Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.der städtischen Gebieter dahin, die eigene Herrschaft möglichst breit auszu¬ Da ist sodann die Besoldung Derjenigen, welche den städtischen Kriegs¬ Natürlich standen die Herren in einem noch innigeren Verhältnisse zum der städtischen Gebieter dahin, die eigene Herrschaft möglichst breit auszu¬ Da ist sodann die Besoldung Derjenigen, welche den städtischen Kriegs¬ Natürlich standen die Herren in einem noch innigeren Verhältnisse zum <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0484" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287756"/> <p xml:id="ID_1227" prev="#ID_1226"> der städtischen Gebieter dahin, die eigene Herrschaft möglichst breit auszu¬<lb/> dehnen. Aber jedenfalls war ihr Besitz ein Krebsschaden am gemeinen Wesen:<lb/> ihr Ertrag und ihr praktischer Werth standen in gar keinem Verhältnisse zu<lb/> den Kosten. die sie verursachten. Denn sie bedurften fortwährend einer kost¬<lb/> spieligen Vertheidigung und Reparatur und bedeuteten für den Schutz der<lb/> Stadt selbst schließlich Nichts. „Und hatten" sagt die Heimliche Rechenschaft,<lb/> „manche Zeit, daß da Nichts war, wovon die Stadt und der Rath so sehr<lb/> zurückgingen und in so großen Schaden kamen, als von den vorgenannten<lb/> Schlössern." '</p><lb/> <p xml:id="ID_1228"> Da ist sodann die Besoldung Derjenigen, welche den städtischen Kriegs¬<lb/> dienst zu besorgen hatten und der übrigen Diener der Stadt. „Ferner so<lb/> war das eine große Unordnung mit den Stadtdienern" sagt die Heimliche<lb/> Rechenschaft; „denen war man viel schuldig, und der Schuld wußte man mit<lb/> ihnen kein Ende. Besonders die aus der Altstadt wußten das auf 100 Mark<lb/> nicht, was sie ihnen schuldig wären; was sie abbezahlten, die Schuld blieb<lb/> gleich groß." Diese naive Praxis hing mit der stillschweigenden Voraus¬<lb/> setzung zusammen, daß wer zu den Gefreundeten des Rathes gehörte — und<lb/> die Diener der Stadt wurden doch vom Rathe bestellt — den Seckel der<lb/> Stadt wie seinen eigenen betrachten dürfe. Eine Rechnungsablage gab es<lb/> nicht; die Geldangelegenheiten der Stadt gehörten zu den „heimlichen Dingen"<lb/> des Rathes. Daß die städtischen Reisigen das Futter für ihre Pferde ver¬<lb/> kauften und ihrer oft zwei in einem Jahre verhungern ließen, scheint wenig<lb/> Rüge gefunden zu haben; „auch so hatten sie eine Weise" sagt die Heimliche<lb/> Rechenschaft, „wem seine Pferde gediehen, dem gediehen sie selbst, also daß<lb/> er die verkaufte und behielt den Vortheil selbst; verdarben ihm aber die<lb/> Pferde, so waren sie der Stadt verdorben."</p><lb/> <p xml:id="ID_1229" next="#ID_1230"> Natürlich standen die Herren in einem noch innigeren Verhältnisse zum<lb/> gemeinen Beutel, als die Diener. Erst als die im Aufruhr Vertriebenen<lb/> zurückkehrten, kam es bei jedem Einzelnen zu einem klaren Abschluß darüber,<lb/> was er der Stadt und was die Stadt ihm schulde; vorher gab es weder in<lb/> den fünf Weichbilden eine Rechnungsablage noch an der gemeinschaftlichen<lb/> Casse. Es war nun einmal hergebracht, daß die bevorzugten Familien des<lb/> öffentlichen Gutes in besonderer Weise genießen dürften, und fast an letzter<lb/> Stelle erscheinen wohl noch die Kosten, die sie dem Beutel der Stadt durch<lb/> die Schmausereien an den großen kirchlichen und städtischen Festen, bei der<lb/> Sargtragung (Se. Autor's), am Gründonnerstage, an Se. Borchard's Abend,<lb/> in den Fasten, durch Geschenke an die Gefreundeten, an die Propstei und die<lb/> Geistlichkeit, durch Gratulationsgelder für die Rathsfrauen u. s. w. verur¬<lb/> sachten. Freilich ist die Summe von 20 Mark, die man später bei einer<lb/> Reduction dieser Festlichkeiten nur gespart haben will, wohl zu niedrig ge-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0484]
der städtischen Gebieter dahin, die eigene Herrschaft möglichst breit auszu¬
dehnen. Aber jedenfalls war ihr Besitz ein Krebsschaden am gemeinen Wesen:
ihr Ertrag und ihr praktischer Werth standen in gar keinem Verhältnisse zu
den Kosten. die sie verursachten. Denn sie bedurften fortwährend einer kost¬
spieligen Vertheidigung und Reparatur und bedeuteten für den Schutz der
Stadt selbst schließlich Nichts. „Und hatten" sagt die Heimliche Rechenschaft,
„manche Zeit, daß da Nichts war, wovon die Stadt und der Rath so sehr
zurückgingen und in so großen Schaden kamen, als von den vorgenannten
Schlössern." '
Da ist sodann die Besoldung Derjenigen, welche den städtischen Kriegs¬
dienst zu besorgen hatten und der übrigen Diener der Stadt. „Ferner so
war das eine große Unordnung mit den Stadtdienern" sagt die Heimliche
Rechenschaft; „denen war man viel schuldig, und der Schuld wußte man mit
ihnen kein Ende. Besonders die aus der Altstadt wußten das auf 100 Mark
nicht, was sie ihnen schuldig wären; was sie abbezahlten, die Schuld blieb
gleich groß." Diese naive Praxis hing mit der stillschweigenden Voraus¬
setzung zusammen, daß wer zu den Gefreundeten des Rathes gehörte — und
die Diener der Stadt wurden doch vom Rathe bestellt — den Seckel der
Stadt wie seinen eigenen betrachten dürfe. Eine Rechnungsablage gab es
nicht; die Geldangelegenheiten der Stadt gehörten zu den „heimlichen Dingen"
des Rathes. Daß die städtischen Reisigen das Futter für ihre Pferde ver¬
kauften und ihrer oft zwei in einem Jahre verhungern ließen, scheint wenig
Rüge gefunden zu haben; „auch so hatten sie eine Weise" sagt die Heimliche
Rechenschaft, „wem seine Pferde gediehen, dem gediehen sie selbst, also daß
er die verkaufte und behielt den Vortheil selbst; verdarben ihm aber die
Pferde, so waren sie der Stadt verdorben."
Natürlich standen die Herren in einem noch innigeren Verhältnisse zum
gemeinen Beutel, als die Diener. Erst als die im Aufruhr Vertriebenen
zurückkehrten, kam es bei jedem Einzelnen zu einem klaren Abschluß darüber,
was er der Stadt und was die Stadt ihm schulde; vorher gab es weder in
den fünf Weichbilden eine Rechnungsablage noch an der gemeinschaftlichen
Casse. Es war nun einmal hergebracht, daß die bevorzugten Familien des
öffentlichen Gutes in besonderer Weise genießen dürften, und fast an letzter
Stelle erscheinen wohl noch die Kosten, die sie dem Beutel der Stadt durch
die Schmausereien an den großen kirchlichen und städtischen Festen, bei der
Sargtragung (Se. Autor's), am Gründonnerstage, an Se. Borchard's Abend,
in den Fasten, durch Geschenke an die Gefreundeten, an die Propstei und die
Geistlichkeit, durch Gratulationsgelder für die Rathsfrauen u. s. w. verur¬
sachten. Freilich ist die Summe von 20 Mark, die man später bei einer
Reduction dieser Festlichkeiten nur gespart haben will, wohl zu niedrig ge-
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