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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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und die erst nach und nach hervortraten; sie können die meisten ferneren
Bauten wenig mehr beeinträchtigen. Uebrigens ist der schnellere Bau nicht
blos insofern sparsamer, als der Hafen früher benutzbar wird, sondern auch
deshalb, weil man bei den dabei reicher fließenden Mitteln günstige Chancen
der Fluth und der Witterung voll ausnutzen kann/)

Bald wird denn Deutschlands Achillesferse einem Feinde wie Frankreich
gegenüber, d. h. neben Wismar die Nordseeküste, vollständig sicher gestellt
sein. Bisher konnte Frankreich mit seiner Dampftransportflotte, die auf
einmal 40,000 Mann und 12,000 Pferde zu tragen vermag, die deutsche Nord¬
seeküste widerstandslos überfallen und die allergefährlichste Diversion machen;
sobald aber die Jahdebefestigung und die Schanzen an Elbe, Weser und
Ems fertig sind, hat Deutschland von dieser Seite nichts mehr zu fürchten.
Den Erbauern des Jahdehafens aber wird man, mögen auch mancherlei
Mißgriffe vorgekommen sein, das Zeugniß nicht versagen können, daß sie ein
Werk geschaffen haben, welches der jetzt wieder so viel verschrieenen preußi¬
schen Bureaukratie Ehre macht, indem sie wahrhaft ungeheure Schwierig¬
keiten mit verhältnißmäßig wenig Mitteln überwunden haben, dank der
preußischen pedantisch strengen Sorgsamkeit, Redlichkeit, Genauigkeit und
Sparsamkeit. Außer den Mündungen der Ems, der.Jahde, der Weser und
der Elbe hat unsere deutsche Nordseeküste wegen ihrer Watten keine für
eine Landung günstigen Punkte: die Jahde aber ist für den Kriegshafen der
günstigste Punkt, insofern sie fast genau in der Mitte dieser Küste liegt und
da von ihr aus die Flotte schneller als von jeder andern Flußmündung
die hohe See gewinnen kann und dann auf der Höhe von Helgoland eine
gleichmäßig alle Flußmündungen beherrschende Position findet, um so mehr
als sie mit seltnen Ausnahmen das ganze Jahr hindurch für Dampfer offen
ist. Künftig wird dann dieser Hasen namentlich als Aus- und Abrüstungs¬
station der in Dienst gestellten Schiffe wichtig sein, da die Einfahrt in die
Ostsee oft schwierig ist, wenn auch seine Eröffnung noch nicht, wie anfangs
beabsichtigt, 1869 wird erfolgen können.





") Um so mehr ist zu bedauern, daß es sich nicht thunlich erwiesen hat, die süddeut¬
schen Staaten, welche doch vom Schutz der deutschen Handelsmarine ebensoviel Profitiren als
der Norden, auch zur Zahlung einer Beitragsquote für die Marine zu veranlassen. Eine
Million mehr im Mnriuebudget würde schon ganz bedeutend Größeres zu leisten gestatten, da
sie eben als Zuschuß käme.

und die erst nach und nach hervortraten; sie können die meisten ferneren
Bauten wenig mehr beeinträchtigen. Uebrigens ist der schnellere Bau nicht
blos insofern sparsamer, als der Hafen früher benutzbar wird, sondern auch
deshalb, weil man bei den dabei reicher fließenden Mitteln günstige Chancen
der Fluth und der Witterung voll ausnutzen kann/)

Bald wird denn Deutschlands Achillesferse einem Feinde wie Frankreich
gegenüber, d. h. neben Wismar die Nordseeküste, vollständig sicher gestellt
sein. Bisher konnte Frankreich mit seiner Dampftransportflotte, die auf
einmal 40,000 Mann und 12,000 Pferde zu tragen vermag, die deutsche Nord¬
seeküste widerstandslos überfallen und die allergefährlichste Diversion machen;
sobald aber die Jahdebefestigung und die Schanzen an Elbe, Weser und
Ems fertig sind, hat Deutschland von dieser Seite nichts mehr zu fürchten.
Den Erbauern des Jahdehafens aber wird man, mögen auch mancherlei
Mißgriffe vorgekommen sein, das Zeugniß nicht versagen können, daß sie ein
Werk geschaffen haben, welches der jetzt wieder so viel verschrieenen preußi¬
schen Bureaukratie Ehre macht, indem sie wahrhaft ungeheure Schwierig¬
keiten mit verhältnißmäßig wenig Mitteln überwunden haben, dank der
preußischen pedantisch strengen Sorgsamkeit, Redlichkeit, Genauigkeit und
Sparsamkeit. Außer den Mündungen der Ems, der.Jahde, der Weser und
der Elbe hat unsere deutsche Nordseeküste wegen ihrer Watten keine für
eine Landung günstigen Punkte: die Jahde aber ist für den Kriegshafen der
günstigste Punkt, insofern sie fast genau in der Mitte dieser Küste liegt und
da von ihr aus die Flotte schneller als von jeder andern Flußmündung
die hohe See gewinnen kann und dann auf der Höhe von Helgoland eine
gleichmäßig alle Flußmündungen beherrschende Position findet, um so mehr
als sie mit seltnen Ausnahmen das ganze Jahr hindurch für Dampfer offen
ist. Künftig wird dann dieser Hasen namentlich als Aus- und Abrüstungs¬
station der in Dienst gestellten Schiffe wichtig sein, da die Einfahrt in die
Ostsee oft schwierig ist, wenn auch seine Eröffnung noch nicht, wie anfangs
beabsichtigt, 1869 wird erfolgen können.





") Um so mehr ist zu bedauern, daß es sich nicht thunlich erwiesen hat, die süddeut¬
schen Staaten, welche doch vom Schutz der deutschen Handelsmarine ebensoviel Profitiren als
der Norden, auch zur Zahlung einer Beitragsquote für die Marine zu veranlassen. Eine
Million mehr im Mnriuebudget würde schon ganz bedeutend Größeres zu leisten gestatten, da
sie eben als Zuschuß käme.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/28>, abgerufen am 05.02.2025.