Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.mit ihrer Zurüstung. Als Krönung des Ganzen, als letzter Schmuck des luf¬ Wir haben gezögert uns an Bord zu begeben. Denn auf dem Deck der Erst beim Näherkommen gewahren wir, wie hoch sich die Schiffswand aus mit ihrer Zurüstung. Als Krönung des Ganzen, als letzter Schmuck des luf¬ Wir haben gezögert uns an Bord zu begeben. Denn auf dem Deck der Erst beim Näherkommen gewahren wir, wie hoch sich die Schiffswand aus <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0058" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191288"/> <p xml:id="ID_123" prev="#ID_122"> mit ihrer Zurüstung. Als Krönung des Ganzen, als letzter Schmuck des luf¬<lb/> tigen Aufbaues der Takelage, weht spielend, wie nachlässig in Wellen sich nie¬<lb/> derkräuselnd, der lange schmale Wimpel vom Großtop, der Spitze des mittleren<lb/> Mastes, herab; trotzig vorspringend ragt vorn das Bugspriet, durch die starken<lb/> stage halb nach oben gezogen, weit über die Wasserfläche hin; und fröhlich<lb/> flattert hinten von der aufgerichteten Gaffel des Kreuzmastes die weiße Flagge<lb/> mit ihrem schwarzen Adler in der Mitte und dem eisernen Kreuz oben in der<lb/> inneren Ecke, mit dem glorreichen Symbol, das einst die Schlachten der Frei¬<lb/> heitskriege gewann, und jetzt die deutschen Interessen im fernen Indien und<lb/> China schützt.</p><lb/> <p xml:id="ID_124"> Wir haben gezögert uns an Bord zu begeben. Denn auf dem Deck der<lb/> „Gazelle" herrscht anscheinend ein wirres Durcheinander, in das wir nicht hinein¬<lb/> gerathen möchten: ein Summen, unterbrochen von scharfen Commandopfiffen,<lb/> reges Hin- und Hereilen der Mannschaft lassen keinen Zweifel daran, daß augen¬<lb/> blicklich Dienst ist. Da ist natürlich ein Besteigen des Schiffs nicht erlaubt,<lb/> während sonst zu jeder dienstfreien Zeit, ebenso wie auf den Kriegsschiffen aller<lb/> andern Nationen, der Besuch mit größter Liberalität gestattet wird, sogar in der<lb/> Weise, daß man ohne zu fragen durch alle Etagen des Schiffs von oben bis<lb/> unten hindurchgehen kann, und einzig die geschlossenen Thüren zu respectiren<lb/> hat. An Bord der „Gazelle" scheint sich aber jetzt plötzlich das Leben zu ver¬<lb/> doppeln: erneuter Commandoruf, gellendes Pfeifen, in so wild contrastirenden<lb/> Tönen, wie man sie sonst nicht hört, und in dichtem schwarzem Gewimmel<lb/> klettert es sofort mit rasender Geschwindigkeit empor in den Warten, den Tauen<lb/> welche die Masten nach den Seiten hin halten und vermöge quer eingeflochtener<lb/> dünner Leinen zugleich als Strickleiter dienen. Die unteren Raaen füllen sich<lb/> mit Matrosen, doch die aufsteigende dunkle Masse scheint dadurch nicht geschwächt,<lb/> immer höher zieht sich das Gewimmel, der einzelne Mann ist in den Warten<lb/> nicht deutlich erkennbar, es sieht aus, als ob die Maschen des Taugewirres in<lb/> stetem Wechsel von schwarzen Punkten ausgefüllt würden — da, plötzlich, ehe<lb/> wir es uns versehen, fallen wie mit einem Zauberschlage, weißen Wolken ähn¬<lb/> lich sich entrollend, die vom Regen naß gewordenen Segel nieder. Der Zweck<lb/> des Manövers ist erreicht, ebenso schnell, wie sie sich gefüllt, entleert sich die<lb/> Takelage von Mannschaften, der Dienst scheint beendigt, und wir nehmen ein<lb/> Boot, um nach dem Schiffe hinzufahren, auf dem unsre braven blauen Jungen<lb/> ihre Schnelligkeit in Handhabung der Takelage bewährt haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_125" next="#ID_126"> Erst beim Näherkommen gewahren wir, wie hoch sich die Schiffswand aus<lb/> dem Wasser hebt, wie weit über unsren Köpfen die Kanonen der Batterie her¬<lb/> ausstarren. Wir sind dicht am Schiff, da ruft uns die Schildwache auf der<lb/> Fallreeptreppe zu. daß der Dienst noch fortdaure. aber binnen wenigen Minu-<lb/> ten zu Ende sein werde. Diese Zeit benutzen wir, um uns einmal hart an der</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0058]
mit ihrer Zurüstung. Als Krönung des Ganzen, als letzter Schmuck des luf¬
tigen Aufbaues der Takelage, weht spielend, wie nachlässig in Wellen sich nie¬
derkräuselnd, der lange schmale Wimpel vom Großtop, der Spitze des mittleren
Mastes, herab; trotzig vorspringend ragt vorn das Bugspriet, durch die starken
stage halb nach oben gezogen, weit über die Wasserfläche hin; und fröhlich
flattert hinten von der aufgerichteten Gaffel des Kreuzmastes die weiße Flagge
mit ihrem schwarzen Adler in der Mitte und dem eisernen Kreuz oben in der
inneren Ecke, mit dem glorreichen Symbol, das einst die Schlachten der Frei¬
heitskriege gewann, und jetzt die deutschen Interessen im fernen Indien und
China schützt.
Wir haben gezögert uns an Bord zu begeben. Denn auf dem Deck der
„Gazelle" herrscht anscheinend ein wirres Durcheinander, in das wir nicht hinein¬
gerathen möchten: ein Summen, unterbrochen von scharfen Commandopfiffen,
reges Hin- und Hereilen der Mannschaft lassen keinen Zweifel daran, daß augen¬
blicklich Dienst ist. Da ist natürlich ein Besteigen des Schiffs nicht erlaubt,
während sonst zu jeder dienstfreien Zeit, ebenso wie auf den Kriegsschiffen aller
andern Nationen, der Besuch mit größter Liberalität gestattet wird, sogar in der
Weise, daß man ohne zu fragen durch alle Etagen des Schiffs von oben bis
unten hindurchgehen kann, und einzig die geschlossenen Thüren zu respectiren
hat. An Bord der „Gazelle" scheint sich aber jetzt plötzlich das Leben zu ver¬
doppeln: erneuter Commandoruf, gellendes Pfeifen, in so wild contrastirenden
Tönen, wie man sie sonst nicht hört, und in dichtem schwarzem Gewimmel
klettert es sofort mit rasender Geschwindigkeit empor in den Warten, den Tauen
welche die Masten nach den Seiten hin halten und vermöge quer eingeflochtener
dünner Leinen zugleich als Strickleiter dienen. Die unteren Raaen füllen sich
mit Matrosen, doch die aufsteigende dunkle Masse scheint dadurch nicht geschwächt,
immer höher zieht sich das Gewimmel, der einzelne Mann ist in den Warten
nicht deutlich erkennbar, es sieht aus, als ob die Maschen des Taugewirres in
stetem Wechsel von schwarzen Punkten ausgefüllt würden — da, plötzlich, ehe
wir es uns versehen, fallen wie mit einem Zauberschlage, weißen Wolken ähn¬
lich sich entrollend, die vom Regen naß gewordenen Segel nieder. Der Zweck
des Manövers ist erreicht, ebenso schnell, wie sie sich gefüllt, entleert sich die
Takelage von Mannschaften, der Dienst scheint beendigt, und wir nehmen ein
Boot, um nach dem Schiffe hinzufahren, auf dem unsre braven blauen Jungen
ihre Schnelligkeit in Handhabung der Takelage bewährt haben.
Erst beim Näherkommen gewahren wir, wie hoch sich die Schiffswand aus
dem Wasser hebt, wie weit über unsren Köpfen die Kanonen der Batterie her¬
ausstarren. Wir sind dicht am Schiff, da ruft uns die Schildwache auf der
Fallreeptreppe zu. daß der Dienst noch fortdaure. aber binnen wenigen Minu-
ten zu Ende sein werde. Diese Zeit benutzen wir, um uns einmal hart an der
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