Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.allein. So lange das System, auf welches das neue Oestreich sich stützen will, Im Augenblick scheint die Möglichkeit einer solchen Verbindung von dem Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u, Julius Eckardt. Verlag von F. L. Hervig. -- Druck von Hüthel 6- Segler in Leipzig. allein. So lange das System, auf welches das neue Oestreich sich stützen will, Im Augenblick scheint die Möglichkeit einer solchen Verbindung von dem Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u, Julius Eckardt. Verlag von F. L. Hervig. — Druck von Hüthel 6- Segler in Leipzig. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0410" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191640"/> <p xml:id="ID_1188" prev="#ID_1187"> allein. So lange das System, auf welches das neue Oestreich sich stützen will,<lb/> die gegenseitigen Beziehungen zwischen den einzelnen Staatsangehörigen nicht zu<lb/> regeln vermocht hat, wird dasselbe schwerlich die Kraft haben, auch nur die<lb/> preußenfeindlichsten unter den süddeutschen Politikern für den Gedanken eines<lb/> Südbundes unter östreichischer Patronage zu gewinnen. Ist es wahr, was<lb/> wiener Blätter neulich mittheilten, daß die Verhandlungen wegen Aushebung des<lb/> handhaben Concordats blos die Befreiung des transleithanischen, nicht auch der<lb/> cisleithanischen Länder von dieser Fessel in Aussicht stellen und daß die Curie<lb/> unter keiner Bedingung von ihrer Herrschaft über die östreichische Volksschule<lb/> lassen will, so dürften Herrn v. Beusts Versuche zur Anknüpfung engerer Ver¬<lb/> bindungen mit Bayern und Württemberg noch für lange aussichtslos sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1189"> Im Augenblick scheint die Möglichkeit einer solchen Verbindung von dem<lb/> preußischen Cabinet ebenso ernstlich in Erwägung gezogen zu werden, wie die<lb/> eines östreichisch-französischen Bündnisses; auch wenn dieses letztere zunächst nur<lb/> einem Zusammengehen im Orient gelten sollte, würden seine Folgen sich auch<lb/> für Deutschland bald genug fühlbar machen. Dringender denn je tritt darum<lb/> an uns die Mahnung heran, die Frist, welche noch gegeben ist, gewissenhaft<lb/> auszunutzen. Das wird aber nur dann geschehen, wenn wir unbeirrt durch die<lb/> Mißgriffe der Freunde und die Erfolge der Gegner den beschrittenen Weg zur<lb/> Consolidation der norddeutschen Bundesmacht weiter gehen. Es ist ganz richtig,<lb/> wenn behauptet wird, die Rücksicht auf die auswärtige Lage sei der maßgebende<lb/> Gesichtspunkt für die national-liberale Partei: aber nur wenn dieser festgehalten<lb/> wird, kann diese Partei regierungsfähig werden, denn dringender wie je wird von<lb/> diesem Augenblick gefordert, daß alle Arbeit auf einen Punkt gerichtet werde.<lb/> Bevor die äußere Abschließung Deutschlands nicht zu Ende geführt ist, bauen<lb/> wir auf Sand — Sandbänken und nichts weiter sind alle Anstrengungen der<lb/> Gegner auf der linken wie auf der rechten Seite. In dem entscheidenden<lb/> Moment werden diese von den Trümmern ihrer unfruchtbaren Arbeit begraben<lb/> sein, und nur die Partei wird gerüstet auf dem Platz stehen, welche von Hause<lb/> aus gewußt hat, worauf es eigentlich ankam. Darauf aber kommt es an, daß<lb/> die Bewohner des deutschen Staatsgebäudes, dessen Fundament wir gegenwärtig<lb/> mauern, in Zukunft nichts darnach zu fragen brauchen, wie der Kaiser von<lb/> Oestreich oder von Frankreich über sie denke und daß unsere innere Politik un¬<lb/> abhängig werde von den äußeren Schwankungen, welchen die Staaten dieses<lb/> Welttheils noch lange ausgesetzt bleiben werden. Nur die Freiheit, die uns<lb/> zugleich die Unabhängigkeit vom Gut- oder Uebelwollen unserer östlichen, west¬<lb/> lichen oder nördlichen Nachbarn giebt, ist werth, daß man für sie Gut und Blut<lb/> einsetze.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u, Julius Eckardt.<lb/> Verlag von F. L. Hervig. — Druck von Hüthel 6- Segler in Leipzig.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0410]
allein. So lange das System, auf welches das neue Oestreich sich stützen will,
die gegenseitigen Beziehungen zwischen den einzelnen Staatsangehörigen nicht zu
regeln vermocht hat, wird dasselbe schwerlich die Kraft haben, auch nur die
preußenfeindlichsten unter den süddeutschen Politikern für den Gedanken eines
Südbundes unter östreichischer Patronage zu gewinnen. Ist es wahr, was
wiener Blätter neulich mittheilten, daß die Verhandlungen wegen Aushebung des
handhaben Concordats blos die Befreiung des transleithanischen, nicht auch der
cisleithanischen Länder von dieser Fessel in Aussicht stellen und daß die Curie
unter keiner Bedingung von ihrer Herrschaft über die östreichische Volksschule
lassen will, so dürften Herrn v. Beusts Versuche zur Anknüpfung engerer Ver¬
bindungen mit Bayern und Württemberg noch für lange aussichtslos sein.
Im Augenblick scheint die Möglichkeit einer solchen Verbindung von dem
preußischen Cabinet ebenso ernstlich in Erwägung gezogen zu werden, wie die
eines östreichisch-französischen Bündnisses; auch wenn dieses letztere zunächst nur
einem Zusammengehen im Orient gelten sollte, würden seine Folgen sich auch
für Deutschland bald genug fühlbar machen. Dringender denn je tritt darum
an uns die Mahnung heran, die Frist, welche noch gegeben ist, gewissenhaft
auszunutzen. Das wird aber nur dann geschehen, wenn wir unbeirrt durch die
Mißgriffe der Freunde und die Erfolge der Gegner den beschrittenen Weg zur
Consolidation der norddeutschen Bundesmacht weiter gehen. Es ist ganz richtig,
wenn behauptet wird, die Rücksicht auf die auswärtige Lage sei der maßgebende
Gesichtspunkt für die national-liberale Partei: aber nur wenn dieser festgehalten
wird, kann diese Partei regierungsfähig werden, denn dringender wie je wird von
diesem Augenblick gefordert, daß alle Arbeit auf einen Punkt gerichtet werde.
Bevor die äußere Abschließung Deutschlands nicht zu Ende geführt ist, bauen
wir auf Sand — Sandbänken und nichts weiter sind alle Anstrengungen der
Gegner auf der linken wie auf der rechten Seite. In dem entscheidenden
Moment werden diese von den Trümmern ihrer unfruchtbaren Arbeit begraben
sein, und nur die Partei wird gerüstet auf dem Platz stehen, welche von Hause
aus gewußt hat, worauf es eigentlich ankam. Darauf aber kommt es an, daß
die Bewohner des deutschen Staatsgebäudes, dessen Fundament wir gegenwärtig
mauern, in Zukunft nichts darnach zu fragen brauchen, wie der Kaiser von
Oestreich oder von Frankreich über sie denke und daß unsere innere Politik un¬
abhängig werde von den äußeren Schwankungen, welchen die Staaten dieses
Welttheils noch lange ausgesetzt bleiben werden. Nur die Freiheit, die uns
zugleich die Unabhängigkeit vom Gut- oder Uebelwollen unserer östlichen, west¬
lichen oder nördlichen Nachbarn giebt, ist werth, daß man für sie Gut und Blut
einsetze.
Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u, Julius Eckardt.
Verlag von F. L. Hervig. — Druck von Hüthel 6- Segler in Leipzig.
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