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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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diesen kleinen Vorgang in einem kleinen Staate hinzuweisen", und wie derselbe
veranlaßt sei. "durch die unmäßigen Forderungen des Nordhundes" und wie
dasselbe Schicksal allen anderen kleineren Fürsten drohe.

Wehmüthig bemerkt der für sehr hohe Civillisten schwärmende Republikaner,
"daß wenn einmal an einem alten Bestände" (damit meint er die Kleinstaaterei
und die hohen Civillisten) "geändert und gerüttelt wird, in der Regel das
Ganze der geschichtlichen Prüfung unterzogen und so lange hin- und hergezerrt
werde, bis nichts mehr davon bleibe" -- als der leere Raum. Dabei läßt
das republikanische Bolksblatt tadelnde Worte fallen über die "Begehrlichkeit
der Völker" und über die "neidischen und gierigen Blicke", welche dieselben auf
solche Heiligthümer, wie die Civillisten zu werfen Pflegen. Schutz gegen alle
diese Gefahren, welche den "geheiligten Purpur der souveränes" und die
heilige Kasse der Civilliste bedrohen, könnten die Fürsten nur noch finden bei
den süddeutschen Radicalen, bei der heiligen Demokratie. Denn diese Demokratie
"sei in diesem Augenblicke allein noch die einzig conselvative Partei." Ziehe
auch sie ihre schützende Hand ab von dem Fürsten, dann sei er verloren, dann
werde er, wie der gute König Karl, von dem bösen Varnbül.r "Schritt für
(vor?) Schritt dem Verhängnis) entgegengeführt."

Namentlich seit dem Bekanntwerden der Schutz- und Trutzbündnisse mit
Preußen hätten die Fürsten jeden sonstigen Anhalt verloren. Bisher seien die
Höfe gedeckt gewesen durch die Verehrung sowohl, als durch die Interessen der
conservativen Classen, des Adels, der Geistlichkeit, der Besitzenden. "Alle diese
sahen in der unversehrten Erhaltung behaglicher Zustände (d. i. hoher Civillisten)
in der regierenden Familie eine Bedingung ihrer eigenen Sicherheit und Be¬
haglichkeit. Von nun an nicht mehr!"

Nun wendet sich der republikanische Beobachter an die Höfe von Darm¬
stadt, Karlsruhe. München und Stuttgart mit beweglichen Worten. Klingt es
nicht erheiternd, was der demokratische Erlkönig seinem fürstlichen Schutzkindlein
leise verspricht, wie z.B.: "Was die Demokratie in diesem Augenblicke auf die
Seite der süddeutschen Fürsten stellt, ist ein vergängliches Verhältniß, das
nämlich, gemeinsame Gegner zu haben. Dies Verhältniß könnte sich -- und
so liegt noch heute, vielleicht morgen nicht mehr, die Sache" -- (des¬
halb eiligst zugegriffen!) "verbessern und vertiefen. Die Demokratie muß nach
nicht verschlungenen Staaten streben. Dieser Zweck ist eben jetzt nur zu er¬
reichen, wenn diese Staaten vorläufig (bis zur Einführung der Republik?)
in der überkommenen Form und Verfassung bleiben. Ein parlamentarisch-mili-
tärischer Südbund (also doch auch hier, im Hort der Freiheit, so etwas von
Militärdictatur und oberstem Kriegsherrn!) und die Unterstützung, welche die
Fürsten bei Gründung desselben leiste", würde das Volk in einem Grade ver-
Pflichten, daß bei dessen ganzer Denkungsweise eine Erschütterung der ökono-


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diesen kleinen Vorgang in einem kleinen Staate hinzuweisen", und wie derselbe
veranlaßt sei. „durch die unmäßigen Forderungen des Nordhundes" und wie
dasselbe Schicksal allen anderen kleineren Fürsten drohe.

Wehmüthig bemerkt der für sehr hohe Civillisten schwärmende Republikaner,
„daß wenn einmal an einem alten Bestände" (damit meint er die Kleinstaaterei
und die hohen Civillisten) „geändert und gerüttelt wird, in der Regel das
Ganze der geschichtlichen Prüfung unterzogen und so lange hin- und hergezerrt
werde, bis nichts mehr davon bleibe" — als der leere Raum. Dabei läßt
das republikanische Bolksblatt tadelnde Worte fallen über die „Begehrlichkeit
der Völker" und über die „neidischen und gierigen Blicke", welche dieselben auf
solche Heiligthümer, wie die Civillisten zu werfen Pflegen. Schutz gegen alle
diese Gefahren, welche den „geheiligten Purpur der souveränes" und die
heilige Kasse der Civilliste bedrohen, könnten die Fürsten nur noch finden bei
den süddeutschen Radicalen, bei der heiligen Demokratie. Denn diese Demokratie
„sei in diesem Augenblicke allein noch die einzig conselvative Partei." Ziehe
auch sie ihre schützende Hand ab von dem Fürsten, dann sei er verloren, dann
werde er, wie der gute König Karl, von dem bösen Varnbül.r „Schritt für
(vor?) Schritt dem Verhängnis) entgegengeführt."

Namentlich seit dem Bekanntwerden der Schutz- und Trutzbündnisse mit
Preußen hätten die Fürsten jeden sonstigen Anhalt verloren. Bisher seien die
Höfe gedeckt gewesen durch die Verehrung sowohl, als durch die Interessen der
conservativen Classen, des Adels, der Geistlichkeit, der Besitzenden. „Alle diese
sahen in der unversehrten Erhaltung behaglicher Zustände (d. i. hoher Civillisten)
in der regierenden Familie eine Bedingung ihrer eigenen Sicherheit und Be¬
haglichkeit. Von nun an nicht mehr!"

Nun wendet sich der republikanische Beobachter an die Höfe von Darm¬
stadt, Karlsruhe. München und Stuttgart mit beweglichen Worten. Klingt es
nicht erheiternd, was der demokratische Erlkönig seinem fürstlichen Schutzkindlein
leise verspricht, wie z.B.: „Was die Demokratie in diesem Augenblicke auf die
Seite der süddeutschen Fürsten stellt, ist ein vergängliches Verhältniß, das
nämlich, gemeinsame Gegner zu haben. Dies Verhältniß könnte sich — und
so liegt noch heute, vielleicht morgen nicht mehr, die Sache" — (des¬
halb eiligst zugegriffen!) „verbessern und vertiefen. Die Demokratie muß nach
nicht verschlungenen Staaten streben. Dieser Zweck ist eben jetzt nur zu er¬
reichen, wenn diese Staaten vorläufig (bis zur Einführung der Republik?)
in der überkommenen Form und Verfassung bleiben. Ein parlamentarisch-mili-
tärischer Südbund (also doch auch hier, im Hort der Freiheit, so etwas von
Militärdictatur und oberstem Kriegsherrn!) und die Unterstützung, welche die
Fürsten bei Gründung desselben leiste», würde das Volk in einem Grade ver-
Pflichten, daß bei dessen ganzer Denkungsweise eine Erschütterung der ökono-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/515>, abgerufen am 22.07.2024.