Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

materiell dem Unterhause gleichberechtigt ist, das Nichtzustandekommen also nickt
ihr vorzugsweise zur Last Mi, im zweiten Falle aber so. daß die Regierung
ein ihr lediglich aus formellen Gründen zustehendes Recht gebraucht, um die
vom Unterhaus kraft seiner ausschließlichen Competenz gemachte" Bewilligungen
zu vereiteln und resp., continentul zu reden, den budgetlosen Zustand herbei¬
zuführen. Im ersten Falle baben wir einen zur Bewilligung unberechtigten
Factor. der seine Zustimmung weigert, im anderen einen Empfangenden, der ein
Angebotenes ablehnt.

Sechstens. Wir wollen nun. weil dieser Punkt wenig beachtet zu werden
pflegt, nachweisen, wie sich in den Formen der geschäftlichen Behandlung das
ausspricht, was wir behaupten:

daß in England das Bewilligungsrecht allein dem Unterhause zusteht,
die Gesetzesform für das Bewilligte aber als reine Form erscheint.

^or alle" Dingen ist hervorzuheben, daß die sogenannten Geldbills, d. h.
Geldbewilligungen, ursprünglich gar nicht Gesetzesform hatten und keine könig¬
liche Sanction erhielten. Zur Zeit Heinrichs des Achten finden wir sie gelegene
kick unter den Gesetze" (LtlrwtW) eingereiht, aber ohne die sogenannten enaetivA
voräs, welche das Gesetz zum Gesetz machen, indem sie aussprechen, daß das
Nachfolgende Gesetz (^et) sein soll.

Diese sich in jeder Parlamentsacte vorfindende Formel (wir würden sie die
Promulgalionsformel nennen*) lautet also:

"Es soll daher durch der Königin höchst vortreffliche Majestät, durch und
mit Beirath und Zustimmung der in gegenwärtigem Parlament versammelten
geistlichen und weltlichen Lords und Gemeinen, und kraft deren Machtvollkommen¬
heit hiermit gesetzlich verordnet sein (enaotöä)" daß u. s. w.

Bei uns heißt dies lakonischer:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden. König von Preußen, verordnen, mit
Zustimmung beider Häuser des Landtags Unserer Monarchie, was folgt"*):

Die gewöhnliche Promulgalionsformel fehlte also noch unter Heinrich dem
Achten gewöhnlich in den Geldbills, vielmehr hieß es in diesen meist nur, daß
deren Inhalt "durch die Machtvollkommenheit des Parlaments" festgesetzt werde,
ohne des Königs zu erwähnen.

Gegen das Ende der Regierung Heinrichs des Achten kommt es vor, daß




") Wir können uns bei dieser Gelegenheit nicht enthalten, auf eine der Mangelhaftig-
keiten der neuerdings mehrfach besprochenen kühneschen' Uebersetzung des Werks von Coxe
über die englischen Institutionen hinzuweisen. Kühne übersetzt die snaotillg vorcks oder, wie
man auch sagt, enactivK el-use mit "Verordnungsclausel".
"
) Ein deutsches Gesetz wird vom Souverän publicirt und erhält dadurch Gesetzeskraft,
deshalb spricht hier der Souverän persönlich als Befehlender. Die englische Bill wird durch
die Sanction Gesetz stellende), nicht durch die Publication, die in England gar kein Act
des Souveräns ist. Daher die unpersönliche Fassung der enÄCtinx porcis.

materiell dem Unterhause gleichberechtigt ist, das Nichtzustandekommen also nickt
ihr vorzugsweise zur Last Mi, im zweiten Falle aber so. daß die Regierung
ein ihr lediglich aus formellen Gründen zustehendes Recht gebraucht, um die
vom Unterhaus kraft seiner ausschließlichen Competenz gemachte» Bewilligungen
zu vereiteln und resp., continentul zu reden, den budgetlosen Zustand herbei¬
zuführen. Im ersten Falle baben wir einen zur Bewilligung unberechtigten
Factor. der seine Zustimmung weigert, im anderen einen Empfangenden, der ein
Angebotenes ablehnt.

Sechstens. Wir wollen nun. weil dieser Punkt wenig beachtet zu werden
pflegt, nachweisen, wie sich in den Formen der geschäftlichen Behandlung das
ausspricht, was wir behaupten:

daß in England das Bewilligungsrecht allein dem Unterhause zusteht,
die Gesetzesform für das Bewilligte aber als reine Form erscheint.

^or alle» Dingen ist hervorzuheben, daß die sogenannten Geldbills, d. h.
Geldbewilligungen, ursprünglich gar nicht Gesetzesform hatten und keine könig¬
liche Sanction erhielten. Zur Zeit Heinrichs des Achten finden wir sie gelegene
kick unter den Gesetze» (LtlrwtW) eingereiht, aber ohne die sogenannten enaetivA
voräs, welche das Gesetz zum Gesetz machen, indem sie aussprechen, daß das
Nachfolgende Gesetz (^et) sein soll.

Diese sich in jeder Parlamentsacte vorfindende Formel (wir würden sie die
Promulgalionsformel nennen*) lautet also:

„Es soll daher durch der Königin höchst vortreffliche Majestät, durch und
mit Beirath und Zustimmung der in gegenwärtigem Parlament versammelten
geistlichen und weltlichen Lords und Gemeinen, und kraft deren Machtvollkommen¬
heit hiermit gesetzlich verordnet sein (enaotöä)" daß u. s. w.

Bei uns heißt dies lakonischer:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden. König von Preußen, verordnen, mit
Zustimmung beider Häuser des Landtags Unserer Monarchie, was folgt"*):

Die gewöhnliche Promulgalionsformel fehlte also noch unter Heinrich dem
Achten gewöhnlich in den Geldbills, vielmehr hieß es in diesen meist nur, daß
deren Inhalt „durch die Machtvollkommenheit des Parlaments" festgesetzt werde,
ohne des Königs zu erwähnen.

Gegen das Ende der Regierung Heinrichs des Achten kommt es vor, daß




") Wir können uns bei dieser Gelegenheit nicht enthalten, auf eine der Mangelhaftig-
keiten der neuerdings mehrfach besprochenen kühneschen' Uebersetzung des Werks von Coxe
über die englischen Institutionen hinzuweisen. Kühne übersetzt die snaotillg vorcks oder, wie
man auch sagt, enactivK el-use mit „Verordnungsclausel".
"
) Ein deutsches Gesetz wird vom Souverän publicirt und erhält dadurch Gesetzeskraft,
deshalb spricht hier der Souverän persönlich als Befehlender. Die englische Bill wird durch
die Sanction Gesetz stellende), nicht durch die Publication, die in England gar kein Act
des Souveräns ist. Daher die unpersönliche Fassung der enÄCtinx porcis.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0050" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190744"/>
          <p xml:id="ID_143" prev="#ID_142"> materiell dem Unterhause gleichberechtigt ist, das Nichtzustandekommen also nickt<lb/>
ihr vorzugsweise zur Last Mi, im zweiten Falle aber so. daß die Regierung<lb/>
ein ihr lediglich aus formellen Gründen zustehendes Recht gebraucht, um die<lb/>
vom Unterhaus kraft seiner ausschließlichen Competenz gemachte» Bewilligungen<lb/>
zu vereiteln und resp., continentul zu reden, den budgetlosen Zustand herbei¬<lb/>
zuführen. Im ersten Falle baben wir einen zur Bewilligung unberechtigten<lb/>
Factor. der seine Zustimmung weigert, im anderen einen Empfangenden, der ein<lb/>
Angebotenes ablehnt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_144"> Sechstens. Wir wollen nun. weil dieser Punkt wenig beachtet zu werden<lb/>
pflegt, nachweisen, wie sich in den Formen der geschäftlichen Behandlung das<lb/>
ausspricht, was wir behaupten:</p><lb/>
          <list>
            <item> daß in England das Bewilligungsrecht allein dem Unterhause zusteht,</item>
            <item> die Gesetzesform für das Bewilligte aber als reine Form erscheint.</item>
          </list><lb/>
          <p xml:id="ID_145"> ^or alle» Dingen ist hervorzuheben, daß die sogenannten Geldbills, d. h.<lb/>
Geldbewilligungen, ursprünglich gar nicht Gesetzesform hatten und keine könig¬<lb/>
liche Sanction erhielten. Zur Zeit Heinrichs des Achten finden wir sie gelegene<lb/>
kick unter den Gesetze» (LtlrwtW) eingereiht, aber ohne die sogenannten enaetivA<lb/>
voräs, welche das Gesetz zum Gesetz machen, indem sie aussprechen, daß das<lb/>
Nachfolgende Gesetz (^et) sein soll.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_146"> Diese sich in jeder Parlamentsacte vorfindende Formel (wir würden sie die<lb/>
Promulgalionsformel nennen*) lautet also:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_147"> &#x201E;Es soll daher durch der Königin höchst vortreffliche Majestät, durch und<lb/>
mit Beirath und Zustimmung der in gegenwärtigem Parlament versammelten<lb/>
geistlichen und weltlichen Lords und Gemeinen, und kraft deren Machtvollkommen¬<lb/>
heit hiermit gesetzlich verordnet sein (enaotöä)" daß u. s. w.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_148"> Bei uns heißt dies lakonischer:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_149"> Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden. König von Preußen, verordnen, mit<lb/>
Zustimmung beider Häuser des Landtags Unserer Monarchie, was folgt"*):</p><lb/>
          <p xml:id="ID_150"> Die gewöhnliche Promulgalionsformel fehlte also noch unter Heinrich dem<lb/>
Achten gewöhnlich in den Geldbills, vielmehr hieß es in diesen meist nur, daß<lb/>
deren Inhalt &#x201E;durch die Machtvollkommenheit des Parlaments" festgesetzt werde,<lb/>
ohne des Königs zu erwähnen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_151" next="#ID_152"> Gegen das Ende der Regierung Heinrichs des Achten kommt es vor, daß</p><lb/>
          <note xml:id="FID_2" place="foot"> ") Wir können uns bei dieser Gelegenheit nicht enthalten, auf eine der Mangelhaftig-<lb/>
keiten der neuerdings mehrfach besprochenen kühneschen' Uebersetzung des Werks von Coxe<lb/>
über die englischen Institutionen hinzuweisen. Kühne übersetzt die snaotillg vorcks oder, wie<lb/>
man auch sagt, enactivK el-use mit &#x201E;Verordnungsclausel".<lb/>
"</note><lb/>
          <note xml:id="FID_3" place="foot"> ) Ein deutsches Gesetz wird vom Souverän publicirt und erhält dadurch Gesetzeskraft,<lb/>
deshalb spricht hier der Souverän persönlich als Befehlender. Die englische Bill wird durch<lb/>
die Sanction Gesetz stellende), nicht durch die Publication, die in England gar kein Act<lb/>
des Souveräns ist. Daher die unpersönliche Fassung der enÄCtinx porcis.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0050] materiell dem Unterhause gleichberechtigt ist, das Nichtzustandekommen also nickt ihr vorzugsweise zur Last Mi, im zweiten Falle aber so. daß die Regierung ein ihr lediglich aus formellen Gründen zustehendes Recht gebraucht, um die vom Unterhaus kraft seiner ausschließlichen Competenz gemachte» Bewilligungen zu vereiteln und resp., continentul zu reden, den budgetlosen Zustand herbei¬ zuführen. Im ersten Falle baben wir einen zur Bewilligung unberechtigten Factor. der seine Zustimmung weigert, im anderen einen Empfangenden, der ein Angebotenes ablehnt. Sechstens. Wir wollen nun. weil dieser Punkt wenig beachtet zu werden pflegt, nachweisen, wie sich in den Formen der geschäftlichen Behandlung das ausspricht, was wir behaupten: daß in England das Bewilligungsrecht allein dem Unterhause zusteht, die Gesetzesform für das Bewilligte aber als reine Form erscheint. ^or alle» Dingen ist hervorzuheben, daß die sogenannten Geldbills, d. h. Geldbewilligungen, ursprünglich gar nicht Gesetzesform hatten und keine könig¬ liche Sanction erhielten. Zur Zeit Heinrichs des Achten finden wir sie gelegene kick unter den Gesetze» (LtlrwtW) eingereiht, aber ohne die sogenannten enaetivA voräs, welche das Gesetz zum Gesetz machen, indem sie aussprechen, daß das Nachfolgende Gesetz (^et) sein soll. Diese sich in jeder Parlamentsacte vorfindende Formel (wir würden sie die Promulgalionsformel nennen*) lautet also: „Es soll daher durch der Königin höchst vortreffliche Majestät, durch und mit Beirath und Zustimmung der in gegenwärtigem Parlament versammelten geistlichen und weltlichen Lords und Gemeinen, und kraft deren Machtvollkommen¬ heit hiermit gesetzlich verordnet sein (enaotöä)" daß u. s. w. Bei uns heißt dies lakonischer: Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden. König von Preußen, verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtags Unserer Monarchie, was folgt"*): Die gewöhnliche Promulgalionsformel fehlte also noch unter Heinrich dem Achten gewöhnlich in den Geldbills, vielmehr hieß es in diesen meist nur, daß deren Inhalt „durch die Machtvollkommenheit des Parlaments" festgesetzt werde, ohne des Königs zu erwähnen. Gegen das Ende der Regierung Heinrichs des Achten kommt es vor, daß ") Wir können uns bei dieser Gelegenheit nicht enthalten, auf eine der Mangelhaftig- keiten der neuerdings mehrfach besprochenen kühneschen' Uebersetzung des Werks von Coxe über die englischen Institutionen hinzuweisen. Kühne übersetzt die snaotillg vorcks oder, wie man auch sagt, enactivK el-use mit „Verordnungsclausel". " ) Ein deutsches Gesetz wird vom Souverän publicirt und erhält dadurch Gesetzeskraft, deshalb spricht hier der Souverän persönlich als Befehlender. Die englische Bill wird durch die Sanction Gesetz stellende), nicht durch die Publication, die in England gar kein Act des Souveräns ist. Daher die unpersönliche Fassung der enÄCtinx porcis.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/50
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/50>, abgerufen am 22.07.2024.