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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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mit einem Male in die Reihen und alles macht Kehrt. -- Drei Hurrahs unter¬
brachen das Schweigen der Engländer und mit dem dritten waren sie unter
uns; folgten aber zu unserm großen Erstaunen nicht weiter als 100 Schritt,
dann ordneten sie sich, um uns bei einer zweiten und dritten Attaque ebenso
zu empfangen wie bei der ersinn." Bei Vittoria nahmen die Engländer bei
ihrem schließlichen Vorgehen die sämmtlichen Geschütze der Franzosen.




Aus Schwaben.

Langsam, nicht ohne Zögerungen, die sich vielleicht bitter rächen dürften,
nicht ohne Schwankungen, die wenig guten Willen verriethen, ist auch Würtem-
berg in die Linie eingerückt, die ihm durch die Ereignisse des vorigen Jahres,
wie durch die nationalen Pflichten der Gegenwart vorgezeichnet sind. Eben in
diesen Tagen schließt -- wie wir hoffen für immer -- eine Periode unbehag¬
licher, drückende? Ungewißheit ab, die keineswegs nur die natürliche Folge des
Uebergangszustandes war, die vielmehr recht gut hätte abgekürzt werden können,
wenn man nur gewollt hätte.

Zum Theil trifft die Schuld freilich nicht allein die leitenden Staatsmänner,
die ohne mehr oder weniger sanfte Anregung von außen am liebsten noch länger
in der bisherigen Weise hingedämmert hätten, sie trifft theilweise auch den
schwerfälligen Negierungsapparat unsers Kleinstaats, der nicht leicht in eine
veränderte Richtung zu bringen war, und für neue Organisationen fast gänzlich
zu versagen schien, so laut das Bedürfniß derselben auf allen Gebieten von
jedermann, Von der Regierung selbst anerkannt war. Sie griffe aber endlich
großentheils das Volk selbst, das nur langsam sich in den Gedanken finden
konnte, daß nun einmal die Axe des deutschen Lebens seit dem vorigen Jahre
sich gedreht hat, und das inMncr greßen Masse die Dinge an sich kommen
ließ, ohne das Bedürfniß zu fühlen, selbst zur Vollendung des deutschen Neu¬
baus eine Hand zu rühren. Weder sah sich das Land von der Regierung in
einer bestimmten Richtung geführt, noch sah sich die Regierung durch das Land zu
einer Entscheidung gedrängt, und beide schienen sich bei diesem gedankenloses.
Hinträumen wohl zu befinden, bis endlich das luxemburger Gewitter die Schlaf-


mit einem Male in die Reihen und alles macht Kehrt. — Drei Hurrahs unter¬
brachen das Schweigen der Engländer und mit dem dritten waren sie unter
uns; folgten aber zu unserm großen Erstaunen nicht weiter als 100 Schritt,
dann ordneten sie sich, um uns bei einer zweiten und dritten Attaque ebenso
zu empfangen wie bei der ersinn." Bei Vittoria nahmen die Engländer bei
ihrem schließlichen Vorgehen die sämmtlichen Geschütze der Franzosen.




Aus Schwaben.

Langsam, nicht ohne Zögerungen, die sich vielleicht bitter rächen dürften,
nicht ohne Schwankungen, die wenig guten Willen verriethen, ist auch Würtem-
berg in die Linie eingerückt, die ihm durch die Ereignisse des vorigen Jahres,
wie durch die nationalen Pflichten der Gegenwart vorgezeichnet sind. Eben in
diesen Tagen schließt — wie wir hoffen für immer — eine Periode unbehag¬
licher, drückende? Ungewißheit ab, die keineswegs nur die natürliche Folge des
Uebergangszustandes war, die vielmehr recht gut hätte abgekürzt werden können,
wenn man nur gewollt hätte.

Zum Theil trifft die Schuld freilich nicht allein die leitenden Staatsmänner,
die ohne mehr oder weniger sanfte Anregung von außen am liebsten noch länger
in der bisherigen Weise hingedämmert hätten, sie trifft theilweise auch den
schwerfälligen Negierungsapparat unsers Kleinstaats, der nicht leicht in eine
veränderte Richtung zu bringen war, und für neue Organisationen fast gänzlich
zu versagen schien, so laut das Bedürfniß derselben auf allen Gebieten von
jedermann, Von der Regierung selbst anerkannt war. Sie griffe aber endlich
großentheils das Volk selbst, das nur langsam sich in den Gedanken finden
konnte, daß nun einmal die Axe des deutschen Lebens seit dem vorigen Jahre
sich gedreht hat, und das inMncr greßen Masse die Dinge an sich kommen
ließ, ohne das Bedürfniß zu fühlen, selbst zur Vollendung des deutschen Neu¬
baus eine Hand zu rühren. Weder sah sich das Land von der Regierung in
einer bestimmten Richtung geführt, noch sah sich die Regierung durch das Land zu
einer Entscheidung gedrängt, und beide schienen sich bei diesem gedankenloses.
Hinträumen wohl zu befinden, bis endlich das luxemburger Gewitter die Schlaf-


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[0212] mit einem Male in die Reihen und alles macht Kehrt. — Drei Hurrahs unter¬ brachen das Schweigen der Engländer und mit dem dritten waren sie unter uns; folgten aber zu unserm großen Erstaunen nicht weiter als 100 Schritt, dann ordneten sie sich, um uns bei einer zweiten und dritten Attaque ebenso zu empfangen wie bei der ersinn." Bei Vittoria nahmen die Engländer bei ihrem schließlichen Vorgehen die sämmtlichen Geschütze der Franzosen. Aus Schwaben. Langsam, nicht ohne Zögerungen, die sich vielleicht bitter rächen dürften, nicht ohne Schwankungen, die wenig guten Willen verriethen, ist auch Würtem- berg in die Linie eingerückt, die ihm durch die Ereignisse des vorigen Jahres, wie durch die nationalen Pflichten der Gegenwart vorgezeichnet sind. Eben in diesen Tagen schließt — wie wir hoffen für immer — eine Periode unbehag¬ licher, drückende? Ungewißheit ab, die keineswegs nur die natürliche Folge des Uebergangszustandes war, die vielmehr recht gut hätte abgekürzt werden können, wenn man nur gewollt hätte. Zum Theil trifft die Schuld freilich nicht allein die leitenden Staatsmänner, die ohne mehr oder weniger sanfte Anregung von außen am liebsten noch länger in der bisherigen Weise hingedämmert hätten, sie trifft theilweise auch den schwerfälligen Negierungsapparat unsers Kleinstaats, der nicht leicht in eine veränderte Richtung zu bringen war, und für neue Organisationen fast gänzlich zu versagen schien, so laut das Bedürfniß derselben auf allen Gebieten von jedermann, Von der Regierung selbst anerkannt war. Sie griffe aber endlich großentheils das Volk selbst, das nur langsam sich in den Gedanken finden konnte, daß nun einmal die Axe des deutschen Lebens seit dem vorigen Jahre sich gedreht hat, und das inMncr greßen Masse die Dinge an sich kommen ließ, ohne das Bedürfniß zu fühlen, selbst zur Vollendung des deutschen Neu¬ baus eine Hand zu rühren. Weder sah sich das Land von der Regierung in einer bestimmten Richtung geführt, noch sah sich die Regierung durch das Land zu einer Entscheidung gedrängt, und beide schienen sich bei diesem gedankenloses. Hinträumen wohl zu befinden, bis endlich das luxemburger Gewitter die Schlaf-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/212>, abgerufen am 22.07.2024.