Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.-- ist zu Gunsten der nationalen Partei ausgefallen, welche auf dem nächsten Die Regierung, deren Candidat bei diesem zweiten Wahlgang nicht mehr Uebrigens wäre der Regierungseinfluß kaum erheblich ins Gewicht ge¬ — ist zu Gunsten der nationalen Partei ausgefallen, welche auf dem nächsten Die Regierung, deren Candidat bei diesem zweiten Wahlgang nicht mehr Uebrigens wäre der Regierungseinfluß kaum erheblich ins Gewicht ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0249" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286961"/> <p xml:id="ID_651" prev="#ID_650"> — ist zu Gunsten der nationalen Partei ausgefallen, welche auf dem nächsten<lb/> Landtag ihren Führer nicht vermissen wird. Nach einem beispiellos heftigen<lb/> Kampf, wie er selbst bei den Zollparlamentswahlen unerhört war, hat Hölder<lb/> über seinen Gegner von der Volkspartei triumphirt. Diese hatte die größten<lb/> Anstrengungen gemacht, um den ihr verhaßten Gegner von der Kammer<lb/> auszuschließen. Es war fast ein persönlicher Gang, den er mit den Häuptern<lb/> der Gegenpartei zu thun hatte. Alle ihre Kräfte, bis zu Frese herab, wurden<lb/> aufgeboten, um die Agitation im Bezirke zu betreiben, die Leitung hatte<lb/> K. Mayer selbst übernommen, dessen „demagogisches Talent" kürzlich auch<lb/> der Staatsanzeiger ausdrücklich anerkannte. Natürlich waren die Gegen¬<lb/> anstrengungen der nationalen Partei entsprechend. Da die Waffen sonst<lb/> überall bereits ruhten, waren hier beiderseits die besten Kräfte verfügbar,<lb/> und dies steigerte vollends das Interesse an dem Ausgang, der zwischen dem<lb/> nationalen und dem Volksparteiprogramm entscheiden sollte. Denn nirgends<lb/> sonst handelte es sich so klar und einfach um den Gegensatz der beiden<lb/> Programme, die mit gleicher Energie um die Stimmen der Wähler warben<lb/> und deren Apostel Tag für Tag von Ort zu Ort zogen. So ist es denn<lb/> nicht blos die Persönlichkeit Hölders, deren Sieg erfreut, sondern es war<lb/> wirklich ein Sieg des nationalen Programms, der um so werthvoller ist. als<lb/> er in einem Bezirk errungen wurde, der bisher als eines der Hauptlager der<lb/> Volkspartei galt.</p><lb/> <p xml:id="ID_652"> Die Regierung, deren Candidat bei diesem zweiten Wahlgang nicht mehr<lb/> in Frage kam, hielt sich — zu ihrem Lob muß es gesagt werden — völlig<lb/> neutral. Hölders Wahl ist ihr sicher unerwünscht, allein eine weitere Ver¬<lb/> stärkung der Volkspartei in der Kammer müßte ihr noch weniger angenehm<lb/> sein. Auch scheint sie sich doch überzeugt zU haben, daß es den verwirrendsten,<lb/> ja geradezu einen demoralisirenden Eindruck im Lande hätte machen müssen,<lb/> wenn sie ihren Einfluß einem erklärten Candidaten der Volkspartei zur Ver¬<lb/> fügung gestellt hätte, die sonst von ihr bekämpft wurde. So drang Geßler.<lb/> der Minister des Innern, der schon während den Zollparlamentswahlen sich<lb/> von den Agitationen seiner Collegen weise zurückhielt, gegen die bekannten<lb/> Meinungen der Herren v. Mtttnacht und Golther durch. Ob die Regierung<lb/> überhaupt ihre Fehler einzusehen entschlossen ist, definitiv mit den auflösenden<lb/> Tendenzen zu brechen, mit denen sie aus bloßem Preußenhaß fraternisirte.<lb/> ob sie eine Annäherung wenigstens an die gemäßigten nationalen Elemente<lb/> sucht, muß freilich erst abgewartet und letzteres vorerst bezweifelt werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_653" next="#ID_654"> Uebrigens wäre der Regierungseinfluß kaum erheblich ins Gewicht ge¬<lb/> fallen bei einer Agitation, die so gründlich betrieben und von der schließlich<lb/> fast jeder Wähler direct berührt wurde. Der seltene Eifer der Wahlbethei¬<lb/> ligung — es stimmten 80°/» ab — und die annähernd gleiche Stärke der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0249]
— ist zu Gunsten der nationalen Partei ausgefallen, welche auf dem nächsten
Landtag ihren Führer nicht vermissen wird. Nach einem beispiellos heftigen
Kampf, wie er selbst bei den Zollparlamentswahlen unerhört war, hat Hölder
über seinen Gegner von der Volkspartei triumphirt. Diese hatte die größten
Anstrengungen gemacht, um den ihr verhaßten Gegner von der Kammer
auszuschließen. Es war fast ein persönlicher Gang, den er mit den Häuptern
der Gegenpartei zu thun hatte. Alle ihre Kräfte, bis zu Frese herab, wurden
aufgeboten, um die Agitation im Bezirke zu betreiben, die Leitung hatte
K. Mayer selbst übernommen, dessen „demagogisches Talent" kürzlich auch
der Staatsanzeiger ausdrücklich anerkannte. Natürlich waren die Gegen¬
anstrengungen der nationalen Partei entsprechend. Da die Waffen sonst
überall bereits ruhten, waren hier beiderseits die besten Kräfte verfügbar,
und dies steigerte vollends das Interesse an dem Ausgang, der zwischen dem
nationalen und dem Volksparteiprogramm entscheiden sollte. Denn nirgends
sonst handelte es sich so klar und einfach um den Gegensatz der beiden
Programme, die mit gleicher Energie um die Stimmen der Wähler warben
und deren Apostel Tag für Tag von Ort zu Ort zogen. So ist es denn
nicht blos die Persönlichkeit Hölders, deren Sieg erfreut, sondern es war
wirklich ein Sieg des nationalen Programms, der um so werthvoller ist. als
er in einem Bezirk errungen wurde, der bisher als eines der Hauptlager der
Volkspartei galt.
Die Regierung, deren Candidat bei diesem zweiten Wahlgang nicht mehr
in Frage kam, hielt sich — zu ihrem Lob muß es gesagt werden — völlig
neutral. Hölders Wahl ist ihr sicher unerwünscht, allein eine weitere Ver¬
stärkung der Volkspartei in der Kammer müßte ihr noch weniger angenehm
sein. Auch scheint sie sich doch überzeugt zU haben, daß es den verwirrendsten,
ja geradezu einen demoralisirenden Eindruck im Lande hätte machen müssen,
wenn sie ihren Einfluß einem erklärten Candidaten der Volkspartei zur Ver¬
fügung gestellt hätte, die sonst von ihr bekämpft wurde. So drang Geßler.
der Minister des Innern, der schon während den Zollparlamentswahlen sich
von den Agitationen seiner Collegen weise zurückhielt, gegen die bekannten
Meinungen der Herren v. Mtttnacht und Golther durch. Ob die Regierung
überhaupt ihre Fehler einzusehen entschlossen ist, definitiv mit den auflösenden
Tendenzen zu brechen, mit denen sie aus bloßem Preußenhaß fraternisirte.
ob sie eine Annäherung wenigstens an die gemäßigten nationalen Elemente
sucht, muß freilich erst abgewartet und letzteres vorerst bezweifelt werden.
Uebrigens wäre der Regierungseinfluß kaum erheblich ins Gewicht ge¬
fallen bei einer Agitation, die so gründlich betrieben und von der schließlich
fast jeder Wähler direct berührt wurde. Der seltene Eifer der Wahlbethei¬
ligung — es stimmten 80°/» ab — und die annähernd gleiche Stärke der
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