Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.wo so gravirende Documente, wie z. B. S. 80 über die rumänischen Waffen¬ 1) Was die deutschen Angelegenheiten betrifft, so wäre es vergeblich Oestreich hält an dem prager Frieden fest, in dem Sinne, daß jede Neben der Anerkennung dieses Gegensatzes finden wir aber keinerlei wo so gravirende Documente, wie z. B. S. 80 über die rumänischen Waffen¬ 1) Was die deutschen Angelegenheiten betrifft, so wäre es vergeblich Oestreich hält an dem prager Frieden fest, in dem Sinne, daß jede Neben der Anerkennung dieses Gegensatzes finden wir aber keinerlei <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0451" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287723"/> <p xml:id="ID_1125" prev="#ID_1124"> wo so gravirende Documente, wie z. B. S. 80 über die rumänischen Waffen¬<lb/> transporte, publicirt werden, offenbar die Regierung wohl noch bedeutsamere<lb/> Beweise in Händen haben wird. Im Ganzen geben diese Actenstücke wie<lb/> auch die vorausgeschickte Einleitung einen neuen Beweis sür die Thatsache,<lb/> welche jeder Denkende sich klar gemacht hat, daß eine unmittelbare Gefähr¬<lb/> dung des Friedens nicht vorliegt, daß dagegen die Situation höchst precär<lb/> ist und ein Vertrauen in die Dauer des Friedens nicht aufkommen lassen kann. —<lb/> Man kann die besprochenen Angelegenheiten füglich unter drei Rubriken<lb/> bringen: deutsche, orientalische und Verhandlungen mit der römischen Curie.</p><lb/> <p xml:id="ID_1126"> 1) Was die deutschen Angelegenheiten betrifft, so wäre es vergeblich<lb/> sich darüber zu täuschen, daß trotz der unleugbar versöhnlichen Sprache in<lb/> diesen Ackerstücken aufs Neue der tiefe Gegensatz constatirt ist, in welchem<lb/> die östreichische Politik zu der preußischen steht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1127"> Oestreich hält an dem prager Frieden fest, in dem Sinne, daß jede<lb/> Ueberschreitung des Maines von Preußens Seite eine Verletzung des Ver¬<lb/> trages sein würde: wir aber fühlen daß wir auf irgend welche Länge nicht am<lb/> Main stehen bleiben können, wir fühlen das jetzige Stehenbleiben als einen<lb/> drückenden Stillstand in der ganzen deutschen Frage. Damit ist alles gesagt.<lb/> Welchen Werth die östreichische Regierung darauf legt, die öffentliche Mei¬<lb/> nung in Süddeutschland für sich zu gewinnen, zeigen die beiden Berichte des<lb/> Grafen Trauttmannsdorff aus München und die Antwort Beust's darauf.<lb/> Auch Norddeutschland wird nicht außer Augen gelassen; bei den Hansestädten<lb/> ist noch dieser Tage nach zweijähriger Unterbrechung der diplomatischen Ver¬<lb/> tretung ein Gesandter neu beglaubigt, obwohl man nicht absieht, was der¬<lb/> selbe noch neben einem Generalconsul zu thun haben kann, und der Reichs¬<lb/> kanzler stimmte in den Delegationen ausdrücklich den Ausführungen Kuranda's<lb/> zu, daß es eine Schwächung des prager Friedens sein würde, die Gesandt-<lb/> schaften bei den kleinen deutschen Staaten einzuziehen. Bei dem precären<lb/> Stande, in welchem sich diese Verhältnisse befinden, möge man sich nicht dazu<lb/> verleiten lassen, einige tausend Gulden zu sparen und damit eine Politik zu<lb/> schwächen, die zu erhalten man alle Ursache habe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1128" next="#ID_1129"> Neben der Anerkennung dieses Gegensatzes finden wir aber keinerlei<lb/> Anlaß uns über die Haltung zu beschweren, welche Oestreich in der nord-<lb/> schleswigschen Frage angenommen und sehen keinen Grund über die einzige<lb/> Publicirte Depesche einen Lärm zu machen, wie es die Kreuzzeitung zu thun<lb/> für gut gefunden hat. In dieser Depesche bestätigt Gras Beust indireet die Be¬<lb/> merkung des Grafen Bismarck im preußischen Landtag, daß die Einschaltung<lb/> des betreffenden Artikels nicht von Oestreich d. h. also von Frankreich aus¬<lb/> gegangen sei und direct die Erklärung des Bundeskanzlers im Reichstag, daß<lb/> Oestreich allein legitimirt sei in dieser Frage mitzusprechen. Der Reichs-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0451]
wo so gravirende Documente, wie z. B. S. 80 über die rumänischen Waffen¬
transporte, publicirt werden, offenbar die Regierung wohl noch bedeutsamere
Beweise in Händen haben wird. Im Ganzen geben diese Actenstücke wie
auch die vorausgeschickte Einleitung einen neuen Beweis sür die Thatsache,
welche jeder Denkende sich klar gemacht hat, daß eine unmittelbare Gefähr¬
dung des Friedens nicht vorliegt, daß dagegen die Situation höchst precär
ist und ein Vertrauen in die Dauer des Friedens nicht aufkommen lassen kann. —
Man kann die besprochenen Angelegenheiten füglich unter drei Rubriken
bringen: deutsche, orientalische und Verhandlungen mit der römischen Curie.
1) Was die deutschen Angelegenheiten betrifft, so wäre es vergeblich
sich darüber zu täuschen, daß trotz der unleugbar versöhnlichen Sprache in
diesen Ackerstücken aufs Neue der tiefe Gegensatz constatirt ist, in welchem
die östreichische Politik zu der preußischen steht.
Oestreich hält an dem prager Frieden fest, in dem Sinne, daß jede
Ueberschreitung des Maines von Preußens Seite eine Verletzung des Ver¬
trages sein würde: wir aber fühlen daß wir auf irgend welche Länge nicht am
Main stehen bleiben können, wir fühlen das jetzige Stehenbleiben als einen
drückenden Stillstand in der ganzen deutschen Frage. Damit ist alles gesagt.
Welchen Werth die östreichische Regierung darauf legt, die öffentliche Mei¬
nung in Süddeutschland für sich zu gewinnen, zeigen die beiden Berichte des
Grafen Trauttmannsdorff aus München und die Antwort Beust's darauf.
Auch Norddeutschland wird nicht außer Augen gelassen; bei den Hansestädten
ist noch dieser Tage nach zweijähriger Unterbrechung der diplomatischen Ver¬
tretung ein Gesandter neu beglaubigt, obwohl man nicht absieht, was der¬
selbe noch neben einem Generalconsul zu thun haben kann, und der Reichs¬
kanzler stimmte in den Delegationen ausdrücklich den Ausführungen Kuranda's
zu, daß es eine Schwächung des prager Friedens sein würde, die Gesandt-
schaften bei den kleinen deutschen Staaten einzuziehen. Bei dem precären
Stande, in welchem sich diese Verhältnisse befinden, möge man sich nicht dazu
verleiten lassen, einige tausend Gulden zu sparen und damit eine Politik zu
schwächen, die zu erhalten man alle Ursache habe.
Neben der Anerkennung dieses Gegensatzes finden wir aber keinerlei
Anlaß uns über die Haltung zu beschweren, welche Oestreich in der nord-
schleswigschen Frage angenommen und sehen keinen Grund über die einzige
Publicirte Depesche einen Lärm zu machen, wie es die Kreuzzeitung zu thun
für gut gefunden hat. In dieser Depesche bestätigt Gras Beust indireet die Be¬
merkung des Grafen Bismarck im preußischen Landtag, daß die Einschaltung
des betreffenden Artikels nicht von Oestreich d. h. also von Frankreich aus¬
gegangen sei und direct die Erklärung des Bundeskanzlers im Reichstag, daß
Oestreich allein legitimirt sei in dieser Frage mitzusprechen. Der Reichs-
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