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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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niedrigen Takellage von drei Masten mit einem Gaffelsegel an jedem, und kur¬
zem Bugspriet ist ein Schiff von solcher Vorzüglickkeit des Baues, daß sie über¬
all, wohin sie kam, angenehm auffiel. Schon ihre Plankenverkleidung war, nament¬
lich als sie neu ankam, so vorzüglich gezimmert und zusammengefugt, daß man
die Nähte zwischen den Planken in einiger Entfernung kaum bemerken konnte
und geneigt war, die Dacht für ein eisernes Schiff zu halten; auch das ele¬
gante Oberdeck mit seinen Mahagonyeinlagen und den glänzenden Messing-Ven¬
tilatoren, sowie die ausgesuchte Pracht ihrer Kajüten überstrahlt selbst die glän¬
zenden ersten Salons transatlantischer Dampfer. Was aber gar die Formen
des schwarzen Rumpfs betrifft, so sind dieselben ganz bewundernswürdig ge¬
wählt, wie man dies auf der diesjährigen pariser Ausstellung an dem von der
Firma Normandin ausgestellten Holzmodell auch hinsichtlich des Theils unter
Wasser zu sehen Gelegenheit hatte, und man fängt an zu begreifen, wie dieses
kleine Schiff mit einer so schwachen Maschine und noch nicht 181 Fuß Länge
die enorme Schnelligkeit hat erreichen können, die es auszeichnet, indem
es die contractlichen Bedingungen um fast zwei Knoten überbot. Mit freudigem
Stolze bemerkte dem Verfasser in Havre der Erbauer des Schiffs, Herr Nor¬
mandin, wie sein lieber "Llrillou" auch den schnellsten englischen Avisos, den
äisxatek'vessels "Salamis" u. "Helicon" überlegen sei, die beide von ganz
gleichen Dimensionen und mit ganz gleichen Maschinen ausgerüstet, vor einiger
Zeit den Wettstreit zwischen der alten und der neuen Form des Bugs der Schiffe
zu einem gewissen Abschluß gebracht hatten. Und zwar hatte dabei der "Heiicon"
mit dem "Pflugschaar">Bug, der unter Wasser vorspringt wie bei den Panzer¬
schiffen, und hier allerdings das Fahrzeug 8 Fuß länger machte, eine Schnellig¬
keit von 14," Knoten erreicht, während der "Salamis" mit dem gewöhnlichen
über Wasser aufschießenden Bug nur 13," Knoten erreichte. Beide Schiffe
trugen aber Maschinen von 250 Pferdekraft und zwar Radmaschinen mit
Patentschaufeln, die stets normal ins Wasser eingreifen und hatten außer¬
dem eine Länge von 220 Fuß (bei 28'/. Fuß Breite und 10V-. Fuß
Mittlerin Tiefgang), während die Grille eben nur eine Schraubcnmaschine von
160 Pferdekraft und nur 180." Fuß Länge (zwischen den Perpendikeln) hatte
bei 24 Fuß Breite (11'/" Fuß Tiefe >im Raum zwischen Unterkante Kiel und
Oberkante Deckbalken). Allerdings war so das Verhältniß zwischen Länge und
Breite der "Grille" fast dasselbe (1:7'/,) wie bei den englischen Schiffen (sonst
ist 1:4 oder 5 das gewöhnliche bei Kriegsschiffen) -- aber die absolute Länge und
Schwimmkraft der englischen Avisos war doch bei weitem nicht erreicht und die
Maschinenstärke war kaum mehr als die Hälfte der englischen, und doch erlangte
sie gleiche Resultate, 13--14 Knoten und nach Herrn Normandins Mittheilung
unter Umständen sogar gegen 18 Knoten. Aus diesen Gründen möchten wir,
obgleich es bekanntlich keineswegs sicher ist, daß Schiffe die ganz nach denselben


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niedrigen Takellage von drei Masten mit einem Gaffelsegel an jedem, und kur¬
zem Bugspriet ist ein Schiff von solcher Vorzüglickkeit des Baues, daß sie über¬
all, wohin sie kam, angenehm auffiel. Schon ihre Plankenverkleidung war, nament¬
lich als sie neu ankam, so vorzüglich gezimmert und zusammengefugt, daß man
die Nähte zwischen den Planken in einiger Entfernung kaum bemerken konnte
und geneigt war, die Dacht für ein eisernes Schiff zu halten; auch das ele¬
gante Oberdeck mit seinen Mahagonyeinlagen und den glänzenden Messing-Ven¬
tilatoren, sowie die ausgesuchte Pracht ihrer Kajüten überstrahlt selbst die glän¬
zenden ersten Salons transatlantischer Dampfer. Was aber gar die Formen
des schwarzen Rumpfs betrifft, so sind dieselben ganz bewundernswürdig ge¬
wählt, wie man dies auf der diesjährigen pariser Ausstellung an dem von der
Firma Normandin ausgestellten Holzmodell auch hinsichtlich des Theils unter
Wasser zu sehen Gelegenheit hatte, und man fängt an zu begreifen, wie dieses
kleine Schiff mit einer so schwachen Maschine und noch nicht 181 Fuß Länge
die enorme Schnelligkeit hat erreichen können, die es auszeichnet, indem
es die contractlichen Bedingungen um fast zwei Knoten überbot. Mit freudigem
Stolze bemerkte dem Verfasser in Havre der Erbauer des Schiffs, Herr Nor¬
mandin, wie sein lieber „Llrillou" auch den schnellsten englischen Avisos, den
äisxatek'vessels „Salamis" u. „Helicon" überlegen sei, die beide von ganz
gleichen Dimensionen und mit ganz gleichen Maschinen ausgerüstet, vor einiger
Zeit den Wettstreit zwischen der alten und der neuen Form des Bugs der Schiffe
zu einem gewissen Abschluß gebracht hatten. Und zwar hatte dabei der „Heiicon"
mit dem „Pflugschaar">Bug, der unter Wasser vorspringt wie bei den Panzer¬
schiffen, und hier allerdings das Fahrzeug 8 Fuß länger machte, eine Schnellig¬
keit von 14,» Knoten erreicht, während der „Salamis" mit dem gewöhnlichen
über Wasser aufschießenden Bug nur 13,» Knoten erreichte. Beide Schiffe
trugen aber Maschinen von 250 Pferdekraft und zwar Radmaschinen mit
Patentschaufeln, die stets normal ins Wasser eingreifen und hatten außer¬
dem eine Länge von 220 Fuß (bei 28'/. Fuß Breite und 10V-. Fuß
Mittlerin Tiefgang), während die Grille eben nur eine Schraubcnmaschine von
160 Pferdekraft und nur 180.» Fuß Länge (zwischen den Perpendikeln) hatte
bei 24 Fuß Breite (11'/« Fuß Tiefe >im Raum zwischen Unterkante Kiel und
Oberkante Deckbalken). Allerdings war so das Verhältniß zwischen Länge und
Breite der „Grille" fast dasselbe (1:7'/,) wie bei den englischen Schiffen (sonst
ist 1:4 oder 5 das gewöhnliche bei Kriegsschiffen) — aber die absolute Länge und
Schwimmkraft der englischen Avisos war doch bei weitem nicht erreicht und die
Maschinenstärke war kaum mehr als die Hälfte der englischen, und doch erlangte
sie gleiche Resultate, 13—14 Knoten und nach Herrn Normandins Mittheilung
unter Umständen sogar gegen 18 Knoten. Aus diesen Gründen möchten wir,
obgleich es bekanntlich keineswegs sicher ist, daß Schiffe die ganz nach denselben


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[0101] niedrigen Takellage von drei Masten mit einem Gaffelsegel an jedem, und kur¬ zem Bugspriet ist ein Schiff von solcher Vorzüglickkeit des Baues, daß sie über¬ all, wohin sie kam, angenehm auffiel. Schon ihre Plankenverkleidung war, nament¬ lich als sie neu ankam, so vorzüglich gezimmert und zusammengefugt, daß man die Nähte zwischen den Planken in einiger Entfernung kaum bemerken konnte und geneigt war, die Dacht für ein eisernes Schiff zu halten; auch das ele¬ gante Oberdeck mit seinen Mahagonyeinlagen und den glänzenden Messing-Ven¬ tilatoren, sowie die ausgesuchte Pracht ihrer Kajüten überstrahlt selbst die glän¬ zenden ersten Salons transatlantischer Dampfer. Was aber gar die Formen des schwarzen Rumpfs betrifft, so sind dieselben ganz bewundernswürdig ge¬ wählt, wie man dies auf der diesjährigen pariser Ausstellung an dem von der Firma Normandin ausgestellten Holzmodell auch hinsichtlich des Theils unter Wasser zu sehen Gelegenheit hatte, und man fängt an zu begreifen, wie dieses kleine Schiff mit einer so schwachen Maschine und noch nicht 181 Fuß Länge die enorme Schnelligkeit hat erreichen können, die es auszeichnet, indem es die contractlichen Bedingungen um fast zwei Knoten überbot. Mit freudigem Stolze bemerkte dem Verfasser in Havre der Erbauer des Schiffs, Herr Nor¬ mandin, wie sein lieber „Llrillou" auch den schnellsten englischen Avisos, den äisxatek'vessels „Salamis" u. „Helicon" überlegen sei, die beide von ganz gleichen Dimensionen und mit ganz gleichen Maschinen ausgerüstet, vor einiger Zeit den Wettstreit zwischen der alten und der neuen Form des Bugs der Schiffe zu einem gewissen Abschluß gebracht hatten. Und zwar hatte dabei der „Heiicon" mit dem „Pflugschaar">Bug, der unter Wasser vorspringt wie bei den Panzer¬ schiffen, und hier allerdings das Fahrzeug 8 Fuß länger machte, eine Schnellig¬ keit von 14,» Knoten erreicht, während der „Salamis" mit dem gewöhnlichen über Wasser aufschießenden Bug nur 13,» Knoten erreichte. Beide Schiffe trugen aber Maschinen von 250 Pferdekraft und zwar Radmaschinen mit Patentschaufeln, die stets normal ins Wasser eingreifen und hatten außer¬ dem eine Länge von 220 Fuß (bei 28'/. Fuß Breite und 10V-. Fuß Mittlerin Tiefgang), während die Grille eben nur eine Schraubcnmaschine von 160 Pferdekraft und nur 180.» Fuß Länge (zwischen den Perpendikeln) hatte bei 24 Fuß Breite (11'/« Fuß Tiefe >im Raum zwischen Unterkante Kiel und Oberkante Deckbalken). Allerdings war so das Verhältniß zwischen Länge und Breite der „Grille" fast dasselbe (1:7'/,) wie bei den englischen Schiffen (sonst ist 1:4 oder 5 das gewöhnliche bei Kriegsschiffen) — aber die absolute Länge und Schwimmkraft der englischen Avisos war doch bei weitem nicht erreicht und die Maschinenstärke war kaum mehr als die Hälfte der englischen, und doch erlangte sie gleiche Resultate, 13—14 Knoten und nach Herrn Normandins Mittheilung unter Umständen sogar gegen 18 Knoten. Aus diesen Gründen möchten wir, obgleich es bekanntlich keineswegs sicher ist, daß Schiffe die ganz nach denselben Vttnzboten IV. 18S7. 1Z

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/101>, abgerufen am 26.06.2024.