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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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ner Congreß, Grafen E- F. H. Münster, als interessante Beiträge zur Ge¬
schichte jener Periode anreihen. -- Hier werden am besten auch H. Gölis
"Kulturbilder aus Hellas und Rom", deren 3. Band vorliegt, und A. Danz'
Vorträge "Aus Rom und Byzanz" erwähnt, ebenso wie die anonym erschiene¬
nen "Geschichtlichen und naturgeschichtlichen Lebensbilder".

Auf dem Gebiete der Memoiren-Literatur. der Monographien und Bio¬
graphien ist manch interessantes Buch zu nennen. In frühere Zeiten steigen
die monographischen Skizzen "Aquileja's Patriarchengräber" hinab, während
I. Hermens vom "Orden zum heiligen Grabe" handelt; Gregorovius gab den
sechsten starken Band seiner "Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter" und
1. G. Kohl lieferte ein Büchlein über "die Pilgerfahrt des Landgrafen Wilhelm
des Tapferen von Thüringen zum beiligen Lande im Jahr 1461", I. G. Leh-
mann schrieb eine "kurze urkundliche Geschichte des gräflich zweybrückischen
Hauses", Dochnahl eine "Chronik von Neustadt a. H.". während G. Schmidt
den Reformator Thüringens, Jusius Menius, nach archivalischen und anderen
Quellen schildert. -- Auch dieses mal ist wieder der Name Gentz zu nennen.
Zunächst sind es seine Briefe an Pilat. die Mendelssohn-Bartholdy als
Beitrag zur Geschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert herauszugeben begann.
Der erste Band liegt vor. Pilat, der vor 2 Jahren als k. k. Regierungsrath
in Wien starb, damals Redacteur des Oestreichischen Beobachters und Gentz'
Vertrauter, war die Adresse, welcher der geniale Staatsmann als Freund aus-
Plauderte, was der Diplomat verschweigen mußte. Auch der Chemie hat in
diesem Falle die Geschichte Dank zu sagen. Denn mit ihrer Hilfe verschwan-
den die vom früheren Besitzer unbefugter Weise vorgenommenen Correcturen,
um die ursprüngliche Schrift hervortreten zu lassen. Das andere an diesen
Namen sich knüpfende Werk heißt "Aus dem Nachlasse von Fr. Gentz", dessen
2. Band. Denkschriften, vor kurzem erschien. -- Zur Memoirenliteratur zählen
noch Hoffmann von Fallerslebens "Mein Leben. Aufzeichnungen und Er-
innerungen". deren 3 bis jetzt vollendete Bände bis zum Jahr 1842 reichen.

Am besten werden hier die 3 letzten Bände (5--7, Band) von Kaiser Maxi¬
milians "Aus meinem Leben" erwähnt, die vor kurzem zur Ausgabe gelangten,
während der 1--4. Band in zweiter Auflage vorliegen. Auch jene enthalten
Reiseskizzen, so z, B.: Ueber die Linie, aus Bahia u. a. Daneben aber auch
Aphorismen und Gedichte. Eigenthümlich muthet es an. in ihnen zu blättern.
Es ist ein trauriges Verhängniß. klaren Geistes zu sein und doch nicht dem
nachzuleben, was man als eigene Ueberzeugung niederschrieb. So lesen wir:
"Eine Regierung, die nicht die Stimme der Regierten hören will und kann,
ist faul und gehet ihrem raschen Untergang entgegen." Und welch seltsame
Ironie des Schicksals gegenüber den Worten:


ner Congreß, Grafen E- F. H. Münster, als interessante Beiträge zur Ge¬
schichte jener Periode anreihen. — Hier werden am besten auch H. Gölis
„Kulturbilder aus Hellas und Rom", deren 3. Band vorliegt, und A. Danz'
Vorträge „Aus Rom und Byzanz" erwähnt, ebenso wie die anonym erschiene¬
nen „Geschichtlichen und naturgeschichtlichen Lebensbilder".

Auf dem Gebiete der Memoiren-Literatur. der Monographien und Bio¬
graphien ist manch interessantes Buch zu nennen. In frühere Zeiten steigen
die monographischen Skizzen „Aquileja's Patriarchengräber" hinab, während
I. Hermens vom „Orden zum heiligen Grabe" handelt; Gregorovius gab den
sechsten starken Band seiner „Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter" und
1. G. Kohl lieferte ein Büchlein über „die Pilgerfahrt des Landgrafen Wilhelm
des Tapferen von Thüringen zum beiligen Lande im Jahr 1461", I. G. Leh-
mann schrieb eine „kurze urkundliche Geschichte des gräflich zweybrückischen
Hauses", Dochnahl eine „Chronik von Neustadt a. H.". während G. Schmidt
den Reformator Thüringens, Jusius Menius, nach archivalischen und anderen
Quellen schildert. — Auch dieses mal ist wieder der Name Gentz zu nennen.
Zunächst sind es seine Briefe an Pilat. die Mendelssohn-Bartholdy als
Beitrag zur Geschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert herauszugeben begann.
Der erste Band liegt vor. Pilat, der vor 2 Jahren als k. k. Regierungsrath
in Wien starb, damals Redacteur des Oestreichischen Beobachters und Gentz'
Vertrauter, war die Adresse, welcher der geniale Staatsmann als Freund aus-
Plauderte, was der Diplomat verschweigen mußte. Auch der Chemie hat in
diesem Falle die Geschichte Dank zu sagen. Denn mit ihrer Hilfe verschwan-
den die vom früheren Besitzer unbefugter Weise vorgenommenen Correcturen,
um die ursprüngliche Schrift hervortreten zu lassen. Das andere an diesen
Namen sich knüpfende Werk heißt „Aus dem Nachlasse von Fr. Gentz", dessen
2. Band. Denkschriften, vor kurzem erschien. — Zur Memoirenliteratur zählen
noch Hoffmann von Fallerslebens „Mein Leben. Aufzeichnungen und Er-
innerungen". deren 3 bis jetzt vollendete Bände bis zum Jahr 1842 reichen.

Am besten werden hier die 3 letzten Bände (5—7, Band) von Kaiser Maxi¬
milians „Aus meinem Leben" erwähnt, die vor kurzem zur Ausgabe gelangten,
während der 1—4. Band in zweiter Auflage vorliegen. Auch jene enthalten
Reiseskizzen, so z, B.: Ueber die Linie, aus Bahia u. a. Daneben aber auch
Aphorismen und Gedichte. Eigenthümlich muthet es an. in ihnen zu blättern.
Es ist ein trauriges Verhängniß. klaren Geistes zu sein und doch nicht dem
nachzuleben, was man als eigene Ueberzeugung niederschrieb. So lesen wir:
«Eine Regierung, die nicht die Stimme der Regierten hören will und kann,
ist faul und gehet ihrem raschen Untergang entgegen." Und welch seltsame
Ironie des Schicksals gegenüber den Worten:


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[0351] ner Congreß, Grafen E- F. H. Münster, als interessante Beiträge zur Ge¬ schichte jener Periode anreihen. — Hier werden am besten auch H. Gölis „Kulturbilder aus Hellas und Rom", deren 3. Band vorliegt, und A. Danz' Vorträge „Aus Rom und Byzanz" erwähnt, ebenso wie die anonym erschiene¬ nen „Geschichtlichen und naturgeschichtlichen Lebensbilder". Auf dem Gebiete der Memoiren-Literatur. der Monographien und Bio¬ graphien ist manch interessantes Buch zu nennen. In frühere Zeiten steigen die monographischen Skizzen „Aquileja's Patriarchengräber" hinab, während I. Hermens vom „Orden zum heiligen Grabe" handelt; Gregorovius gab den sechsten starken Band seiner „Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter" und 1. G. Kohl lieferte ein Büchlein über „die Pilgerfahrt des Landgrafen Wilhelm des Tapferen von Thüringen zum beiligen Lande im Jahr 1461", I. G. Leh- mann schrieb eine „kurze urkundliche Geschichte des gräflich zweybrückischen Hauses", Dochnahl eine „Chronik von Neustadt a. H.". während G. Schmidt den Reformator Thüringens, Jusius Menius, nach archivalischen und anderen Quellen schildert. — Auch dieses mal ist wieder der Name Gentz zu nennen. Zunächst sind es seine Briefe an Pilat. die Mendelssohn-Bartholdy als Beitrag zur Geschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert herauszugeben begann. Der erste Band liegt vor. Pilat, der vor 2 Jahren als k. k. Regierungsrath in Wien starb, damals Redacteur des Oestreichischen Beobachters und Gentz' Vertrauter, war die Adresse, welcher der geniale Staatsmann als Freund aus- Plauderte, was der Diplomat verschweigen mußte. Auch der Chemie hat in diesem Falle die Geschichte Dank zu sagen. Denn mit ihrer Hilfe verschwan- den die vom früheren Besitzer unbefugter Weise vorgenommenen Correcturen, um die ursprüngliche Schrift hervortreten zu lassen. Das andere an diesen Namen sich knüpfende Werk heißt „Aus dem Nachlasse von Fr. Gentz", dessen 2. Band. Denkschriften, vor kurzem erschien. — Zur Memoirenliteratur zählen noch Hoffmann von Fallerslebens „Mein Leben. Aufzeichnungen und Er- innerungen". deren 3 bis jetzt vollendete Bände bis zum Jahr 1842 reichen. Am besten werden hier die 3 letzten Bände (5—7, Band) von Kaiser Maxi¬ milians „Aus meinem Leben" erwähnt, die vor kurzem zur Ausgabe gelangten, während der 1—4. Band in zweiter Auflage vorliegen. Auch jene enthalten Reiseskizzen, so z, B.: Ueber die Linie, aus Bahia u. a. Daneben aber auch Aphorismen und Gedichte. Eigenthümlich muthet es an. in ihnen zu blättern. Es ist ein trauriges Verhängniß. klaren Geistes zu sein und doch nicht dem nachzuleben, was man als eigene Ueberzeugung niederschrieb. So lesen wir: «Eine Regierung, die nicht die Stimme der Regierten hören will und kann, ist faul und gehet ihrem raschen Untergang entgegen." Und welch seltsame Ironie des Schicksals gegenüber den Worten:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/351>, abgerufen am 20.10.2024.