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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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Wegen der Höhe des Bergelohns muß natürlich auch für diesen Fall das
Obige gelten.

Das Betreten eines auch von der Mannschaft verlassenen gestrandeten
Schiffes und das Bergen daraus ohne ausdrücklichen Auftrag des Eigenthü-
mers, beziehungsweise dessen Vertreters, muß natürlich verboten und eventuell
als Diebstahl streng geahndet werden. Eine wirksame Controle würde leicht
durch die überall vorhandenen Zollkreuzer und ein für gewisse Districte mit
eventueller Unterstützung beauftragtes Kanonenboot hergestellt werden können.

Sollte bet solcher Einrichtung wirklich auch die Bergung sich einmal etwas
gegen jetzt verzögern und sollten dadurch einige Waaren mehr beschädigt werden
oder verloren gehen, auf den Nationalwohlstand kann das keinen Einfluß haben,
und der Verlust, der den Rheder dadurch trifft, wird mehr als aufgewogen
durch den Gewinn an Bergekosten.

Vor allem aber wird dann endlich die Strandbcvölkerung aufhören, die
Strandungen als einen Gottessegen zu betrachten und nicht mehr durch den
leichten unverhältnißmäßigen Gewinn des Bergelohns abgelenkt werden von
anderer Arbeit. Wird dann noch der Mannschaft der Rettungsboote außer
einer reichlichen Bezahlung für jede Nettungsfahrt eine ansehnliche Prämie
für jedes gerettete Menschenleben bewilligt, so wird auch in materieller Be-
ziehung der reichliche Lohn der Rettung ebenso zu dieser anspornen, wie bis¬
lang der Bergelohn zur Bergung.

Und darauf kommt es an, auch in den Augen der Strandbcvölkerung die
Rettung der Menschen in den Vordergrund treten zu lassen vor der Bergung
der Sachen. Sicher und dauernd aber wird dies nur dadurch erreicht werden,
daß die erstere auch zu der lohnenderen Arbeit gemacht wird.

Das Rettungsboot, das nur auf Rudern eingerichtet und meist schwer zu
handhaben ist, dessen Mannschaft selbstredend ihr Boot nicht verlassen darf, wird
nur selten in die Lage kommen, das gefährdete Schiff auch behufs des Bergens
zuerst zu besetzen. Ein im Jahre 1837 angeschafftes Rettungsboot auf der
Insel Norderney hat bis zum Jahre 18S5, wo es als unnütz wieder verkauft
wurde, auch nicht ein einziges Menschenleben gerettet und nicht ein einziges
Schiff behufs des Bergens zuerst besetzen können: nicht weniger als 8 Mal
aber ist es zu spät gekommen, weil inzwischen andre durch die Aussicht auf
hohen Bergelohn gelockte raschere Fahrzeuge das gestrandete Schiff bereits be¬
setzt hatten; dreimal ist dabei allerdings ein Theil der gefährdeten Mannschaft
beim Ueberspringen in die zur Rettung nicht geeigneten Schiffe vor den Augen
des Rettungsboots ertrunken.

Ist nun auch durch das A. D. Hand. Geh. B. den Rettern gleicher Antheil
an dem Bergelohn Mieder Bcrgern versprochen, so ist dafür das Nettungsamt
in der Regel gefährlich, das Bergen nicht, und da die Extrabelohnung für das


Wegen der Höhe des Bergelohns muß natürlich auch für diesen Fall das
Obige gelten.

Das Betreten eines auch von der Mannschaft verlassenen gestrandeten
Schiffes und das Bergen daraus ohne ausdrücklichen Auftrag des Eigenthü-
mers, beziehungsweise dessen Vertreters, muß natürlich verboten und eventuell
als Diebstahl streng geahndet werden. Eine wirksame Controle würde leicht
durch die überall vorhandenen Zollkreuzer und ein für gewisse Districte mit
eventueller Unterstützung beauftragtes Kanonenboot hergestellt werden können.

Sollte bet solcher Einrichtung wirklich auch die Bergung sich einmal etwas
gegen jetzt verzögern und sollten dadurch einige Waaren mehr beschädigt werden
oder verloren gehen, auf den Nationalwohlstand kann das keinen Einfluß haben,
und der Verlust, der den Rheder dadurch trifft, wird mehr als aufgewogen
durch den Gewinn an Bergekosten.

Vor allem aber wird dann endlich die Strandbcvölkerung aufhören, die
Strandungen als einen Gottessegen zu betrachten und nicht mehr durch den
leichten unverhältnißmäßigen Gewinn des Bergelohns abgelenkt werden von
anderer Arbeit. Wird dann noch der Mannschaft der Rettungsboote außer
einer reichlichen Bezahlung für jede Nettungsfahrt eine ansehnliche Prämie
für jedes gerettete Menschenleben bewilligt, so wird auch in materieller Be-
ziehung der reichliche Lohn der Rettung ebenso zu dieser anspornen, wie bis¬
lang der Bergelohn zur Bergung.

Und darauf kommt es an, auch in den Augen der Strandbcvölkerung die
Rettung der Menschen in den Vordergrund treten zu lassen vor der Bergung
der Sachen. Sicher und dauernd aber wird dies nur dadurch erreicht werden,
daß die erstere auch zu der lohnenderen Arbeit gemacht wird.

Das Rettungsboot, das nur auf Rudern eingerichtet und meist schwer zu
handhaben ist, dessen Mannschaft selbstredend ihr Boot nicht verlassen darf, wird
nur selten in die Lage kommen, das gefährdete Schiff auch behufs des Bergens
zuerst zu besetzen. Ein im Jahre 1837 angeschafftes Rettungsboot auf der
Insel Norderney hat bis zum Jahre 18S5, wo es als unnütz wieder verkauft
wurde, auch nicht ein einziges Menschenleben gerettet und nicht ein einziges
Schiff behufs des Bergens zuerst besetzen können: nicht weniger als 8 Mal
aber ist es zu spät gekommen, weil inzwischen andre durch die Aussicht auf
hohen Bergelohn gelockte raschere Fahrzeuge das gestrandete Schiff bereits be¬
setzt hatten; dreimal ist dabei allerdings ein Theil der gefährdeten Mannschaft
beim Ueberspringen in die zur Rettung nicht geeigneten Schiffe vor den Augen
des Rettungsboots ertrunken.

Ist nun auch durch das A. D. Hand. Geh. B. den Rettern gleicher Antheil
an dem Bergelohn Mieder Bcrgern versprochen, so ist dafür das Nettungsamt
in der Regel gefährlich, das Bergen nicht, und da die Extrabelohnung für das


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[0430] Wegen der Höhe des Bergelohns muß natürlich auch für diesen Fall das Obige gelten. Das Betreten eines auch von der Mannschaft verlassenen gestrandeten Schiffes und das Bergen daraus ohne ausdrücklichen Auftrag des Eigenthü- mers, beziehungsweise dessen Vertreters, muß natürlich verboten und eventuell als Diebstahl streng geahndet werden. Eine wirksame Controle würde leicht durch die überall vorhandenen Zollkreuzer und ein für gewisse Districte mit eventueller Unterstützung beauftragtes Kanonenboot hergestellt werden können. Sollte bet solcher Einrichtung wirklich auch die Bergung sich einmal etwas gegen jetzt verzögern und sollten dadurch einige Waaren mehr beschädigt werden oder verloren gehen, auf den Nationalwohlstand kann das keinen Einfluß haben, und der Verlust, der den Rheder dadurch trifft, wird mehr als aufgewogen durch den Gewinn an Bergekosten. Vor allem aber wird dann endlich die Strandbcvölkerung aufhören, die Strandungen als einen Gottessegen zu betrachten und nicht mehr durch den leichten unverhältnißmäßigen Gewinn des Bergelohns abgelenkt werden von anderer Arbeit. Wird dann noch der Mannschaft der Rettungsboote außer einer reichlichen Bezahlung für jede Nettungsfahrt eine ansehnliche Prämie für jedes gerettete Menschenleben bewilligt, so wird auch in materieller Be- ziehung der reichliche Lohn der Rettung ebenso zu dieser anspornen, wie bis¬ lang der Bergelohn zur Bergung. Und darauf kommt es an, auch in den Augen der Strandbcvölkerung die Rettung der Menschen in den Vordergrund treten zu lassen vor der Bergung der Sachen. Sicher und dauernd aber wird dies nur dadurch erreicht werden, daß die erstere auch zu der lohnenderen Arbeit gemacht wird. Das Rettungsboot, das nur auf Rudern eingerichtet und meist schwer zu handhaben ist, dessen Mannschaft selbstredend ihr Boot nicht verlassen darf, wird nur selten in die Lage kommen, das gefährdete Schiff auch behufs des Bergens zuerst zu besetzen. Ein im Jahre 1837 angeschafftes Rettungsboot auf der Insel Norderney hat bis zum Jahre 18S5, wo es als unnütz wieder verkauft wurde, auch nicht ein einziges Menschenleben gerettet und nicht ein einziges Schiff behufs des Bergens zuerst besetzen können: nicht weniger als 8 Mal aber ist es zu spät gekommen, weil inzwischen andre durch die Aussicht auf hohen Bergelohn gelockte raschere Fahrzeuge das gestrandete Schiff bereits be¬ setzt hatten; dreimal ist dabei allerdings ein Theil der gefährdeten Mannschaft beim Ueberspringen in die zur Rettung nicht geeigneten Schiffe vor den Augen des Rettungsboots ertrunken. Ist nun auch durch das A. D. Hand. Geh. B. den Rettern gleicher Antheil an dem Bergelohn Mieder Bcrgern versprochen, so ist dafür das Nettungsamt in der Regel gefährlich, das Bergen nicht, und da die Extrabelohnung für das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/430>, abgerufen am 19.10.2024.