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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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der Viind in demselben Moment um, wo das Linienschiff während einer Wen¬
dung seine wehrlose Seite den Strandbatterien zukehrte, so daß es mit der größten
Bequemlichkeit vermittelst glühender Kugeln in Brand geschossen werden konnte;
der Fregatte ,,Gefion" wurde durch einen glücklichen Zufall das Steuer abge¬
schossen, so daß auch sie regungslos dalag; und wie es heißt, ward einem
Dampfer, welcher die beiden Schiffe aus der Bucht schleppen wollte, ebenso
zufällig das Bugsirtau durchschossen, worauf verstärktes Feuern die Dampfer zu
flüchten zwang. Das Linienschiff flog durch eine Explosion in der Pulverkammer
in die Lust, die Fregatte "Gesion" aber mußte sich den deutschen Truppen
ergeben, ward zur Erinnerung an das glückliche Gefecht in "Eckernförde" um¬
getauft und unter diesem Namen der deutschen Flotte einverleibt. Bei dem
traurigen Ende, der bekannten Verauctionirung der letzteren, ward die Fregatte
von Preußen angekauft und nun wieder unter ihrem alten Namen "Gefion"
einrangirt, den sie gegenwärtig noch trägt. Im Dienst der preußischen
Marine hat die "Gefion" verschiedene weitere Uebungsfahrten gemacht, zum
Theil mit der Corvette "Amazone" zusammen, und hat außerdem namentlich
als Hafenwachtschiff oder als Artillerieschulschiff für die Ausbildung der Matrosen
und Seesoldaten im Scheibenschießen auf offener See gedient. Gegenwärtig
ist die "Gefion" das Stationsschiff in Kiel, wo sie dem königlichen Schloß
gegenüber vor Anker liegt; lustig flattert vom Kreuztop -- Spitze des hinter¬
sten Mastes -- die schwarz-weiße kleine Flagge des Contrcadmirals der Station.

Einfacher ist die Geschichte der andern preußischen Segelschiffe. Die Fregatte
"Theils", 38, die den Namen und natürlich vorn am Galjon auch das ge¬
schnitzte, weißgeschilderte Bild der griechischen Seegöttin trägt, war ursprünglich
ein englisches Schiff, und ward 1854 als Uebungsschiff gegen die beiden kleinen
Aviso-Raddampfer "Nix" und"Salamander" von Preußen eingetauscht. Außer
kürzeren Uebungsfahrten hat sie auch die große ostasiatische Expedition mit¬
gemacht, welche unter der diplomatischen Führung des Grafen Eulenburg, des
jetzigen preußischen Ministers des Innern, zur Anknüpfung handelspolitischer
Beziehungen nach Siam, China und Japan abging, in den ostasiatischen Ge¬
wässern den deutschen Kauffahrern moralische Unterstützung gewährte, den
Respect jener Völker vor der preußischen Flagge hob, und durch Abschluß
günstiger handelspolitischer Verträge zwischen Siam, China und dem Zoll¬
verein, sowie zwischen Japan und Preußen den asiatischen Handel Deutschlands
förderte. Die Expedition bestand aus der Segelfregatte "Thetis", 38, mit
370 Mann Besatzung unter Capitän Jachmann, ferner der damals erst vor Kur¬
zem vollendeten gedeckten Schraubencorvette "Arkona", 28, mit 340 Mann
unter Commodore Sundewall und den beiden schon oben erwähnten kleineren
Fahrzeugen "Frauenlob", 3. damals der Seetüchtigkeit halber mit nur 1 Ge¬
schütz und 44 Mann besetzt, und "Elbe" mit 6 Geschützen und 44 Mann


der Viind in demselben Moment um, wo das Linienschiff während einer Wen¬
dung seine wehrlose Seite den Strandbatterien zukehrte, so daß es mit der größten
Bequemlichkeit vermittelst glühender Kugeln in Brand geschossen werden konnte;
der Fregatte ,,Gefion" wurde durch einen glücklichen Zufall das Steuer abge¬
schossen, so daß auch sie regungslos dalag; und wie es heißt, ward einem
Dampfer, welcher die beiden Schiffe aus der Bucht schleppen wollte, ebenso
zufällig das Bugsirtau durchschossen, worauf verstärktes Feuern die Dampfer zu
flüchten zwang. Das Linienschiff flog durch eine Explosion in der Pulverkammer
in die Lust, die Fregatte „Gesion" aber mußte sich den deutschen Truppen
ergeben, ward zur Erinnerung an das glückliche Gefecht in „Eckernförde" um¬
getauft und unter diesem Namen der deutschen Flotte einverleibt. Bei dem
traurigen Ende, der bekannten Verauctionirung der letzteren, ward die Fregatte
von Preußen angekauft und nun wieder unter ihrem alten Namen „Gefion"
einrangirt, den sie gegenwärtig noch trägt. Im Dienst der preußischen
Marine hat die „Gefion" verschiedene weitere Uebungsfahrten gemacht, zum
Theil mit der Corvette „Amazone" zusammen, und hat außerdem namentlich
als Hafenwachtschiff oder als Artillerieschulschiff für die Ausbildung der Matrosen
und Seesoldaten im Scheibenschießen auf offener See gedient. Gegenwärtig
ist die „Gefion" das Stationsschiff in Kiel, wo sie dem königlichen Schloß
gegenüber vor Anker liegt; lustig flattert vom Kreuztop — Spitze des hinter¬
sten Mastes — die schwarz-weiße kleine Flagge des Contrcadmirals der Station.

Einfacher ist die Geschichte der andern preußischen Segelschiffe. Die Fregatte
„Theils", 38, die den Namen und natürlich vorn am Galjon auch das ge¬
schnitzte, weißgeschilderte Bild der griechischen Seegöttin trägt, war ursprünglich
ein englisches Schiff, und ward 1854 als Uebungsschiff gegen die beiden kleinen
Aviso-Raddampfer „Nix" und„Salamander" von Preußen eingetauscht. Außer
kürzeren Uebungsfahrten hat sie auch die große ostasiatische Expedition mit¬
gemacht, welche unter der diplomatischen Führung des Grafen Eulenburg, des
jetzigen preußischen Ministers des Innern, zur Anknüpfung handelspolitischer
Beziehungen nach Siam, China und Japan abging, in den ostasiatischen Ge¬
wässern den deutschen Kauffahrern moralische Unterstützung gewährte, den
Respect jener Völker vor der preußischen Flagge hob, und durch Abschluß
günstiger handelspolitischer Verträge zwischen Siam, China und dem Zoll¬
verein, sowie zwischen Japan und Preußen den asiatischen Handel Deutschlands
förderte. Die Expedition bestand aus der Segelfregatte „Thetis", 38, mit
370 Mann Besatzung unter Capitän Jachmann, ferner der damals erst vor Kur¬
zem vollendeten gedeckten Schraubencorvette „Arkona", 28, mit 340 Mann
unter Commodore Sundewall und den beiden schon oben erwähnten kleineren
Fahrzeugen „Frauenlob", 3. damals der Seetüchtigkeit halber mit nur 1 Ge¬
schütz und 44 Mann besetzt, und „Elbe" mit 6 Geschützen und 44 Mann


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/416>, abgerufen am 24.08.2024.