Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.daß durch deren ausschließlichen Besitz von wenigen alle andern von gleichem Lassen wir indeß diese unglücklichen einleitenden Sätze und sehen den daß durch deren ausschließlichen Besitz von wenigen alle andern von gleichem Lassen wir indeß diese unglücklichen einleitenden Sätze und sehen den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0128" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117660"/> <p xml:id="ID_390" prev="#ID_389"> daß durch deren ausschließlichen Besitz von wenigen alle andern von gleichem<lb/> Genuß ausgeschlossen würden." Diese socialistische Auffassung müßte, wenn<lb/> sie begründet wäre, auch Anwendung auf jedes andere Eigenthum finden.<lb/> Warum sollte der Besitzer einer Kohlengrube oder eines Eisenwerks mehr An¬<lb/> spruch auf Eigenthumsrechte an dieselben haben, als der Inhaber eines Korn¬<lb/> feldes, zumal es vielleicht mehr Mühe gekostet haben mag, ein unfruchtbares<lb/> Stück Land urbar zu machen, als etwa einen Marmordruch zu verwerthen,<lb/> und bei einer Expropriation im öffentlichen Interesse Häuser und Fabriken<lb/> ebenso weichen müssen, als Aecker und Wiesen? Die Consequenz des Mill-<lb/> schen Satzes ist der Proudhons: Eigenthum ist Diebstahl.</p><lb/> <p xml:id="ID_391" next="#ID_392"> Lassen wir indeß diese unglücklichen einleitenden Sätze und sehen den<lb/> irländischen Plan näher an. Mills Vertheidiger sagen, es könne ja von<lb/> Confiscation nicht die Rede sein, da für die Enteignung Compensation ge¬<lb/> geben werden solle. Aber diese kann, sobald der Verkauf zwangsweise durch¬<lb/> geführt wird, und dies verlangt die Maßregel, nur sehr ungenügend sein.<lb/> Die einzige Grundlage für Abschätzung von Land (beiläufig eine der schwie¬<lb/> rigsten Aufgaben), wäre die dermalige Pachtsumme, die noch vermindert<lb/> werden soll, wenn es den Commissären angemessen erscheint; alle Ansprüche,<lb/> welche der Eigenthümer infolge jahrelanger nicht direct produktiver Verwen¬<lb/> dungen auf das Gut hat, würden einfach verloren sein, denn wer will ab¬<lb/> schätzen, wie viel dasselbe durch seine Beiträge zu Straßen-, Schul- und<lb/> Kirchenbau, durch Drainirung, Düngung u. s. w. gewonnen hat? Die jähr¬<lb/> liche Pachtsumme gibt dafür keinen Anhalt, denn der Eigenthümer begnügt<lb/> sich fast immer mit einer sehr mäßigen Verzinsung seiner Anlage, weil<lb/> er eben seinen Besitz dadurch verbessert, diese Verbesserung aber für den Päch¬<lb/> ter keinen entsprechenden Werth hat. Man nehme z. B. den Fall der Arbeiter¬<lb/> wohnungen, die um die Güter liegen; eine solche kostet ca. 100 Pfd. Sterl.,<lb/> was einen jährlichen Zins von 6 Pfd. Sterl. repräsentirt. Der Arbeiter<lb/> aber kann nur 2'/- Pfd. Sterl. bezahlen und der Eigenthümer verzichtet aus<lb/> die Differenz, weil er auf diese Weise seine Leute in der Nähe hat und durch<lb/> die billige Wohnung an sich fesselt; bei Ausführung des Mill'schen Planes<lb/> verlöre er diese Vortheile und würde nur nach Maßgabe des Zinses von<lb/> 2'/»°/« entschädigt. Man bedenke dann wieder, was aus den Schlössern,<lb/> Parks u. s. w. werden soll, in die colossale Capitalien gesteckt sind. Mill<lb/> will alles Land in kleine Bauerngüter theilen, welche keine Luxusausgaben ge¬<lb/> statten, die Schlösser könnten also nur auf Abbruch verkauft, die Parks<lb/> zu Kornfeldern gemacht und danach sollte dann die Entschädigung bemessen<lb/> werden! Aber vielleicht noch mehr als der materielle Verlust würde von<lb/> den Eigenthümern das materielle Unrecht gefühlt werden, welches ihnen<lb/> geschähe. Auf keinen Besitz wird so großer Werth gelegt, als aus den von</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0128]
daß durch deren ausschließlichen Besitz von wenigen alle andern von gleichem
Genuß ausgeschlossen würden." Diese socialistische Auffassung müßte, wenn
sie begründet wäre, auch Anwendung auf jedes andere Eigenthum finden.
Warum sollte der Besitzer einer Kohlengrube oder eines Eisenwerks mehr An¬
spruch auf Eigenthumsrechte an dieselben haben, als der Inhaber eines Korn¬
feldes, zumal es vielleicht mehr Mühe gekostet haben mag, ein unfruchtbares
Stück Land urbar zu machen, als etwa einen Marmordruch zu verwerthen,
und bei einer Expropriation im öffentlichen Interesse Häuser und Fabriken
ebenso weichen müssen, als Aecker und Wiesen? Die Consequenz des Mill-
schen Satzes ist der Proudhons: Eigenthum ist Diebstahl.
Lassen wir indeß diese unglücklichen einleitenden Sätze und sehen den
irländischen Plan näher an. Mills Vertheidiger sagen, es könne ja von
Confiscation nicht die Rede sein, da für die Enteignung Compensation ge¬
geben werden solle. Aber diese kann, sobald der Verkauf zwangsweise durch¬
geführt wird, und dies verlangt die Maßregel, nur sehr ungenügend sein.
Die einzige Grundlage für Abschätzung von Land (beiläufig eine der schwie¬
rigsten Aufgaben), wäre die dermalige Pachtsumme, die noch vermindert
werden soll, wenn es den Commissären angemessen erscheint; alle Ansprüche,
welche der Eigenthümer infolge jahrelanger nicht direct produktiver Verwen¬
dungen auf das Gut hat, würden einfach verloren sein, denn wer will ab¬
schätzen, wie viel dasselbe durch seine Beiträge zu Straßen-, Schul- und
Kirchenbau, durch Drainirung, Düngung u. s. w. gewonnen hat? Die jähr¬
liche Pachtsumme gibt dafür keinen Anhalt, denn der Eigenthümer begnügt
sich fast immer mit einer sehr mäßigen Verzinsung seiner Anlage, weil
er eben seinen Besitz dadurch verbessert, diese Verbesserung aber für den Päch¬
ter keinen entsprechenden Werth hat. Man nehme z. B. den Fall der Arbeiter¬
wohnungen, die um die Güter liegen; eine solche kostet ca. 100 Pfd. Sterl.,
was einen jährlichen Zins von 6 Pfd. Sterl. repräsentirt. Der Arbeiter
aber kann nur 2'/- Pfd. Sterl. bezahlen und der Eigenthümer verzichtet aus
die Differenz, weil er auf diese Weise seine Leute in der Nähe hat und durch
die billige Wohnung an sich fesselt; bei Ausführung des Mill'schen Planes
verlöre er diese Vortheile und würde nur nach Maßgabe des Zinses von
2'/»°/« entschädigt. Man bedenke dann wieder, was aus den Schlössern,
Parks u. s. w. werden soll, in die colossale Capitalien gesteckt sind. Mill
will alles Land in kleine Bauerngüter theilen, welche keine Luxusausgaben ge¬
statten, die Schlösser könnten also nur auf Abbruch verkauft, die Parks
zu Kornfeldern gemacht und danach sollte dann die Entschädigung bemessen
werden! Aber vielleicht noch mehr als der materielle Verlust würde von
den Eigenthümern das materielle Unrecht gefühlt werden, welches ihnen
geschähe. Auf keinen Besitz wird so großer Werth gelegt, als aus den von
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