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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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durch Epoche machende Werke z. B. den Bau des Pantheon, (von welchem mehre
antike Nachahmungen in Rom selbst sich noch erhalten haben) verursacht Seen.
sind sorgfältigst aufzusuchen und nachzuweisen. Ferner ist zu ergründen, in
welcher Weise die Architektur in den Provinzen von denen der Hauptstadt,
welcher sie doch nachahmten, abweichen, endlich welches Schicksal die römischen
Bauten während der Zeit des Mittelalters bis auf unsere Tage gehabt haben.
Daß die Werke von Kugler (noch am besten, weil sie auf Hirt beruhen) Luvte,
Reder, Friedrichs :c., welche nur eine Zusammenstellung und mehr oder
weniger sachgemäße, meist nur kurze Besprechungen der hervorragendsten und
bekanntesten Baudenkmale gaben, eine Geschichte der Baukunst in diesem Sinne
nicht sind und sein wollen, sieht jeder Kundige. Aber die besten dieser Com-
pendien machen das Verlangen nach einer Geschichte der römischen Baukunst,
welche als die Mutter der während vier Jahrhunderten die ganze Welt beherr¬
schenden Renaissance von besonders hoher Wichtigkeit ist, um so reger.

Um zu dem gewünschten Ziele zu gelangen, scheint es vortheilhaft, mit
einer tiefer eindringenden Bearbeitung der Denkmale aus den ältesten Zeiten
zu beginnen, von welchen verschiedene, sehr wichtige Ueberreste erst vor kur¬
zem ans Licht gekommen sind. Die ältesten Verhältnisse sind die einfachsten,
die Constructionen noch primitiv, aber es hat auch hier seine eigenthümlichen
Schwierigkeiten, aus unseren complicirten Verhältnissen sich in diejenigen so
früher Entwickelungsperioden zurück zu versetzen. Daher kommt es denn, daß
z.B. die Art und Weise der Befestigung der ältesten Städte nur sehr selten richtig
verstanden worden ist, obgleich die Dinge seit Jahrhunderten klar vor aller Augen
liegen, und in Latium z. B. die einfachsten sind, die man sich denken kann.
Die Befestigung der ältesten, stets auf Bergen erbauten Städte Mittelitaliens,
bestand eben in den von Natur schroffen Felswänden, bei welchen nur an ein¬
zelnen Theile" die Kunst ein wenig nachzuhelfen hatte. Wo die Natur diese
Verhältnisse nicht bot, suchte man sie auf künstlichem Wege durch Anlage von
Futtermauern u. tgi. nachzuahmen. Ein längs der Anhöhe aufsteigender, daher
von der Höhe selbst leicht zu vertheidigender Clivus bildete den einzigen Zu¬
gang zu solchen Städten. Das ist alles. Abeken hat in seinem treff¬
lichen Buch- "Mittelitalien vor den Zeiten römischer Herrschaft" schon auf
diese Verhältnisse hingewiesen, ohne daß man später davon den rechten Gebrauch
gemacht hätte. -- Die älteste Stadt Rom bestand aus fünf solcher einzelnen,
nahe bei einander belegenen Bergstädten, Palatin, Capitol, Quinnal, Caelius
und Aventin, welche durch tiefe Thäler und Sümpfe von einander getrennt
waren. Jede dieser Städte war einzeln befestigt; anfangs befehdeten sie sich
untereinander. Als sie sich aber verbunden, beschloß man (der Sage nach unter
Tarquinius Priscus), diese fünf Städte mit einer gemeinsamen Befestigung zu ver-
leben, sie also zu einer einzigen Stadt zu vereinige". Man verband also


durch Epoche machende Werke z. B. den Bau des Pantheon, (von welchem mehre
antike Nachahmungen in Rom selbst sich noch erhalten haben) verursacht Seen.
sind sorgfältigst aufzusuchen und nachzuweisen. Ferner ist zu ergründen, in
welcher Weise die Architektur in den Provinzen von denen der Hauptstadt,
welcher sie doch nachahmten, abweichen, endlich welches Schicksal die römischen
Bauten während der Zeit des Mittelalters bis auf unsere Tage gehabt haben.
Daß die Werke von Kugler (noch am besten, weil sie auf Hirt beruhen) Luvte,
Reder, Friedrichs :c., welche nur eine Zusammenstellung und mehr oder
weniger sachgemäße, meist nur kurze Besprechungen der hervorragendsten und
bekanntesten Baudenkmale gaben, eine Geschichte der Baukunst in diesem Sinne
nicht sind und sein wollen, sieht jeder Kundige. Aber die besten dieser Com-
pendien machen das Verlangen nach einer Geschichte der römischen Baukunst,
welche als die Mutter der während vier Jahrhunderten die ganze Welt beherr¬
schenden Renaissance von besonders hoher Wichtigkeit ist, um so reger.

Um zu dem gewünschten Ziele zu gelangen, scheint es vortheilhaft, mit
einer tiefer eindringenden Bearbeitung der Denkmale aus den ältesten Zeiten
zu beginnen, von welchen verschiedene, sehr wichtige Ueberreste erst vor kur¬
zem ans Licht gekommen sind. Die ältesten Verhältnisse sind die einfachsten,
die Constructionen noch primitiv, aber es hat auch hier seine eigenthümlichen
Schwierigkeiten, aus unseren complicirten Verhältnissen sich in diejenigen so
früher Entwickelungsperioden zurück zu versetzen. Daher kommt es denn, daß
z.B. die Art und Weise der Befestigung der ältesten Städte nur sehr selten richtig
verstanden worden ist, obgleich die Dinge seit Jahrhunderten klar vor aller Augen
liegen, und in Latium z. B. die einfachsten sind, die man sich denken kann.
Die Befestigung der ältesten, stets auf Bergen erbauten Städte Mittelitaliens,
bestand eben in den von Natur schroffen Felswänden, bei welchen nur an ein¬
zelnen Theile» die Kunst ein wenig nachzuhelfen hatte. Wo die Natur diese
Verhältnisse nicht bot, suchte man sie auf künstlichem Wege durch Anlage von
Futtermauern u. tgi. nachzuahmen. Ein längs der Anhöhe aufsteigender, daher
von der Höhe selbst leicht zu vertheidigender Clivus bildete den einzigen Zu¬
gang zu solchen Städten. Das ist alles. Abeken hat in seinem treff¬
lichen Buch- „Mittelitalien vor den Zeiten römischer Herrschaft" schon auf
diese Verhältnisse hingewiesen, ohne daß man später davon den rechten Gebrauch
gemacht hätte. — Die älteste Stadt Rom bestand aus fünf solcher einzelnen,
nahe bei einander belegenen Bergstädten, Palatin, Capitol, Quinnal, Caelius
und Aventin, welche durch tiefe Thäler und Sümpfe von einander getrennt
waren. Jede dieser Städte war einzeln befestigt; anfangs befehdeten sie sich
untereinander. Als sie sich aber verbunden, beschloß man (der Sage nach unter
Tarquinius Priscus), diese fünf Städte mit einer gemeinsamen Befestigung zu ver-
leben, sie also zu einer einzigen Stadt zu vereinige». Man verband also


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/20>, abgerufen am 19.10.2024.