechnung betreiben zu lassen. Wenn wir solche Kapitalisten dennoch von Komikern und Rednern nach dem von ihren Sclaven betriebenen Geschäft bezeichnet finden, so haben wir dies eben nur als Hohn und Spott anzusehn. So hieß Kleon der Gerber, weil seine Sclaven, wie schon bei Lebzeiten seines Vaters, die Gerberei betrieben, Kleo- phon der Instrumentenmacher, Demosthenes, der Vater des Redners, der Messerschmidt u. a. in. Die verschiedensten Gewerbe wurden in solchen Fa¬ briken betrieben. So hatte Sophilus, der Vater des Sophokles, eine Schwer¬ terfabrik, Theodorus, der Vater des Jsokrates, eine Flöten-, der Redner Ly- sias und sein Bruder Polemarchos, die beide Halbbürger waren, eine Schildfabrik, Euphemus eine Schmiede. Der aus dem Redner Aeschines be¬ kannte Wüstling Timarch hatte 11—12 Schuhmacher, die ihm täglich jeder 2 gute Groschen einbrachten, während er vom Werkführer 3 gute Groschen bezog. Der Vater des Demosthenes hatte außer der Messer- auch eine Sänf¬ tenfabrik. In ersterer beschäftigte er 32—33, in letzterer 20 Arbeiter. Für die Arbeit brauchten die 'gewöhnlichen Sclaven nicht eigentlich angelernt zu werden, da die Theilung der Arbeit in größeren Städten und bei größe¬ rer Dimension des Gewerbes bis ins Kleinste durchgeführt war. Mit der Unterweisung zu Handwerkern bestimmter Sclaven scheinen sich eigene Lehrmeister beschäftigt zu haben. So wird von einem Syrakuses berichtet, daß er Sclaven alle für das Haus erforderliche Geschicklichkeiten beige¬ bracht habe.
Diese Fabriken waren es besonders, welche der athenischen Industrie Glanz verliehen und der Stadt den Ruf einbrachten, als sei sie die Erfinderin nicht nur der schönen Künste, sondern auch der zum Leben nothwendigen Ge¬ werbe. Nicht ohne Grund war die Schutzgöttin der Stadt auch eine Schützerin gewerblicher Arbeit, sie selbst hatte ja nach Dichteranschauung in Gemeinschaft mit Hephästus den Menschen die Künste gelehrt. Namentlich waren es ein¬ zelne Gewerbszweige, deren Ruf weit über die Grenzen Attikas hinausging. So vor allem die Töpferei und das Erzschmieden und man schätzte nicht nur
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[0386]
Leute aus dieser Classe kleiner Fabrikanten ohne weiteres unter die Zahl der
gemeinen Banausen zu versetzen.
So war der bekannte Demagoge Hyperbolus Lampenmacher, Kephalus
Töpfer, Anytus Schuhmacher, Diitrophes Flaschenmacher. Nichtsdestoweni¬
ger wird ihnen immer in den Augen des Atheners etwas vom Schmutz der
Arbeit angeklebt haben. Ganz anders war dies aber mit den großen und
reichen Fabrikherren. Diese traf, der Vorwurf der Banausie nicht im
geringsten und wir sehen selbst die vornehmsten Athener in solcher Stellung.
Sie legten nämlich weder selbst Hand an, noch leiteten sie das Geschäft,
sondern gaben nur ihr Capital dazu her, um durch geeignete Werkzeuge
irgend ein Gewerbe für ihre Rechnung betreiben zu lassen. Wenn wir
solche Kapitalisten dennoch von Komikern und Rednern nach dem von
ihren Sclaven betriebenen Geschäft bezeichnet finden, so haben wir dies eben
nur als Hohn und Spott anzusehn. So hieß Kleon der Gerber, weil seine
Sclaven, wie schon bei Lebzeiten seines Vaters, die Gerberei betrieben, Kleo-
phon der Instrumentenmacher, Demosthenes, der Vater des Redners, der
Messerschmidt u. a. in. Die verschiedensten Gewerbe wurden in solchen Fa¬
briken betrieben. So hatte Sophilus, der Vater des Sophokles, eine Schwer¬
terfabrik, Theodorus, der Vater des Jsokrates, eine Flöten-, der Redner Ly-
sias und sein Bruder Polemarchos, die beide Halbbürger waren, eine
Schildfabrik, Euphemus eine Schmiede. Der aus dem Redner Aeschines be¬
kannte Wüstling Timarch hatte 11—12 Schuhmacher, die ihm täglich jeder
2 gute Groschen einbrachten, während er vom Werkführer 3 gute Groschen
bezog. Der Vater des Demosthenes hatte außer der Messer- auch eine Sänf¬
tenfabrik. In ersterer beschäftigte er 32—33, in letzterer 20 Arbeiter. Für
die Arbeit brauchten die 'gewöhnlichen Sclaven nicht eigentlich angelernt zu
werden, da die Theilung der Arbeit in größeren Städten und bei größe¬
rer Dimension des Gewerbes bis ins Kleinste durchgeführt war. Mit
der Unterweisung zu Handwerkern bestimmter Sclaven scheinen sich eigene
Lehrmeister beschäftigt zu haben. So wird von einem Syrakuses berichtet,
daß er Sclaven alle für das Haus erforderliche Geschicklichkeiten beige¬
bracht habe.
Diese Fabriken waren es besonders, welche der athenischen Industrie
Glanz verliehen und der Stadt den Ruf einbrachten, als sei sie die Erfinderin
nicht nur der schönen Künste, sondern auch der zum Leben nothwendigen Ge¬
werbe. Nicht ohne Grund war die Schutzgöttin der Stadt auch eine Schützerin
gewerblicher Arbeit, sie selbst hatte ja nach Dichteranschauung in Gemeinschaft
mit Hephästus den Menschen die Künste gelehrt. Namentlich waren es ein¬
zelne Gewerbszweige, deren Ruf weit über die Grenzen Attikas hinausging.
So vor allem die Töpferei und das Erzschmieden und man schätzte nicht nur
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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/386>, abgerufen am 30.01.2025.
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