Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.gewissermaßen soviel wäre, als wenn man den Kosaken, vor denen Herr "Unausführbar" auch deswegen, weil die Türken, ein wesentlich Es würde also erstens doch nicht so leicht sein, diese 20 Millionen D. Res. ") So der Türke. Verzeihung für ihn!
gewissermaßen soviel wäre, als wenn man den Kosaken, vor denen Herr „Unausführbar" auch deswegen, weil die Türken, ein wesentlich Es würde also erstens doch nicht so leicht sein, diese 20 Millionen D. Res. ") So der Türke. Verzeihung für ihn!
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0304" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117836"/> <p xml:id="ID_978" prev="#ID_977"> gewissermaßen soviel wäre, als wenn man den Kosaken, vor denen Herr<lb/> Langle Europa doch so herzlich gern retten möchte, besonders eine Eisenbahn<lb/> zu einem Einfalle in das Herz Europas baute. Wir haben das Beispiel des<lb/> deutschen Bundes vor uns: Die Bewohner der Länder, aus denen er bestand,<lb/> gehörten demselben Stamme und derselben Religion an; und doch konnten<lb/> sie sich nicht aus den Händen des Königs von Preußen und des Herrn von<lb/> Bismarck retten"). Um wieviel weniger würde ein Bund orientalischer Völker<lb/> von verschiedener Abstammung und von einander feindlich gegenüber stehenden<lb/> religiösen Sonderbekenntnissen der moscovitischen Raubsucht widerstehen<lb/> können? Die Tataren in der Krim, die Georgier, Daghestaner und andere<lb/> Völker des nähern und fernern Asiens mögen Herrn Langle zeigen, was man<lb/> von jener Seite zu erwarten hätte. Rußland würde den von ihm geschaffenen<lb/> Völkerbund sehr bald in seinen weiten Schoß aufnehmen, und dann wäre eine<lb/> Ueberschwemmung Westeuropas durch die Kosaken nur noch eine Frage der Zeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_979"> „Unausführbar" auch deswegen, weil die Türken, ein wesentlich<lb/> kriegerisches, widerstandskräftiges Volk von zäher Ausdauer, unter allen<lb/> Orientalen die einzigen sind, welche dem Vordringen Rußlands einen Damm<lb/> entgegenstellen, natürlich nur unter der Bedingung, daß sie eine gute<lb/> Negierung haben; die jetzige allerdings ist eine sehr schlechte. Herr Langle<lb/> sollte wissen, daß die orientalischen Christen zwar viel Anlage zum Handel,<lb/> aber wenig Geschick und Lust zur Führung der Waffen haben, und die un¬<lb/> kriegerischen Bundesstaatler würden höchst wahrscheinlich von Rußland<lb/> verschlungen sein, noch bevor sie zum rechten Bewußtsein ihrer Bundes¬<lb/> genossenschaft gekommen wären.</p><lb/> <p xml:id="ID_980"> Es würde also erstens doch nicht so leicht sein, diese 20 Millionen<lb/> Türken mit ihrem National- und Religionsstolz und ihrer Hartnäckigkeit<lb/> dahin zu bringen, daß sie das so lange behauptete Feld gutwillig oder ge¬<lb/> zwungen räumten, nicht so leicht, sagen wir, wie die Leute sich einbilden,<lb/> welche die Karte von Europa von ihrem Zimmer aus nach Belieben einmal<lb/> so und dann wieder einmal anders gestalten. Sollte aber Herrn Langle's<lb/> Idee sich in der That einmal verwirklichen, so würde das einen für den<lb/> ganzen Orient unheilvollen allgemeinen Brand entzünden. Das herrschende<lb/> Volk im Orient ist nun einmal thatsächlich und rechtlich das moslemische;<lb/> dieses hat den großen Landbesitz in seinen Händen, und es stellt auch allein<lb/> die Mannschaften zum Heere, welches demnach ein rein moslemisches ist.<lb/> Um die Unterthanen des Sultans zu einem großen, einheitlichen, civilisirten<lb/> Volke zu machen, bedarf es nur einer gerechten, ehrlichen und aufgeklärten<lb/> Regierung.</p><lb/> <note type="byline"> D. Res.</note><lb/> <note xml:id="FID_30" place="foot"> ") So der Türke. Verzeihung für ihn!</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0304]
gewissermaßen soviel wäre, als wenn man den Kosaken, vor denen Herr
Langle Europa doch so herzlich gern retten möchte, besonders eine Eisenbahn
zu einem Einfalle in das Herz Europas baute. Wir haben das Beispiel des
deutschen Bundes vor uns: Die Bewohner der Länder, aus denen er bestand,
gehörten demselben Stamme und derselben Religion an; und doch konnten
sie sich nicht aus den Händen des Königs von Preußen und des Herrn von
Bismarck retten"). Um wieviel weniger würde ein Bund orientalischer Völker
von verschiedener Abstammung und von einander feindlich gegenüber stehenden
religiösen Sonderbekenntnissen der moscovitischen Raubsucht widerstehen
können? Die Tataren in der Krim, die Georgier, Daghestaner und andere
Völker des nähern und fernern Asiens mögen Herrn Langle zeigen, was man
von jener Seite zu erwarten hätte. Rußland würde den von ihm geschaffenen
Völkerbund sehr bald in seinen weiten Schoß aufnehmen, und dann wäre eine
Ueberschwemmung Westeuropas durch die Kosaken nur noch eine Frage der Zeit.
„Unausführbar" auch deswegen, weil die Türken, ein wesentlich
kriegerisches, widerstandskräftiges Volk von zäher Ausdauer, unter allen
Orientalen die einzigen sind, welche dem Vordringen Rußlands einen Damm
entgegenstellen, natürlich nur unter der Bedingung, daß sie eine gute
Negierung haben; die jetzige allerdings ist eine sehr schlechte. Herr Langle
sollte wissen, daß die orientalischen Christen zwar viel Anlage zum Handel,
aber wenig Geschick und Lust zur Führung der Waffen haben, und die un¬
kriegerischen Bundesstaatler würden höchst wahrscheinlich von Rußland
verschlungen sein, noch bevor sie zum rechten Bewußtsein ihrer Bundes¬
genossenschaft gekommen wären.
Es würde also erstens doch nicht so leicht sein, diese 20 Millionen
Türken mit ihrem National- und Religionsstolz und ihrer Hartnäckigkeit
dahin zu bringen, daß sie das so lange behauptete Feld gutwillig oder ge¬
zwungen räumten, nicht so leicht, sagen wir, wie die Leute sich einbilden,
welche die Karte von Europa von ihrem Zimmer aus nach Belieben einmal
so und dann wieder einmal anders gestalten. Sollte aber Herrn Langle's
Idee sich in der That einmal verwirklichen, so würde das einen für den
ganzen Orient unheilvollen allgemeinen Brand entzünden. Das herrschende
Volk im Orient ist nun einmal thatsächlich und rechtlich das moslemische;
dieses hat den großen Landbesitz in seinen Händen, und es stellt auch allein
die Mannschaften zum Heere, welches demnach ein rein moslemisches ist.
Um die Unterthanen des Sultans zu einem großen, einheitlichen, civilisirten
Volke zu machen, bedarf es nur einer gerechten, ehrlichen und aufgeklärten
Regierung.
D. Res.
") So der Türke. Verzeihung für ihn!
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