Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.wir nachstehend einige Artikel aus Ur. 7, 8 und 9, um so mehr, da die Aus Ur. 7. "AIs Abu Bekr. der erste Nachfolger und Stellvertreter "Volksgenossen! Ich bin zu eurem Oberhaupte erwählt worden, obgleich Thue ich nun Gutes, so fahret fort mir beizustehn; thue ich Böses, so Mir die Wahrheit sagen, heißt mich wohl berathen; mich schmeichelnd Wer euch für schwach und hilflos gilt, der gilt mir für stark, denn ich Ein Volk, das sich von Fremden unterjochen läßt, ist von Gott verlassen Wenn unter einem Volke allgemeine Sittenlosigkeit herrscht, so bestraft Gehorcht mir so lange und insofern ich dem Gesetze gehorche; thue ich In dieser Rede fesselt besonders ein Ausspruch unsere Aufmerksamkeit, Der Rath ist freilich bitter, namentlich für einen Großvezir, der, be¬ Aus Ur. 8. "Als wir nach Europa kamen, meinten wir, die Europäer - wir nachstehend einige Artikel aus Ur. 7, 8 und 9, um so mehr, da die Aus Ur. 7. „AIs Abu Bekr. der erste Nachfolger und Stellvertreter „Volksgenossen! Ich bin zu eurem Oberhaupte erwählt worden, obgleich Thue ich nun Gutes, so fahret fort mir beizustehn; thue ich Böses, so Mir die Wahrheit sagen, heißt mich wohl berathen; mich schmeichelnd Wer euch für schwach und hilflos gilt, der gilt mir für stark, denn ich Ein Volk, das sich von Fremden unterjochen läßt, ist von Gott verlassen Wenn unter einem Volke allgemeine Sittenlosigkeit herrscht, so bestraft Gehorcht mir so lange und insofern ich dem Gesetze gehorche; thue ich In dieser Rede fesselt besonders ein Ausspruch unsere Aufmerksamkeit, Der Rath ist freilich bitter, namentlich für einen Großvezir, der, be¬ Aus Ur. 8. „Als wir nach Europa kamen, meinten wir, die Europäer - <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0302" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117834"/> <p xml:id="ID_961" prev="#ID_960"> wir nachstehend einige Artikel aus Ur. 7, 8 und 9, um so mehr, da die<lb/> Herausgeber selbst gerade diese Aufsätze durch die Zugabe von französischen<lb/> ,Msum6K" als besonders wichtige und wesentliche Bestandtheile ihres Blattes<lb/> ausgezeichnet haben. Wir nehmen dabei aus den liösumös manche weitere<lb/> für europäische Leser berechnete Ausführungen herüber.</p><lb/> <p xml:id="ID_962"> Aus Ur. 7. „AIs Abu Bekr. der erste Nachfolger und Stellvertreter<lb/> des Propheten, Oberhaupt des Staates und der Religion geworden war, hielt<lb/> er in einer Moschee vor einer unermeßlichen Menschenmenge eine Rede, von<lb/> der wir folgende Stellen hervorheben:</p><lb/> <p xml:id="ID_963"> „Volksgenossen! Ich bin zu eurem Oberhaupte erwählt worden, obgleich<lb/> ich nicht derjenige unter euch bin, der dies am meisten verdient hätte.</p><lb/> <p xml:id="ID_964"> Thue ich nun Gutes, so fahret fort mir beizustehn; thue ich Böses, so<lb/> bessert mich.</p><lb/> <p xml:id="ID_965"> Mir die Wahrheit sagen, heißt mich wohl berathen; mich schmeichelnd<lb/> belügen, heißt mich verrathen.</p><lb/> <p xml:id="ID_966"> Wer euch für schwach und hilflos gilt, der gilt mir für stark, denn ich<lb/> werde ihm beistehen; wer euch für stark und mächtig gilt, der gilt mir für<lb/> schwach, denn ich werde ihn zwingen recht zu thun.</p><lb/> <p xml:id="ID_967"> Ein Volk, das sich von Fremden unterjochen läßt, ist von Gott verlassen<lb/> und verworfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_968"> Wenn unter einem Volke allgemeine Sittenlosigkeit herrscht, so bestraft<lb/> Gott dasselbe durch allgemeines Unglück.</p><lb/> <p xml:id="ID_969"> Gehorcht mir so lange und insofern ich dem Gesetze gehorche; thue ich<lb/> das nicht, so schuldet ihr mir keinen Gehorsam mehr."</p><lb/> <p xml:id="ID_970"> In dieser Rede fesselt besonders ein Ausspruch unsere Aufmerksamkeit,<lb/> nämlich der: „Thue ich Böses, so bessert mich." Wir müssen hieraus schließen,<lb/> daß der Islam dem Volke das Recht gibt, seine Oberhäupter zu tadeln,<lb/> wenn sie schlecht regieren; und der Muchbir, der ein wahrer Moslim ist,<lb/> macht mithin nur von seinem Rechte Gebrauch, wenn er denjenigen, in deren<lb/> Händen gegenwärtig das Schicksal der Türkei liegt, den Rath gibt, die von<lb/> dem Volke schon so lange verlangten und ihm von der Regierung ver¬<lb/> sprochenen Reformen endlich ins Werk zu setzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_971"> Der Rath ist freilich bitter, namentlich für einen Großvezir, der, be¬<lb/> rauscht von seiner hohen Stellung und Straflosigkeit, die Einführung des<lb/> Muchbir in die Türkei verboten hat."</p><lb/> <p xml:id="ID_972" next="#ID_973"> Aus Ur. 8. „Als wir nach Europa kamen, meinten wir, die Europäer -<lb/> hätten eine vollkommene Kenntniß von . allen Weltangelegenheiten, und ins¬<lb/> besondere glaubten wir nicht, daß europäische Journalisten über den wirk¬<lb/> lichen Zustand der Länder, über die sie sprechen, in völliger Unwissenheit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0302]
wir nachstehend einige Artikel aus Ur. 7, 8 und 9, um so mehr, da die
Herausgeber selbst gerade diese Aufsätze durch die Zugabe von französischen
,Msum6K" als besonders wichtige und wesentliche Bestandtheile ihres Blattes
ausgezeichnet haben. Wir nehmen dabei aus den liösumös manche weitere
für europäische Leser berechnete Ausführungen herüber.
Aus Ur. 7. „AIs Abu Bekr. der erste Nachfolger und Stellvertreter
des Propheten, Oberhaupt des Staates und der Religion geworden war, hielt
er in einer Moschee vor einer unermeßlichen Menschenmenge eine Rede, von
der wir folgende Stellen hervorheben:
„Volksgenossen! Ich bin zu eurem Oberhaupte erwählt worden, obgleich
ich nicht derjenige unter euch bin, der dies am meisten verdient hätte.
Thue ich nun Gutes, so fahret fort mir beizustehn; thue ich Böses, so
bessert mich.
Mir die Wahrheit sagen, heißt mich wohl berathen; mich schmeichelnd
belügen, heißt mich verrathen.
Wer euch für schwach und hilflos gilt, der gilt mir für stark, denn ich
werde ihm beistehen; wer euch für stark und mächtig gilt, der gilt mir für
schwach, denn ich werde ihn zwingen recht zu thun.
Ein Volk, das sich von Fremden unterjochen läßt, ist von Gott verlassen
und verworfen.
Wenn unter einem Volke allgemeine Sittenlosigkeit herrscht, so bestraft
Gott dasselbe durch allgemeines Unglück.
Gehorcht mir so lange und insofern ich dem Gesetze gehorche; thue ich
das nicht, so schuldet ihr mir keinen Gehorsam mehr."
In dieser Rede fesselt besonders ein Ausspruch unsere Aufmerksamkeit,
nämlich der: „Thue ich Böses, so bessert mich." Wir müssen hieraus schließen,
daß der Islam dem Volke das Recht gibt, seine Oberhäupter zu tadeln,
wenn sie schlecht regieren; und der Muchbir, der ein wahrer Moslim ist,
macht mithin nur von seinem Rechte Gebrauch, wenn er denjenigen, in deren
Händen gegenwärtig das Schicksal der Türkei liegt, den Rath gibt, die von
dem Volke schon so lange verlangten und ihm von der Regierung ver¬
sprochenen Reformen endlich ins Werk zu setzen.
Der Rath ist freilich bitter, namentlich für einen Großvezir, der, be¬
rauscht von seiner hohen Stellung und Straflosigkeit, die Einführung des
Muchbir in die Türkei verboten hat."
Aus Ur. 8. „Als wir nach Europa kamen, meinten wir, die Europäer -
hätten eine vollkommene Kenntniß von . allen Weltangelegenheiten, und ins¬
besondere glaubten wir nicht, daß europäische Journalisten über den wirk¬
lichen Zustand der Länder, über die sie sprechen, in völliger Unwissenheit
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