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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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wig-holsteinischen Föhrden besonders Wismar und das Tromper Wiek auf
Rügen hervorzuheben. Mit der Zeit wird es wünschenswerth werden, meh.
rere dieser Punkte an verschiedenen, namentlich an den entlegensten Stellen
der Küste, nicht blos zu Marinestationen oder Marinedepots, sondern zu
vollständigen Kriegshafen zu gestalten, vorläufig aber, im Anfang der Ent¬
wickelung unserer Marine, wo möglichste Concentration aller Kräfte noth
thut, wäre es an und für sich das günstigste, wenn man einen einzigen
Punkt, möglichst in der Mitte der ganzen Küstenlinie gelegen, zum Kriegs¬
hafen machen und ausbauen könnte.

Leider ist zufolge der geographischen Gestaltung unserer Küstenländer eine
derartige Concentration unserer Kriegshafeneinrichtungen unmöglich. So
lange der Nordostseecanal nicht vollendet ist, wird durch die Cimbrische Halb¬
insel die deutsche Küstenfront in zwei ungleiche Theile zerschnitten, die für
die Marine als zwei vollständig getrennte Kriegstheater zu betrachten sind.
Es wird also nothwendig sein, auch bei äußerster Concentration unserer
Mittel wenigstens zwei Kriegshafen anzulegen, den einen in der Ostsee, den
anderen in der Nordsee, und nach dieser Richtung geht denn auch zweck¬
mäßig die ausgesprochene Absicht der preußischen Regierung, welche zu diesem
Ende bekanntlich die Jahde und Kiel ins Auge gefaßt hat. Der Bau
dieser beiden Häfen muß aber so schnell als irgend möglich zum Abschluß
gebracht werden. Sie sind unentbehrlich für die rasche Ausrüstung aller
unserer Kriegsschiffe; sie bilden den Ausgangs- und Angelpunkt aller
Operationen; von ihnen kommen der in See kreuzenden Flotte alle Ver¬
stärkungen, von ihnen aus sind die Vorräthe an Munition, an Proviant
und vor allem an Kohlen zu ergänzen; nur sie sind die Punkte, nach
welchen die Flotte sich in völlige Sicherheit zurückziehen kann; nur in
ihnen können die im Gefecht oder im Sturm beschädigten Schiffe schleunige
und vollständige Ausbesserungen vornehmen. Und die schleunige Herstellung
dieser beiden Häfen ist ein um so dringenderes Bedürfniß, als in den
bisher bestehenden kleineren Etablissements, nur die kleineren Fahrzeuge
schnell zu repariren sind: schon die gedeckten Corvetten können in die¬
selben nur nach Abgabe ihrer Geschütze auf der Rhede, theilweise sogar
nur nach Ausnahme der Maschinen und der Kessel einer Bodenrepara¬
tur unterzogen werden, während unsere Panzerfregatten überhaupt nicht
auf Werften unseres Machtbereichs, sondern nur im Auslande repariren
können, was natürlich schon im Frieden sehr kostspielig und von dem guten
Willen fremder Mächte abhängig, im Kriege aber völlig unausführbar ist,
wie das namentlich der letzte dänische Krieg gezeigt hat.

Bei der Anlage des Ostseekriegshafens könnte man trotz der günstigen
localen Verhältnisse Kiels gegen die Wahl dieses Punktes geltend machen


wig-holsteinischen Föhrden besonders Wismar und das Tromper Wiek auf
Rügen hervorzuheben. Mit der Zeit wird es wünschenswerth werden, meh.
rere dieser Punkte an verschiedenen, namentlich an den entlegensten Stellen
der Küste, nicht blos zu Marinestationen oder Marinedepots, sondern zu
vollständigen Kriegshafen zu gestalten, vorläufig aber, im Anfang der Ent¬
wickelung unserer Marine, wo möglichste Concentration aller Kräfte noth
thut, wäre es an und für sich das günstigste, wenn man einen einzigen
Punkt, möglichst in der Mitte der ganzen Küstenlinie gelegen, zum Kriegs¬
hafen machen und ausbauen könnte.

Leider ist zufolge der geographischen Gestaltung unserer Küstenländer eine
derartige Concentration unserer Kriegshafeneinrichtungen unmöglich. So
lange der Nordostseecanal nicht vollendet ist, wird durch die Cimbrische Halb¬
insel die deutsche Küstenfront in zwei ungleiche Theile zerschnitten, die für
die Marine als zwei vollständig getrennte Kriegstheater zu betrachten sind.
Es wird also nothwendig sein, auch bei äußerster Concentration unserer
Mittel wenigstens zwei Kriegshafen anzulegen, den einen in der Ostsee, den
anderen in der Nordsee, und nach dieser Richtung geht denn auch zweck¬
mäßig die ausgesprochene Absicht der preußischen Regierung, welche zu diesem
Ende bekanntlich die Jahde und Kiel ins Auge gefaßt hat. Der Bau
dieser beiden Häfen muß aber so schnell als irgend möglich zum Abschluß
gebracht werden. Sie sind unentbehrlich für die rasche Ausrüstung aller
unserer Kriegsschiffe; sie bilden den Ausgangs- und Angelpunkt aller
Operationen; von ihnen kommen der in See kreuzenden Flotte alle Ver¬
stärkungen, von ihnen aus sind die Vorräthe an Munition, an Proviant
und vor allem an Kohlen zu ergänzen; nur sie sind die Punkte, nach
welchen die Flotte sich in völlige Sicherheit zurückziehen kann; nur in
ihnen können die im Gefecht oder im Sturm beschädigten Schiffe schleunige
und vollständige Ausbesserungen vornehmen. Und die schleunige Herstellung
dieser beiden Häfen ist ein um so dringenderes Bedürfniß, als in den
bisher bestehenden kleineren Etablissements, nur die kleineren Fahrzeuge
schnell zu repariren sind: schon die gedeckten Corvetten können in die¬
selben nur nach Abgabe ihrer Geschütze auf der Rhede, theilweise sogar
nur nach Ausnahme der Maschinen und der Kessel einer Bodenrepara¬
tur unterzogen werden, während unsere Panzerfregatten überhaupt nicht
auf Werften unseres Machtbereichs, sondern nur im Auslande repariren
können, was natürlich schon im Frieden sehr kostspielig und von dem guten
Willen fremder Mächte abhängig, im Kriege aber völlig unausführbar ist,
wie das namentlich der letzte dänische Krieg gezeigt hat.

Bei der Anlage des Ostseekriegshafens könnte man trotz der günstigen
localen Verhältnisse Kiels gegen die Wahl dieses Punktes geltend machen


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[0326] wig-holsteinischen Föhrden besonders Wismar und das Tromper Wiek auf Rügen hervorzuheben. Mit der Zeit wird es wünschenswerth werden, meh. rere dieser Punkte an verschiedenen, namentlich an den entlegensten Stellen der Küste, nicht blos zu Marinestationen oder Marinedepots, sondern zu vollständigen Kriegshafen zu gestalten, vorläufig aber, im Anfang der Ent¬ wickelung unserer Marine, wo möglichste Concentration aller Kräfte noth thut, wäre es an und für sich das günstigste, wenn man einen einzigen Punkt, möglichst in der Mitte der ganzen Küstenlinie gelegen, zum Kriegs¬ hafen machen und ausbauen könnte. Leider ist zufolge der geographischen Gestaltung unserer Küstenländer eine derartige Concentration unserer Kriegshafeneinrichtungen unmöglich. So lange der Nordostseecanal nicht vollendet ist, wird durch die Cimbrische Halb¬ insel die deutsche Küstenfront in zwei ungleiche Theile zerschnitten, die für die Marine als zwei vollständig getrennte Kriegstheater zu betrachten sind. Es wird also nothwendig sein, auch bei äußerster Concentration unserer Mittel wenigstens zwei Kriegshafen anzulegen, den einen in der Ostsee, den anderen in der Nordsee, und nach dieser Richtung geht denn auch zweck¬ mäßig die ausgesprochene Absicht der preußischen Regierung, welche zu diesem Ende bekanntlich die Jahde und Kiel ins Auge gefaßt hat. Der Bau dieser beiden Häfen muß aber so schnell als irgend möglich zum Abschluß gebracht werden. Sie sind unentbehrlich für die rasche Ausrüstung aller unserer Kriegsschiffe; sie bilden den Ausgangs- und Angelpunkt aller Operationen; von ihnen kommen der in See kreuzenden Flotte alle Ver¬ stärkungen, von ihnen aus sind die Vorräthe an Munition, an Proviant und vor allem an Kohlen zu ergänzen; nur sie sind die Punkte, nach welchen die Flotte sich in völlige Sicherheit zurückziehen kann; nur in ihnen können die im Gefecht oder im Sturm beschädigten Schiffe schleunige und vollständige Ausbesserungen vornehmen. Und die schleunige Herstellung dieser beiden Häfen ist ein um so dringenderes Bedürfniß, als in den bisher bestehenden kleineren Etablissements, nur die kleineren Fahrzeuge schnell zu repariren sind: schon die gedeckten Corvetten können in die¬ selben nur nach Abgabe ihrer Geschütze auf der Rhede, theilweise sogar nur nach Ausnahme der Maschinen und der Kessel einer Bodenrepara¬ tur unterzogen werden, während unsere Panzerfregatten überhaupt nicht auf Werften unseres Machtbereichs, sondern nur im Auslande repariren können, was natürlich schon im Frieden sehr kostspielig und von dem guten Willen fremder Mächte abhängig, im Kriege aber völlig unausführbar ist, wie das namentlich der letzte dänische Krieg gezeigt hat. Bei der Anlage des Ostseekriegshafens könnte man trotz der günstigen localen Verhältnisse Kiels gegen die Wahl dieses Punktes geltend machen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/326>, abgerufen am 15.01.2025.