Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.Angelegenheiten ihnen das volle Recht zur Wiederaufnahme innerer Händel Angelegenheiten ihnen das volle Recht zur Wiederaufnahme innerer Händel <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0036" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191266"/> <p xml:id="ID_77" prev="#ID_76" next="#ID_78"> Angelegenheiten ihnen das volle Recht zur Wiederaufnahme innerer Händel<lb/> gewährten. Für die Radicalen und für die Particularisten sind Gefahren, welche<lb/> die deutsche Gesammtheit bedrohen, freilich kaum jemals Gründe zur Bescheidung<lb/> oder Mäßigung gewesen, die „Sächsische Zeitung" und ihre Glaubensgenossen<lb/> am Neckar haben von einer Solidarität der Interessen niemals etwas gewußt und<lb/> für die Sprache, welche sie führten, kein anderes Maß als die Rücksicht auf die<lb/> Sicherheit der Sprecher gekannt — bemerkenswerth ist aber, daß auch die preu¬<lb/> ßische fortschrittliche Presse Miene macht, auf den ses-tus <zuo «.nie zurück¬<lb/> zukehren, das alte Selbstvertrauen und die alte Rücksichtslosigkeit wiederzu¬<lb/> gewinnen. Das neuerdings veröffentlichte Programm der Nationalliberalen ist<lb/> von dieser Seite her mit einer Bitterkeit angegriffen worden, im Vergleich zu<lb/> der die mißgünstige Sprache der berliner Ofsiciösen sich wie freundschaftliches<lb/> Schmollen ausnimmt. Die Leitartikel der „Zukunft" über die „Plattform" unserer<lb/> Partei hätten ebensogut in der „Sächsischen Zeitung" stehen können wie umge¬<lb/> kehrt und wenn die Verhältnisse sich nicht ändern, steht für die nächste Zukunft<lb/> ein Hader bevor, dem die Versöhnlichkeit der nationalen vergeblich die Spitze<lb/> abzubrechen versuchen wird. Der Demokratie gegenüber befindet unsere Partei<lb/> sich in einer Lage, welche mit der Stellung des preußischen Cabinets zu dessen<lb/> Alliirten entschiedene Ähnlichkeit hat; je freundlicher und entgegenkommender<lb/> die Haltung derer ist, welche die Entscheidung in Händen haben, desto krauser<lb/> wird die Miene der andern Seite, welche von der einzigen Fähigkeit, welche sie<lb/> besitzt — der. zu negiren — alsbald den weitesten Gebrauch macht, unbekümmert<lb/> um die Wirkungen dieses Verhaltens auf die gemeinsamen Interessen. Wie<lb/> man praktische Politik zu treiben habe, wird der deutsche Liberalismus erst<lb/> lernen, wenn er einmal dauernd im Regiment gewesen und die Verantwortlich¬<lb/> keit desselben getragen — so lange das nicht geschehen, läßt sich die innere<lb/> Wandelung, zu welcher das Jahr 1866 so reiche Aussichten bot. trotz allem<lb/> dem und allem dem nicht hoffen. Eine Opposition yuarrÄ nomo muß ein<lb/> positives Regierungsprogramm in der Tasche haben, regierungsfähig und regie¬<lb/> rungsbereit sein, wenn sie ihr volles Gewicht auszuüben im Stande sein soll<lb/> — an einem solchen fehlt es unsern befreundeten Gegnern aber ebenso, wie den<lb/> süddeutschen Particularisten und Demokraten, darum ist mit ihnen nicht zu reden.<lb/> Wollte die nationale Partei sich das sagen und ihre Unterscheidung von der Demo¬<lb/> kratie vornehmlich in der Fähigkeit und Bereitschaft zu künftiger Theilnahme an<lb/> der Regierung suchen, es würde sich der rechte Tenor, in welchem nach beiden<lb/> Seiten hin zu reden ist, von selbst finden; jene Versicherungen von blos theil¬<lb/> weiser Meinungsverschiedenheit, von ungestörter Einheit in Bezug auf die letzten<lb/> Fragen, in welchen man sich bisher ergangen, sie führen doch zu nichts und<lb/> werden von den Gegnern als Bekenntnisse der Schwäche, als Mangel an Selbst,<lb/> vertrauen aufgefaßt und gemißbraucht. Alle Hinweise auf die Erfolge der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0036]
Angelegenheiten ihnen das volle Recht zur Wiederaufnahme innerer Händel
gewährten. Für die Radicalen und für die Particularisten sind Gefahren, welche
die deutsche Gesammtheit bedrohen, freilich kaum jemals Gründe zur Bescheidung
oder Mäßigung gewesen, die „Sächsische Zeitung" und ihre Glaubensgenossen
am Neckar haben von einer Solidarität der Interessen niemals etwas gewußt und
für die Sprache, welche sie führten, kein anderes Maß als die Rücksicht auf die
Sicherheit der Sprecher gekannt — bemerkenswerth ist aber, daß auch die preu¬
ßische fortschrittliche Presse Miene macht, auf den ses-tus <zuo «.nie zurück¬
zukehren, das alte Selbstvertrauen und die alte Rücksichtslosigkeit wiederzu¬
gewinnen. Das neuerdings veröffentlichte Programm der Nationalliberalen ist
von dieser Seite her mit einer Bitterkeit angegriffen worden, im Vergleich zu
der die mißgünstige Sprache der berliner Ofsiciösen sich wie freundschaftliches
Schmollen ausnimmt. Die Leitartikel der „Zukunft" über die „Plattform" unserer
Partei hätten ebensogut in der „Sächsischen Zeitung" stehen können wie umge¬
kehrt und wenn die Verhältnisse sich nicht ändern, steht für die nächste Zukunft
ein Hader bevor, dem die Versöhnlichkeit der nationalen vergeblich die Spitze
abzubrechen versuchen wird. Der Demokratie gegenüber befindet unsere Partei
sich in einer Lage, welche mit der Stellung des preußischen Cabinets zu dessen
Alliirten entschiedene Ähnlichkeit hat; je freundlicher und entgegenkommender
die Haltung derer ist, welche die Entscheidung in Händen haben, desto krauser
wird die Miene der andern Seite, welche von der einzigen Fähigkeit, welche sie
besitzt — der. zu negiren — alsbald den weitesten Gebrauch macht, unbekümmert
um die Wirkungen dieses Verhaltens auf die gemeinsamen Interessen. Wie
man praktische Politik zu treiben habe, wird der deutsche Liberalismus erst
lernen, wenn er einmal dauernd im Regiment gewesen und die Verantwortlich¬
keit desselben getragen — so lange das nicht geschehen, läßt sich die innere
Wandelung, zu welcher das Jahr 1866 so reiche Aussichten bot. trotz allem
dem und allem dem nicht hoffen. Eine Opposition yuarrÄ nomo muß ein
positives Regierungsprogramm in der Tasche haben, regierungsfähig und regie¬
rungsbereit sein, wenn sie ihr volles Gewicht auszuüben im Stande sein soll
— an einem solchen fehlt es unsern befreundeten Gegnern aber ebenso, wie den
süddeutschen Particularisten und Demokraten, darum ist mit ihnen nicht zu reden.
Wollte die nationale Partei sich das sagen und ihre Unterscheidung von der Demo¬
kratie vornehmlich in der Fähigkeit und Bereitschaft zu künftiger Theilnahme an
der Regierung suchen, es würde sich der rechte Tenor, in welchem nach beiden
Seiten hin zu reden ist, von selbst finden; jene Versicherungen von blos theil¬
weiser Meinungsverschiedenheit, von ungestörter Einheit in Bezug auf die letzten
Fragen, in welchen man sich bisher ergangen, sie führen doch zu nichts und
werden von den Gegnern als Bekenntnisse der Schwäche, als Mangel an Selbst,
vertrauen aufgefaßt und gemißbraucht. Alle Hinweise auf die Erfolge der
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