Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.blieb er stehen. "Hier," sagte er, indem er auf seinen Säbel schlug, "hier ist "Vor dem Bockschen Garten in Wölsdorf hinunterwärts, links an der Wir heben aus dieser schlichten Erzählung die entscheidenden Momente hervor. Zunächst entnehmen wir derselben, daß der Prinz nicht an der Melöe der blieb er stehen. „Hier," sagte er, indem er auf seinen Säbel schlug, „hier ist „Vor dem Bockschen Garten in Wölsdorf hinunterwärts, links an der Wir heben aus dieser schlichten Erzählung die entscheidenden Momente hervor. Zunächst entnehmen wir derselben, daß der Prinz nicht an der Melöe der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0096" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191857"/> <p xml:id="ID_225" prev="#ID_224"> blieb er stehen. „Hier," sagte er, indem er auf seinen Säbel schlug, „hier ist<lb/> der Prinz gefallen." Er zeigte dabei auf den Boden an der Lehmwand unter<lb/> den heruntergelaufenen Wurzeln. Der Boden war stark mit Blut bedeckt.<lb/> „Der Prinz," sagte er, „war von mir und meinen Kameraden eingeschlossen,<lb/> nur von der Lehmwand nach einer Seite hin geschützt. Er hieb und stach wie<lb/> verzweifelt um sich, wies den ihm offerirten Pardon mit Wort und Degen zu¬<lb/> rück und drang vorzüglich aus mich ein. Nun mühte ich von meiner Waffe<lb/> ernstlichen Gebrauch machen." Er ging, den Blick fest auf die Erde gerichtet,<lb/> um die blutgetränkte Stelle und in immer weiteren Kreisen um sie herum hin<lb/> und her. Es war nicht zu verkennen, daß er dort irgend etwas suche. Auf<lb/> meine Frage, ob er etwas verloren habe, antwortete er: „Ach nein, ich be¬<lb/> trachte blos das Terrain näher." Noch einigemal sah er sich aufmerksam um,<lb/> dann ging er mit mir hierher zurück. Er blieb noch mehrere Tage hier; ich<lb/> sprach ihn öfter. Seinen Namen, den ich so oft genannt, hat mein altes Ge¬<lb/> dächtniß verloren, und ich kann daher nicht sagen, ob der von Dr. Grobe be¬<lb/> zeichnete Name „Grundel" richtig ist".</p><lb/> <p xml:id="ID_226"> „Vor dem Bockschen Garten in Wölsdorf hinunterwärts, links an der<lb/> Straße steht unter einer Linde ein Steinwürfel mit der Aufschrift: „Hier fiel<lb/> kämpfend für sein dankbares Vaterland Prinz Louis Ferdinand von Preußen<lb/> am 10. October 1806." Dieser Stein wurde 1807 von einigen preußischen<lb/> Offizieren gesetzt. Weiter hinunter, rechts an der Straße aus einer Feldspitze,<lb/> links über dem gedachten Hohlweg, jenem unglücklichen Punkte viel näher, steht<lb/> das von des Prinzen Schwester, der Fürstin Louise Radziwill später gesetzte<lb/> gußeiserne Monument. Es trägt dieselbe Aufschrift wie der Stein von 1807,<lb/> nur mit Hinweglassung des dort gebrauchten Wortes „dankbares". Der aus<lb/> dem Monument in meisterhaften Guß dargestellte Genius winkt mit dem rech¬<lb/> ten Zeigefinger links nach der Hohle hinunter. Folgt man diesem Wink und<lb/> ziehet nach seiner Richtung eine gerade Linie über die Feldspitze und den Hohl¬<lb/> weg hinunterwärts bis an die Abscheidung der Hohle durch die senkrechte Lehm¬<lb/> wand rechts, dann befindet man sich gerade auf dem Punkte, auf welchem der<lb/> Prinz gefallen ist."</p><lb/> <p xml:id="ID_227"> Wir heben aus dieser schlichten Erzählung die entscheidenden Momente hervor.</p><lb/> <p xml:id="ID_228" next="#ID_229"> Zunächst entnehmen wir derselben, daß der Prinz nicht an der Melöe der<lb/> Cavallerie Theil nahm, sondern in einem gegen Reiter gedeckten Obstgarten<lb/> ohne Zweifel hinter den Schützen des Regiments Kurfürst sich aufhielt und Be¬<lb/> fehle ertheilte. Als er sah, daß die Reiterei an dem Garten vorbeistürmte, ritt<lb/> er hinaus und quer über die Straße auf die dahinterliegende Wiese zu. Wo¬<lb/> hin? In denjenigen Darstellungen, welche den Prinzen flüchten lassen, scheint</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0096]
blieb er stehen. „Hier," sagte er, indem er auf seinen Säbel schlug, „hier ist
der Prinz gefallen." Er zeigte dabei auf den Boden an der Lehmwand unter
den heruntergelaufenen Wurzeln. Der Boden war stark mit Blut bedeckt.
„Der Prinz," sagte er, „war von mir und meinen Kameraden eingeschlossen,
nur von der Lehmwand nach einer Seite hin geschützt. Er hieb und stach wie
verzweifelt um sich, wies den ihm offerirten Pardon mit Wort und Degen zu¬
rück und drang vorzüglich aus mich ein. Nun mühte ich von meiner Waffe
ernstlichen Gebrauch machen." Er ging, den Blick fest auf die Erde gerichtet,
um die blutgetränkte Stelle und in immer weiteren Kreisen um sie herum hin
und her. Es war nicht zu verkennen, daß er dort irgend etwas suche. Auf
meine Frage, ob er etwas verloren habe, antwortete er: „Ach nein, ich be¬
trachte blos das Terrain näher." Noch einigemal sah er sich aufmerksam um,
dann ging er mit mir hierher zurück. Er blieb noch mehrere Tage hier; ich
sprach ihn öfter. Seinen Namen, den ich so oft genannt, hat mein altes Ge¬
dächtniß verloren, und ich kann daher nicht sagen, ob der von Dr. Grobe be¬
zeichnete Name „Grundel" richtig ist".
„Vor dem Bockschen Garten in Wölsdorf hinunterwärts, links an der
Straße steht unter einer Linde ein Steinwürfel mit der Aufschrift: „Hier fiel
kämpfend für sein dankbares Vaterland Prinz Louis Ferdinand von Preußen
am 10. October 1806." Dieser Stein wurde 1807 von einigen preußischen
Offizieren gesetzt. Weiter hinunter, rechts an der Straße aus einer Feldspitze,
links über dem gedachten Hohlweg, jenem unglücklichen Punkte viel näher, steht
das von des Prinzen Schwester, der Fürstin Louise Radziwill später gesetzte
gußeiserne Monument. Es trägt dieselbe Aufschrift wie der Stein von 1807,
nur mit Hinweglassung des dort gebrauchten Wortes „dankbares". Der aus
dem Monument in meisterhaften Guß dargestellte Genius winkt mit dem rech¬
ten Zeigefinger links nach der Hohle hinunter. Folgt man diesem Wink und
ziehet nach seiner Richtung eine gerade Linie über die Feldspitze und den Hohl¬
weg hinunterwärts bis an die Abscheidung der Hohle durch die senkrechte Lehm¬
wand rechts, dann befindet man sich gerade auf dem Punkte, auf welchem der
Prinz gefallen ist."
Wir heben aus dieser schlichten Erzählung die entscheidenden Momente hervor.
Zunächst entnehmen wir derselben, daß der Prinz nicht an der Melöe der
Cavallerie Theil nahm, sondern in einem gegen Reiter gedeckten Obstgarten
ohne Zweifel hinter den Schützen des Regiments Kurfürst sich aufhielt und Be¬
fehle ertheilte. Als er sah, daß die Reiterei an dem Garten vorbeistürmte, ritt
er hinaus und quer über die Straße auf die dahinterliegende Wiese zu. Wo¬
hin? In denjenigen Darstellungen, welche den Prinzen flüchten lassen, scheint
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