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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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die entrer Handelskammer, welche Emden zum Hauptausfuhrplatz für die
Kohlen- und Jndustriebezirke Westphalens machen möchte, empfiehlt in einer
mit genauer Karte der Unterems ausgestatteten Denkschrift eine Correction
der Unterems und die Anlage eines neuen Hafens an der Knocke, der äußer¬
sten IV, Meilen westlich von Emden gelegenen Landspitze, bei der die Ems
nordwärts umbiegt um sich in die Nordsee zu ergießen. Dieses Project will
nur einen Handelshafen schaffen, der Hamburg und Bremen viel weniger
Concurrenz machen würde als den holländischen Häfen; er würde mit seiner
Handelsstadt gerade so auf Eisenbahnverkehr angewiesen sein, wie Bremer-
haven mit Bremen. An der Knocke tritt das tiefe Wasser nahe an die Küste,
der Wasserbau hat wenig zu thun um es bis zum Quai der Eisenbahn zu
leiten, durch welche die Knocke mit Emden verbunden werden soll, und von
der Mündung des Hafeneingangs führt dann bis in die See ein schönes
tiefes Fahrwasser von V"^Vü Meile Breite, in welchem sich nur westsüd¬
westlich der Knocke eine minder tiefe Stelle findet, die aber auch noch 22 Vz
Fuß Wasser bei niedrigster Ebbe hat. mehr als Swinemünde. und bei Fluth
mit 3lVz Fuß Tiefe sogar den größten Kriegsschiffen genügt. Außerdem
befindet sich gerade südlich der Knocke die große entrer Rhede mit 20--60
Fuß Tiefe bei niedrigster Ebbe, der Hafen hat größere Eisfreiheit als fast
alle anderen Nordseehäfen. Die Anlage eines befestigten Marinedepots wäre
hier durch die Lokalität begünstigt, und es wäre werthvoll, an dem allerwest-
lichsten Punkt unserer Küste einen Zufluchts- und Stützpunkt für unsere
Kriegsschiffe zu haben, der zugleich holländische Küstenfahrzeuge in Delfzijl
(sprich Delfseil) im Schach hält.

Eine Position an der Knocke bei Emden liegt am äußersten linken
Flügel unserer Nordseefront, eine Station an der Lister Rhede auf dem
rechten Flügel. Das Centrum aber enthält drei vorzügliche Rheden: die
Jahde. die wir bereits besprachen, die Wesermündung bei Blexen-Nordenhamm
und weiter abwärts, und die Elbmündung bei Cuxhaven-Brunsbüttel, während
für alle drei als gemeinsam dominirende Position sich Helgoland darstellt,
das aber in englischen Händen ist.

Um die Terrainbeschaffenheit des unteren Weserstromes zu erkennen,
besteigen wir in Bremen einen der Flußdampfer, welche die Weser hinab¬
gehen. Im Spätsommer und bei Ebbe beträgt bei Bremen und noch
eine ganze Strecke unterhalb das Fahrwasser nur 6 oder sogar nur 4 Fuß
an den flachsten Stellen; so ist es natürlich, daß man hier kein einziges
größeres Seeschiff, sondern nur sogenannte Weserkühne mit ziemlich seemäßi¬
gem Bau und Schluptakelage, ähnlich den Ewern, und wenig Matrosen zu
sehen bekommt. Die alte Handelsstadt mit ihrer prächtigen Giebelfront
längs des Flusses und der Reihe von Kirchthürmen darüber hat Haupt-


die entrer Handelskammer, welche Emden zum Hauptausfuhrplatz für die
Kohlen- und Jndustriebezirke Westphalens machen möchte, empfiehlt in einer
mit genauer Karte der Unterems ausgestatteten Denkschrift eine Correction
der Unterems und die Anlage eines neuen Hafens an der Knocke, der äußer¬
sten IV, Meilen westlich von Emden gelegenen Landspitze, bei der die Ems
nordwärts umbiegt um sich in die Nordsee zu ergießen. Dieses Project will
nur einen Handelshafen schaffen, der Hamburg und Bremen viel weniger
Concurrenz machen würde als den holländischen Häfen; er würde mit seiner
Handelsstadt gerade so auf Eisenbahnverkehr angewiesen sein, wie Bremer-
haven mit Bremen. An der Knocke tritt das tiefe Wasser nahe an die Küste,
der Wasserbau hat wenig zu thun um es bis zum Quai der Eisenbahn zu
leiten, durch welche die Knocke mit Emden verbunden werden soll, und von
der Mündung des Hafeneingangs führt dann bis in die See ein schönes
tiefes Fahrwasser von V«^Vü Meile Breite, in welchem sich nur westsüd¬
westlich der Knocke eine minder tiefe Stelle findet, die aber auch noch 22 Vz
Fuß Wasser bei niedrigster Ebbe hat. mehr als Swinemünde. und bei Fluth
mit 3lVz Fuß Tiefe sogar den größten Kriegsschiffen genügt. Außerdem
befindet sich gerade südlich der Knocke die große entrer Rhede mit 20—60
Fuß Tiefe bei niedrigster Ebbe, der Hafen hat größere Eisfreiheit als fast
alle anderen Nordseehäfen. Die Anlage eines befestigten Marinedepots wäre
hier durch die Lokalität begünstigt, und es wäre werthvoll, an dem allerwest-
lichsten Punkt unserer Küste einen Zufluchts- und Stützpunkt für unsere
Kriegsschiffe zu haben, der zugleich holländische Küstenfahrzeuge in Delfzijl
(sprich Delfseil) im Schach hält.

Eine Position an der Knocke bei Emden liegt am äußersten linken
Flügel unserer Nordseefront, eine Station an der Lister Rhede auf dem
rechten Flügel. Das Centrum aber enthält drei vorzügliche Rheden: die
Jahde. die wir bereits besprachen, die Wesermündung bei Blexen-Nordenhamm
und weiter abwärts, und die Elbmündung bei Cuxhaven-Brunsbüttel, während
für alle drei als gemeinsam dominirende Position sich Helgoland darstellt,
das aber in englischen Händen ist.

Um die Terrainbeschaffenheit des unteren Weserstromes zu erkennen,
besteigen wir in Bremen einen der Flußdampfer, welche die Weser hinab¬
gehen. Im Spätsommer und bei Ebbe beträgt bei Bremen und noch
eine ganze Strecke unterhalb das Fahrwasser nur 6 oder sogar nur 4 Fuß
an den flachsten Stellen; so ist es natürlich, daß man hier kein einziges
größeres Seeschiff, sondern nur sogenannte Weserkühne mit ziemlich seemäßi¬
gem Bau und Schluptakelage, ähnlich den Ewern, und wenig Matrosen zu
sehen bekommt. Die alte Handelsstadt mit ihrer prächtigen Giebelfront
längs des Flusses und der Reihe von Kirchthürmen darüber hat Haupt-


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[0234] die entrer Handelskammer, welche Emden zum Hauptausfuhrplatz für die Kohlen- und Jndustriebezirke Westphalens machen möchte, empfiehlt in einer mit genauer Karte der Unterems ausgestatteten Denkschrift eine Correction der Unterems und die Anlage eines neuen Hafens an der Knocke, der äußer¬ sten IV, Meilen westlich von Emden gelegenen Landspitze, bei der die Ems nordwärts umbiegt um sich in die Nordsee zu ergießen. Dieses Project will nur einen Handelshafen schaffen, der Hamburg und Bremen viel weniger Concurrenz machen würde als den holländischen Häfen; er würde mit seiner Handelsstadt gerade so auf Eisenbahnverkehr angewiesen sein, wie Bremer- haven mit Bremen. An der Knocke tritt das tiefe Wasser nahe an die Küste, der Wasserbau hat wenig zu thun um es bis zum Quai der Eisenbahn zu leiten, durch welche die Knocke mit Emden verbunden werden soll, und von der Mündung des Hafeneingangs führt dann bis in die See ein schönes tiefes Fahrwasser von V«^Vü Meile Breite, in welchem sich nur westsüd¬ westlich der Knocke eine minder tiefe Stelle findet, die aber auch noch 22 Vz Fuß Wasser bei niedrigster Ebbe hat. mehr als Swinemünde. und bei Fluth mit 3lVz Fuß Tiefe sogar den größten Kriegsschiffen genügt. Außerdem befindet sich gerade südlich der Knocke die große entrer Rhede mit 20—60 Fuß Tiefe bei niedrigster Ebbe, der Hafen hat größere Eisfreiheit als fast alle anderen Nordseehäfen. Die Anlage eines befestigten Marinedepots wäre hier durch die Lokalität begünstigt, und es wäre werthvoll, an dem allerwest- lichsten Punkt unserer Küste einen Zufluchts- und Stützpunkt für unsere Kriegsschiffe zu haben, der zugleich holländische Küstenfahrzeuge in Delfzijl (sprich Delfseil) im Schach hält. Eine Position an der Knocke bei Emden liegt am äußersten linken Flügel unserer Nordseefront, eine Station an der Lister Rhede auf dem rechten Flügel. Das Centrum aber enthält drei vorzügliche Rheden: die Jahde. die wir bereits besprachen, die Wesermündung bei Blexen-Nordenhamm und weiter abwärts, und die Elbmündung bei Cuxhaven-Brunsbüttel, während für alle drei als gemeinsam dominirende Position sich Helgoland darstellt, das aber in englischen Händen ist. Um die Terrainbeschaffenheit des unteren Weserstromes zu erkennen, besteigen wir in Bremen einen der Flußdampfer, welche die Weser hinab¬ gehen. Im Spätsommer und bei Ebbe beträgt bei Bremen und noch eine ganze Strecke unterhalb das Fahrwasser nur 6 oder sogar nur 4 Fuß an den flachsten Stellen; so ist es natürlich, daß man hier kein einziges größeres Seeschiff, sondern nur sogenannte Weserkühne mit ziemlich seemäßi¬ gem Bau und Schluptakelage, ähnlich den Ewern, und wenig Matrosen zu sehen bekommt. Die alte Handelsstadt mit ihrer prächtigen Giebelfront längs des Flusses und der Reihe von Kirchthürmen darüber hat Haupt-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/234>, abgerufen am 05.02.2025.