Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.herrschenden Classe verdient etc, barg die schwersten Gefahren der Zukunft in In England, in dem Lande der constitutionellen Praxis, ist, wenn es sich Unter diesen Umständen gereichte ein scheinbar ungünstiges Verhältniß herrschenden Classe verdient etc, barg die schwersten Gefahren der Zukunft in In England, in dem Lande der constitutionellen Praxis, ist, wenn es sich Unter diesen Umständen gereichte ein scheinbar ungünstiges Verhältniß <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0308" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191538"/> <p xml:id="ID_891" prev="#ID_890"> herrschenden Classe verdient etc, barg die schwersten Gefahren der Zukunft in<lb/> sich. Die Bestrebungen d?r Opposition gingen darauf aus, die Grundlagen<lb/> der Majorität zu erschüttern: sie forderte Wahl- und Parlamentsresorm, d. h.<lb/> Erweiterung des Wahlrechts und Verminderung des Beamtenelementes in den<lb/> Kammern. Letztere Forderung war schon vor 1840 wiederholt aufgetaucht, während<lb/> die Frage der Wahlreform, nachdem der Wählercensus 1831 von 300 aus 200<lb/> Francs herabgesetzt war. längere Zeit ruhte, um erst nach 1840 in den Vorder¬<lb/> grund des politischen Interesses zu treten. Der ausgesprochene Zweck der be¬<lb/> absichtigten Maßregel war. das Parteivnhältniß in den Kammern umzugestalten.<lb/> Es war daher sehr erklärlich, daß. nachdem die Wahlen von 1846 wiederum den<lb/> Beweis geliefert hatten, wie fest begründet die Sympathien der bestehenden<lb/> Wählerschaften für die Regierungspolitik waren, der Eifer der Opposition einen<lb/> gesteigerten Aufschwung nahm; aber ebenso erklärlich war es, daß die Majorität<lb/> sich um so eifriger einer Verfassungsänderung widersetzte, die nothwendig eine<lb/> Auflösung der eben erst gewählten Kammer zur Folge haben mußte. Denn<lb/> daß unter dem Regime eines neuen Wahlgesetzes die Existenz einer nach einem<lb/> beseitigten Gesetze gewählten Kammer eine Anomalie gewesen wäre, ist ein¬<lb/> leuchtend. So mußten sich denn die Parteigegensätze zu einem höchst gefähr¬<lb/> lichen Conflict zuspitzen. Die Majorität befestigte sich immer mehr in dem<lb/> Dogma des absoluten Widerstandes, so tief, daß selbst Guizot ein Einlenken<lb/> seinen Parteigenossen gegenüber kaum hätte wagen können; und in der Opposition<lb/> reiste der Entschluß, die Kammer unter den Druck einer populären Agitation<lb/> zu stellen, und ihr die beharrlich versagten Reformen abzuzwingen.</p><lb/> <p xml:id="ID_892"> In England, in dem Lande der constitutionellen Praxis, ist, wenn es sich<lb/> um die Durchführung einer bedeutsamen legislativen Maßregel handelte, eine<lb/> kräftige Massenagitation angewendet worden, ohne daß dadurch die Sicherheit<lb/> des Staates gefährdet worden wäre. In Frankreich, dem Lande der revolutio¬<lb/> nären Sprünge, hatte die Bewegung der Massen doch eine ganz andere Be¬<lb/> deutung. Die Legitimisten und Republikaner hatten ihre auf Umsturz der be¬<lb/> stehenden Dynastie gerichteten Pläne keineswegs aufgegeben. Die Zahl ihrer<lb/> Vertreter in der Kammer war nicht bedeutend, da ihr Anhang in den be¬<lb/> stellenden Wäblerschaften nur sehr schwach war. Und auch in der Masse deS<lb/> Volks würden scharf ausg-sprochene republikanische Bestrebungen wenig Anklang<lb/> gefunden haben, ebensowenig aber auch entschiedene Verurtheilung, da die Be¬<lb/> geisterung für die Monarchie, oder gar für die Dynastie sich nur auf sehr<lb/> enge Kreise beschränkte. Die Masse war opposüionell. in der Stimmung, sich<lb/> an jedem Angriff gegen die Regierung zu betheiligen, unbekümmert um die ver¬<lb/> steckten Ziele, welche die Führer verfolgen mochten.</p><lb/> <p xml:id="ID_893" next="#ID_894"> Unter diesen Umständen gereichte ein scheinbar ungünstiges Verhältniß<lb/> grade der ex-remsien Partei ;um größien Vortheil. Das war die Ungleichartig-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0308]
herrschenden Classe verdient etc, barg die schwersten Gefahren der Zukunft in
sich. Die Bestrebungen d?r Opposition gingen darauf aus, die Grundlagen
der Majorität zu erschüttern: sie forderte Wahl- und Parlamentsresorm, d. h.
Erweiterung des Wahlrechts und Verminderung des Beamtenelementes in den
Kammern. Letztere Forderung war schon vor 1840 wiederholt aufgetaucht, während
die Frage der Wahlreform, nachdem der Wählercensus 1831 von 300 aus 200
Francs herabgesetzt war. längere Zeit ruhte, um erst nach 1840 in den Vorder¬
grund des politischen Interesses zu treten. Der ausgesprochene Zweck der be¬
absichtigten Maßregel war. das Parteivnhältniß in den Kammern umzugestalten.
Es war daher sehr erklärlich, daß. nachdem die Wahlen von 1846 wiederum den
Beweis geliefert hatten, wie fest begründet die Sympathien der bestehenden
Wählerschaften für die Regierungspolitik waren, der Eifer der Opposition einen
gesteigerten Aufschwung nahm; aber ebenso erklärlich war es, daß die Majorität
sich um so eifriger einer Verfassungsänderung widersetzte, die nothwendig eine
Auflösung der eben erst gewählten Kammer zur Folge haben mußte. Denn
daß unter dem Regime eines neuen Wahlgesetzes die Existenz einer nach einem
beseitigten Gesetze gewählten Kammer eine Anomalie gewesen wäre, ist ein¬
leuchtend. So mußten sich denn die Parteigegensätze zu einem höchst gefähr¬
lichen Conflict zuspitzen. Die Majorität befestigte sich immer mehr in dem
Dogma des absoluten Widerstandes, so tief, daß selbst Guizot ein Einlenken
seinen Parteigenossen gegenüber kaum hätte wagen können; und in der Opposition
reiste der Entschluß, die Kammer unter den Druck einer populären Agitation
zu stellen, und ihr die beharrlich versagten Reformen abzuzwingen.
In England, in dem Lande der constitutionellen Praxis, ist, wenn es sich
um die Durchführung einer bedeutsamen legislativen Maßregel handelte, eine
kräftige Massenagitation angewendet worden, ohne daß dadurch die Sicherheit
des Staates gefährdet worden wäre. In Frankreich, dem Lande der revolutio¬
nären Sprünge, hatte die Bewegung der Massen doch eine ganz andere Be¬
deutung. Die Legitimisten und Republikaner hatten ihre auf Umsturz der be¬
stehenden Dynastie gerichteten Pläne keineswegs aufgegeben. Die Zahl ihrer
Vertreter in der Kammer war nicht bedeutend, da ihr Anhang in den be¬
stellenden Wäblerschaften nur sehr schwach war. Und auch in der Masse deS
Volks würden scharf ausg-sprochene republikanische Bestrebungen wenig Anklang
gefunden haben, ebensowenig aber auch entschiedene Verurtheilung, da die Be¬
geisterung für die Monarchie, oder gar für die Dynastie sich nur auf sehr
enge Kreise beschränkte. Die Masse war opposüionell. in der Stimmung, sich
an jedem Angriff gegen die Regierung zu betheiligen, unbekümmert um die ver¬
steckten Ziele, welche die Führer verfolgen mochten.
Unter diesen Umständen gereichte ein scheinbar ungünstiges Verhältniß
grade der ex-remsien Partei ;um größien Vortheil. Das war die Ungleichartig-
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