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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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m überwiesen. Soll einmal das Prinzip der Einkommensteuer aufrecht erhalten
werden, so dünkt ihm das Beste, das Gesamteinkommen eines Jeden nicht
nach der Verschiedenheit seiner Quellen zu zerlegen, sondern eine einzige all¬
gemeine Einkommensteuer an die Stelle der bisher genannten Schätzun¬
gen zu sehen. So allein, meint er, würde eine große Menge unausbleiblicher
Ungerechtigkeiten vermieden und der ungeheure Verwaltungsapparat der gegen¬
wärtigen Finanzwirthschaft um ein Bedeutendes vereinfacht werden können. Der
Vorschlag ist nicht neu, die Wissenschaft hat ihn längst nach seiner unberechen¬
baren Wichtigkeit gewürdigt, allein die anerkanntesten Autoritäten haben sich
gegen ihn entschieden. Freilich der Standpunkt der Beurtheilung, welchen sie
einnehmen, ist ein Von dem unseres Verfassers durchaus verschiedener. Dieser
berücksichtigt die Vorzüge der allgemeinen einzigen Einkommensteuer im Ver¬
gleich zu der bisher üblich gewesenen Finanzpraxis in ihrer ganzen Plan-
und Gewissenlosigkeit. Jene dagegen -- wie z. B. Rau und Umpfenbach
-- wägen die gepriesenen Vortheile gegenüber den zu erwartenden Wirkungen
eines auf durchaus wissenschaftlicher Basis erbauten correcten Systems von
Steuern, und wir stimmen ihnen bei, wenn sie die einfachere Methode zu
Gunsten der letzteren verwerfen. Daß die Abschätzung eines Gcsammteinkvm-
mens auch nur entfernt Anspruch auf Nichtigkeit erheben könnte, ohne sich
wieder ans Abschätzungen seiner einzelnen Zweige zusammenzusetzen, ist nicht
zu erwarten.

Soweit die Beschatzung nach dem Einkommen. Obgleich dieses Prinzip von
der Praxis längst in Anwendung gebracht ist, find doch in einzelnen Staaten der
Schweiz und der nordamerikanischen Union noch Vcrmvgensstencrn anzu¬
treffen. Sie geben Pfeiffer Veranlassung, in einem besondern Capitel das
Wesen dieser Steuerart zu ergründen und ihre überwiegenden Schattenseiten
zu constatiren.

Es ist nicht zu verkennen, Irrthümer und allerlei' Unebenheiten werden
bei der Beschatzung des Einkommens nicht zu umgehen sein. Indeß ist noch
ein anderer Weg denkbar, die Steuerfähigkeit zu erkunden und zu erfassen:
das reine Einkommen wird sich documentiren in den aus ihm vorgenommenen
Verwendungen. Eine Besteuerung dieser Verwendungen würde folgerecht eben
nichts Anderes, als das reine Einkommen belasten. Freilich liegt auf der
Hand, daß bei der großentheils ganz willkürlichen Verfügung des Einzelnen
über die Summen seiner Verwendungen eine Finanzwirthschaft, die ihren Be¬
darf ausschließlich durch eine Belegung eben dieser zu decke" beabsichtigte, auf
höchst schwankender Grundlage beruhen würde, insofern sich nämlich mit nur
sehr geringer Wahrscheinlichkeit die Größe des für eine bestimmte Periode zu
erwartenden Erträgnisses feststellen ließe. Die Schätzungen -- da sie als Ne-
partitionssteucrn eine große Sicherheit gewähren -- verdienen nach dieser Seite


m überwiesen. Soll einmal das Prinzip der Einkommensteuer aufrecht erhalten
werden, so dünkt ihm das Beste, das Gesamteinkommen eines Jeden nicht
nach der Verschiedenheit seiner Quellen zu zerlegen, sondern eine einzige all¬
gemeine Einkommensteuer an die Stelle der bisher genannten Schätzun¬
gen zu sehen. So allein, meint er, würde eine große Menge unausbleiblicher
Ungerechtigkeiten vermieden und der ungeheure Verwaltungsapparat der gegen¬
wärtigen Finanzwirthschaft um ein Bedeutendes vereinfacht werden können. Der
Vorschlag ist nicht neu, die Wissenschaft hat ihn längst nach seiner unberechen¬
baren Wichtigkeit gewürdigt, allein die anerkanntesten Autoritäten haben sich
gegen ihn entschieden. Freilich der Standpunkt der Beurtheilung, welchen sie
einnehmen, ist ein Von dem unseres Verfassers durchaus verschiedener. Dieser
berücksichtigt die Vorzüge der allgemeinen einzigen Einkommensteuer im Ver¬
gleich zu der bisher üblich gewesenen Finanzpraxis in ihrer ganzen Plan-
und Gewissenlosigkeit. Jene dagegen — wie z. B. Rau und Umpfenbach
— wägen die gepriesenen Vortheile gegenüber den zu erwartenden Wirkungen
eines auf durchaus wissenschaftlicher Basis erbauten correcten Systems von
Steuern, und wir stimmen ihnen bei, wenn sie die einfachere Methode zu
Gunsten der letzteren verwerfen. Daß die Abschätzung eines Gcsammteinkvm-
mens auch nur entfernt Anspruch auf Nichtigkeit erheben könnte, ohne sich
wieder ans Abschätzungen seiner einzelnen Zweige zusammenzusetzen, ist nicht
zu erwarten.

Soweit die Beschatzung nach dem Einkommen. Obgleich dieses Prinzip von
der Praxis längst in Anwendung gebracht ist, find doch in einzelnen Staaten der
Schweiz und der nordamerikanischen Union noch Vcrmvgensstencrn anzu¬
treffen. Sie geben Pfeiffer Veranlassung, in einem besondern Capitel das
Wesen dieser Steuerart zu ergründen und ihre überwiegenden Schattenseiten
zu constatiren.

Es ist nicht zu verkennen, Irrthümer und allerlei' Unebenheiten werden
bei der Beschatzung des Einkommens nicht zu umgehen sein. Indeß ist noch
ein anderer Weg denkbar, die Steuerfähigkeit zu erkunden und zu erfassen:
das reine Einkommen wird sich documentiren in den aus ihm vorgenommenen
Verwendungen. Eine Besteuerung dieser Verwendungen würde folgerecht eben
nichts Anderes, als das reine Einkommen belasten. Freilich liegt auf der
Hand, daß bei der großentheils ganz willkürlichen Verfügung des Einzelnen
über die Summen seiner Verwendungen eine Finanzwirthschaft, die ihren Be¬
darf ausschließlich durch eine Belegung eben dieser zu decke» beabsichtigte, auf
höchst schwankender Grundlage beruhen würde, insofern sich nämlich mit nur
sehr geringer Wahrscheinlichkeit die Größe des für eine bestimmte Periode zu
erwartenden Erträgnisses feststellen ließe. Die Schätzungen — da sie als Ne-
partitionssteucrn eine große Sicherheit gewähren — verdienen nach dieser Seite


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/500>, abgerufen am 20.10.2024.