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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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man mag die Hoffnung nicht aufgeben, daß doch auch hier mehr und mehr
jener edle Ehrgeiz erwache, welcher solche Besitzer veranlaßt, auf den egoisti¬
schen Genuß des Alleinhabens zeitweilig zu verzichten, um ihre Schätze im
Museum aufbewahrt dem Gemeinwohl dienstbar zu machen.

Ausstellungsort aber für Jndustrieerzeugnisse durch die Producenten selbst
kann das Institut wohl erst in einem vorgerückteren Stadium seiner Ent¬
wickelung werden.

Man ist in diesem Augenblick dabei, die bisher gemachten Erwerbungen
in den Glasschränken der Museumssäle zu ordnen. Die Aufstellung ist so,
daß sie dem gewöhnlichen Besucher den vollen Anblick jedes einzelnen Gegen¬
standes gestattet. Aber der wesentliche Unterschied, respective Vorzug gegen
die sonst in öffentlichen Sammlungen gültige Praxis besieht darin, daß zu
Studienzwecken jedes dieser Objecte jederzeit herausgenommen werden soll,
zur eingehendsten Betrachtung, Untersuchung, Skizzirung, oder Nachbildung,
gegen welche letztere aber die von Fabrikanten ausgestellten Arbeiten selbst¬
verständlich, wo es verlangt wird, geschützt bleiben werden. Ueber die Grund¬
sätze, nach welchen die Anordnung und Abtheilung des vorhandenen Samm¬
lungsbesitzes stattfinden soll, spricht sich eine vo'n dem Vorstand herausgegebene
Broschüre folgendermaßen aus: "Soweit die auszustellenden Gegenstände der
Bearbeitung unterworfen sind, haben einzelne derselben einen inneren Zu¬
sammenhang, welcher sich im gemeinen Leben durch das Gewerbe ausdrückt,
dem die Verfertigung zugewiesen ist. Es wird empfehlenswert!) sein, diese
Zusammengehörigkeit bei der Ordnung der Gegenstände, wo es angeht, zu
berücksichtigen. Eine vollständige Ordnung nach Gewerben ist aber weder
empfehlenswert!), noch durchführbar, weil viele Gewerbe nicht natürlich von¬
einander geschieden sind, auch manche sich auf natürlichem Wege in zwei oder
mehr spalten ließen. Es wird deshalb angemessen sein, die Gewerbe wieder
zu gruppiren und höheren Einheiten unterzuordnen. Als Gesichtspunkt für
diese Eintheilung bietet sich am natürlichsten das Bedürfniß des Menschen,
welches durch die Erzeugnisse der Gewerbe Befriedigung finden soll. Inner¬
halb dieses großen Nahmens aber müssen die kleineren Abtheilungen nach den
Stoffen sich abgrenzen, welche bearbeitet werden. Denn die Gleichartigkeit
oder Verwandtschaft der Stoffe nöthigt zu einer Aehnlichkeit der Handtlne-
rungen und zu einer Gleichmäßigkeit der Stilgesetze, welche die Verwandtschaft
dieser Gewerbe mehr in die Augen springen läßt. Aus diesen beiden Gesichts¬
punkten, des Zweckes und des Stoffes, ist die von uns vorgeschlagene
Eintheilung entsprungen, von der wir hoffen, daß sie den Zwecken jeder
Sammlung, den Beschauer zu fesseln ohne zu ermüden, das Auffinden der
einzelnen Gegenstände zu erleichtern und bei der Betrachtung des Einzelnen
doch stets den Zusammenhang des Ganzen erkennen zu lassen, erfüllen wird."


man mag die Hoffnung nicht aufgeben, daß doch auch hier mehr und mehr
jener edle Ehrgeiz erwache, welcher solche Besitzer veranlaßt, auf den egoisti¬
schen Genuß des Alleinhabens zeitweilig zu verzichten, um ihre Schätze im
Museum aufbewahrt dem Gemeinwohl dienstbar zu machen.

Ausstellungsort aber für Jndustrieerzeugnisse durch die Producenten selbst
kann das Institut wohl erst in einem vorgerückteren Stadium seiner Ent¬
wickelung werden.

Man ist in diesem Augenblick dabei, die bisher gemachten Erwerbungen
in den Glasschränken der Museumssäle zu ordnen. Die Aufstellung ist so,
daß sie dem gewöhnlichen Besucher den vollen Anblick jedes einzelnen Gegen¬
standes gestattet. Aber der wesentliche Unterschied, respective Vorzug gegen
die sonst in öffentlichen Sammlungen gültige Praxis besieht darin, daß zu
Studienzwecken jedes dieser Objecte jederzeit herausgenommen werden soll,
zur eingehendsten Betrachtung, Untersuchung, Skizzirung, oder Nachbildung,
gegen welche letztere aber die von Fabrikanten ausgestellten Arbeiten selbst¬
verständlich, wo es verlangt wird, geschützt bleiben werden. Ueber die Grund¬
sätze, nach welchen die Anordnung und Abtheilung des vorhandenen Samm¬
lungsbesitzes stattfinden soll, spricht sich eine vo'n dem Vorstand herausgegebene
Broschüre folgendermaßen aus: „Soweit die auszustellenden Gegenstände der
Bearbeitung unterworfen sind, haben einzelne derselben einen inneren Zu¬
sammenhang, welcher sich im gemeinen Leben durch das Gewerbe ausdrückt,
dem die Verfertigung zugewiesen ist. Es wird empfehlenswert!) sein, diese
Zusammengehörigkeit bei der Ordnung der Gegenstände, wo es angeht, zu
berücksichtigen. Eine vollständige Ordnung nach Gewerben ist aber weder
empfehlenswert!), noch durchführbar, weil viele Gewerbe nicht natürlich von¬
einander geschieden sind, auch manche sich auf natürlichem Wege in zwei oder
mehr spalten ließen. Es wird deshalb angemessen sein, die Gewerbe wieder
zu gruppiren und höheren Einheiten unterzuordnen. Als Gesichtspunkt für
diese Eintheilung bietet sich am natürlichsten das Bedürfniß des Menschen,
welches durch die Erzeugnisse der Gewerbe Befriedigung finden soll. Inner¬
halb dieses großen Nahmens aber müssen die kleineren Abtheilungen nach den
Stoffen sich abgrenzen, welche bearbeitet werden. Denn die Gleichartigkeit
oder Verwandtschaft der Stoffe nöthigt zu einer Aehnlichkeit der Handtlne-
rungen und zu einer Gleichmäßigkeit der Stilgesetze, welche die Verwandtschaft
dieser Gewerbe mehr in die Augen springen läßt. Aus diesen beiden Gesichts¬
punkten, des Zweckes und des Stoffes, ist die von uns vorgeschlagene
Eintheilung entsprungen, von der wir hoffen, daß sie den Zwecken jeder
Sammlung, den Beschauer zu fesseln ohne zu ermüden, das Auffinden der
einzelnen Gegenstände zu erleichtern und bei der Betrachtung des Einzelnen
doch stets den Zusammenhang des Ganzen erkennen zu lassen, erfüllen wird."


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/430>, abgerufen am 01.10.2024.