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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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neben allgemeineren Erörterungen den eingehenden Katalog der Marmorwerke
und der Vasen umfaßt, herauszugeben, mit dem bezeichnenden Motto aus
Tacitus Germania "wer würde wohl Italien verlassen und nach Deutschland
ziehen, außer wenn es etwa die Heimath ist?" Daß dem ersten Bande statt des
zweiten nur einige Nachtragsheste gefolgt sind, hat seinen Grund in Verhält¬
nissen, welche außerhalb Gerhards Macht lagen. -- Außer zum Museum
gewann Gerhard bald ein näheres Verhältniß zur berliner Akademie, welche
schon früher das von ihm beabsichtigte Werk über etruskische Sarkophage in
ihren Schutz genommen hatte und ihn nun (1835) zu ihrem ordentlichen Mit.
gliede erwählte. In dieser Eigenschaft hatte Gerhard, dem auch der Professor-
titel verliehen worden war. das Recht, an der Universität Vorlesungen zu halten
und benutzte dasselbe bereits im Wintersemester 1835--36. Allein noch war
er nicht völlig von Rom gelöst, im Jahre 1836 ging er wieder hinüber, um
nach zweimal sieben römischen Jahren die gänzliche Rückkehr zu den Hyperbore.
"rü vorzubereiten. Mit Stolz durfte er von dem "Stamm der Deutschen in
Rom" sagen:


Die Vögel in den Zweigen
Verkünden Deutschlands Wohl.
Er schmückt als wie sein eigen
Rom und das Capitol;

denn die Pflege dieses römisch-deutschen Baumes hatten sich Wenige so treu und
erfolgreich angelegen sein lassen wie er. Am 14. März 1837 verließ er endlich
die ihm zur zweiten Heimath gewordene ewige Stadt und kehrte nach Berlin
zurück, aber erst nachdem er auch noch einen Abstecher nach Athen gemacht
hatte, wo namentlich Roß und Ulrichs die deutsche Wissenschaft pflegten und
das befreite Hellas für dieselbe wiederzugewinnen strebten. Der Gründungstag
Roms, für das archäologische Institut bereits ein feststehender Feststag. gab
Gerhard hier den Anlaß, am Oelwalde im Bezirke der Akademie eine gesellige
Zusammenkunft zu veranstalten und so auch hier sofort eine Vereinigung her-
vorzurufen. wie sie bis dahin dort noch nicht stattgefunden hatte. Die heiterste
Laune belebte das Fest, an welchem alles, was in Athen nur auf den Namen
eines Gelehrten Anspruch machen konnte, theilnahm. Erinnerte auch das
Ende ein wenig an dasjenige des von Platon geschilderten Gelages, so hinderte
dies doch nicht, daß ein ätherischer Theilnehmer noch fast ein Vierteljahrhundert
später in entzückter Erinnerung ausrufen mochte: Gerhard war nicht allein
hier, sondern gab auch der platonischen Gesellschaft eine glänzende Gasterei, an
welcher auch ich theilnahm!

Das Jahr 1837 bildet die Scheide in Gerhards Leben, wo er von dem
Reiz und Wechsel immer neuer Anschauungen zu der ruhigeren und zusammen¬
hängenderen Verwerthung des gesammelten Stoffes überging. Seine nächste


neben allgemeineren Erörterungen den eingehenden Katalog der Marmorwerke
und der Vasen umfaßt, herauszugeben, mit dem bezeichnenden Motto aus
Tacitus Germania „wer würde wohl Italien verlassen und nach Deutschland
ziehen, außer wenn es etwa die Heimath ist?" Daß dem ersten Bande statt des
zweiten nur einige Nachtragsheste gefolgt sind, hat seinen Grund in Verhält¬
nissen, welche außerhalb Gerhards Macht lagen. — Außer zum Museum
gewann Gerhard bald ein näheres Verhältniß zur berliner Akademie, welche
schon früher das von ihm beabsichtigte Werk über etruskische Sarkophage in
ihren Schutz genommen hatte und ihn nun (1835) zu ihrem ordentlichen Mit.
gliede erwählte. In dieser Eigenschaft hatte Gerhard, dem auch der Professor-
titel verliehen worden war. das Recht, an der Universität Vorlesungen zu halten
und benutzte dasselbe bereits im Wintersemester 1835—36. Allein noch war
er nicht völlig von Rom gelöst, im Jahre 1836 ging er wieder hinüber, um
nach zweimal sieben römischen Jahren die gänzliche Rückkehr zu den Hyperbore.
«rü vorzubereiten. Mit Stolz durfte er von dem „Stamm der Deutschen in
Rom" sagen:


Die Vögel in den Zweigen
Verkünden Deutschlands Wohl.
Er schmückt als wie sein eigen
Rom und das Capitol;

denn die Pflege dieses römisch-deutschen Baumes hatten sich Wenige so treu und
erfolgreich angelegen sein lassen wie er. Am 14. März 1837 verließ er endlich
die ihm zur zweiten Heimath gewordene ewige Stadt und kehrte nach Berlin
zurück, aber erst nachdem er auch noch einen Abstecher nach Athen gemacht
hatte, wo namentlich Roß und Ulrichs die deutsche Wissenschaft pflegten und
das befreite Hellas für dieselbe wiederzugewinnen strebten. Der Gründungstag
Roms, für das archäologische Institut bereits ein feststehender Feststag. gab
Gerhard hier den Anlaß, am Oelwalde im Bezirke der Akademie eine gesellige
Zusammenkunft zu veranstalten und so auch hier sofort eine Vereinigung her-
vorzurufen. wie sie bis dahin dort noch nicht stattgefunden hatte. Die heiterste
Laune belebte das Fest, an welchem alles, was in Athen nur auf den Namen
eines Gelehrten Anspruch machen konnte, theilnahm. Erinnerte auch das
Ende ein wenig an dasjenige des von Platon geschilderten Gelages, so hinderte
dies doch nicht, daß ein ätherischer Theilnehmer noch fast ein Vierteljahrhundert
später in entzückter Erinnerung ausrufen mochte: Gerhard war nicht allein
hier, sondern gab auch der platonischen Gesellschaft eine glänzende Gasterei, an
welcher auch ich theilnahm!

Das Jahr 1837 bildet die Scheide in Gerhards Leben, wo er von dem
Reiz und Wechsel immer neuer Anschauungen zu der ruhigeren und zusammen¬
hängenderen Verwerthung des gesammelten Stoffes überging. Seine nächste


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[0461] neben allgemeineren Erörterungen den eingehenden Katalog der Marmorwerke und der Vasen umfaßt, herauszugeben, mit dem bezeichnenden Motto aus Tacitus Germania „wer würde wohl Italien verlassen und nach Deutschland ziehen, außer wenn es etwa die Heimath ist?" Daß dem ersten Bande statt des zweiten nur einige Nachtragsheste gefolgt sind, hat seinen Grund in Verhält¬ nissen, welche außerhalb Gerhards Macht lagen. — Außer zum Museum gewann Gerhard bald ein näheres Verhältniß zur berliner Akademie, welche schon früher das von ihm beabsichtigte Werk über etruskische Sarkophage in ihren Schutz genommen hatte und ihn nun (1835) zu ihrem ordentlichen Mit. gliede erwählte. In dieser Eigenschaft hatte Gerhard, dem auch der Professor- titel verliehen worden war. das Recht, an der Universität Vorlesungen zu halten und benutzte dasselbe bereits im Wintersemester 1835—36. Allein noch war er nicht völlig von Rom gelöst, im Jahre 1836 ging er wieder hinüber, um nach zweimal sieben römischen Jahren die gänzliche Rückkehr zu den Hyperbore. «rü vorzubereiten. Mit Stolz durfte er von dem „Stamm der Deutschen in Rom" sagen: Die Vögel in den Zweigen Verkünden Deutschlands Wohl. Er schmückt als wie sein eigen Rom und das Capitol; denn die Pflege dieses römisch-deutschen Baumes hatten sich Wenige so treu und erfolgreich angelegen sein lassen wie er. Am 14. März 1837 verließ er endlich die ihm zur zweiten Heimath gewordene ewige Stadt und kehrte nach Berlin zurück, aber erst nachdem er auch noch einen Abstecher nach Athen gemacht hatte, wo namentlich Roß und Ulrichs die deutsche Wissenschaft pflegten und das befreite Hellas für dieselbe wiederzugewinnen strebten. Der Gründungstag Roms, für das archäologische Institut bereits ein feststehender Feststag. gab Gerhard hier den Anlaß, am Oelwalde im Bezirke der Akademie eine gesellige Zusammenkunft zu veranstalten und so auch hier sofort eine Vereinigung her- vorzurufen. wie sie bis dahin dort noch nicht stattgefunden hatte. Die heiterste Laune belebte das Fest, an welchem alles, was in Athen nur auf den Namen eines Gelehrten Anspruch machen konnte, theilnahm. Erinnerte auch das Ende ein wenig an dasjenige des von Platon geschilderten Gelages, so hinderte dies doch nicht, daß ein ätherischer Theilnehmer noch fast ein Vierteljahrhundert später in entzückter Erinnerung ausrufen mochte: Gerhard war nicht allein hier, sondern gab auch der platonischen Gesellschaft eine glänzende Gasterei, an welcher auch ich theilnahm! Das Jahr 1837 bildet die Scheide in Gerhards Leben, wo er von dem Reiz und Wechsel immer neuer Anschauungen zu der ruhigeren und zusammen¬ hängenderen Verwerthung des gesammelten Stoffes überging. Seine nächste

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/461>, abgerufen am 22.07.2024.