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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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versehen kleinen Städte und den in ihnen im Gegensah zum platten Lande
herrschenden Bürgerstolz kennt, gewiß bestätigen. Ein Hinweis auf die vielen
altpreußischen Städte größeren Umfangs, die ebensslls einem landräthlichen
Kreise zugehören, würde wenig trösten; in Altpreußen ist die geschichtliche Ent¬
wickelung eine andere gewesen, und wie eben niemand an der gerüttelt zu
sehen wünscht, so wünschen auch wir nur die eigenartige Entwickelung des
hannoverschen Städtewesens mit Schonung behandelt zu sehen.

Unvermeidlich ist bei der von uns gewünschten Organisation der Verwal-
ung die Bildung besonderer Domanialämter. Das ausgedehnte Domanium
bedarf einer lokalen Verwaltung, die viel Umsicht und Arbeit erfordert. Solche
Mühwaltung in rein fiscalischen Interesse kann selbstredend einem Beamten,
der, wie der Landrath, ein Ehrenamt verwaltet, nicht zugemuthet werden; es
werden besondre Beamte damit betraut werden müssen; diese bedürfen, da sie
eben rein fiscalische Interessen wahrzunehmen haben, eines obrigkeitlichen Im¬
periums nicht, wie es bei der jetzigen Einrichtung von den Aemtern, denen
solches für Negiminalsachen zur Seite stand, oft genug auch für Domanialzwecke
mißbräuchlich angewandt worden ist. Die Kosten endlich für besondere Domanial-
ämter können nicht ins Gewicht fallen; beiden enormen Ueberschüssen des Doma-
niums sind sie als ein, noch dazu äußerst unerheblicher, Theil der mit jedem Be¬
triebe verbundenen Unkosten in Ansatz zu bringen und werden nach Verhält¬
niß der Gesammterträge, selbst wenn die sehr reichliche Zahl von 30--40
Domanialämlerne erreicht würde, noch lange nicht die Kosten erreichen, welche
die völlig gleichstehende lokale Verwaltung der Staatsforsten erfordert.

Fragt man uns nun aber, ob wir die Einführung einer auf den kurz an¬
gedeuteten Grundzügen ruhenden Organisation der hannoverschen Verwaltung
sofort für rathsam erachten, so antworten wir entschieden "nein".

Die mit unserer Bevölkerung aufgewachsene altgewohnte Aemterverfassung
ist ihr, wie alles Altgewohnte lieb; tausend persönliche Beziehungen zwischen
der Beamtenwelt und dem Publikum würden jedes Rütteln daran für den
Augenblick in weitesten Kreisen schmerzlich empfinden lassen. Ueberdies ist zur
Zeit ein geeignetes Personal zu Landräthen im Sinne unseres Vorschlages
nicht vorhanden; und ehe nicht die Übergangszeit mit ihren vielen zeitrauben¬
den, geschäftliche Routine, wie genaue Personal- und Lokalkenntniß erfordernden
Arbeiten vorüber und die Verwaltung sachlich klar geworden und in das neue
Fahrwasser hineingcsteuert ist, kann man der Berussbeamten nicht entbehren.
Hinsichtlich der Kosten ist es während der nächsten Jahre auch gleichgiltig. da
doch das einmal vorhandene Personal nicht ohne Weiteres bei Seite geschoben
werden kann. Im Gegentheil würde es durchaus unwirthschaftlich sein, neben
den Berussbeamten. die doch einmal ihr Gehalt oder ihre Penston weiter be¬
ziehen werden, sofort auch noch Landräthe zu besolden; denn ist die diesen zu-


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versehen kleinen Städte und den in ihnen im Gegensah zum platten Lande
herrschenden Bürgerstolz kennt, gewiß bestätigen. Ein Hinweis auf die vielen
altpreußischen Städte größeren Umfangs, die ebensslls einem landräthlichen
Kreise zugehören, würde wenig trösten; in Altpreußen ist die geschichtliche Ent¬
wickelung eine andere gewesen, und wie eben niemand an der gerüttelt zu
sehen wünscht, so wünschen auch wir nur die eigenartige Entwickelung des
hannoverschen Städtewesens mit Schonung behandelt zu sehen.

Unvermeidlich ist bei der von uns gewünschten Organisation der Verwal-
ung die Bildung besonderer Domanialämter. Das ausgedehnte Domanium
bedarf einer lokalen Verwaltung, die viel Umsicht und Arbeit erfordert. Solche
Mühwaltung in rein fiscalischen Interesse kann selbstredend einem Beamten,
der, wie der Landrath, ein Ehrenamt verwaltet, nicht zugemuthet werden; es
werden besondre Beamte damit betraut werden müssen; diese bedürfen, da sie
eben rein fiscalische Interessen wahrzunehmen haben, eines obrigkeitlichen Im¬
periums nicht, wie es bei der jetzigen Einrichtung von den Aemtern, denen
solches für Negiminalsachen zur Seite stand, oft genug auch für Domanialzwecke
mißbräuchlich angewandt worden ist. Die Kosten endlich für besondere Domanial-
ämter können nicht ins Gewicht fallen; beiden enormen Ueberschüssen des Doma-
niums sind sie als ein, noch dazu äußerst unerheblicher, Theil der mit jedem Be¬
triebe verbundenen Unkosten in Ansatz zu bringen und werden nach Verhält¬
niß der Gesammterträge, selbst wenn die sehr reichliche Zahl von 30—40
Domanialämlerne erreicht würde, noch lange nicht die Kosten erreichen, welche
die völlig gleichstehende lokale Verwaltung der Staatsforsten erfordert.

Fragt man uns nun aber, ob wir die Einführung einer auf den kurz an¬
gedeuteten Grundzügen ruhenden Organisation der hannoverschen Verwaltung
sofort für rathsam erachten, so antworten wir entschieden „nein".

Die mit unserer Bevölkerung aufgewachsene altgewohnte Aemterverfassung
ist ihr, wie alles Altgewohnte lieb; tausend persönliche Beziehungen zwischen
der Beamtenwelt und dem Publikum würden jedes Rütteln daran für den
Augenblick in weitesten Kreisen schmerzlich empfinden lassen. Ueberdies ist zur
Zeit ein geeignetes Personal zu Landräthen im Sinne unseres Vorschlages
nicht vorhanden; und ehe nicht die Übergangszeit mit ihren vielen zeitrauben¬
den, geschäftliche Routine, wie genaue Personal- und Lokalkenntniß erfordernden
Arbeiten vorüber und die Verwaltung sachlich klar geworden und in das neue
Fahrwasser hineingcsteuert ist, kann man der Berussbeamten nicht entbehren.
Hinsichtlich der Kosten ist es während der nächsten Jahre auch gleichgiltig. da
doch das einmal vorhandene Personal nicht ohne Weiteres bei Seite geschoben
werden kann. Im Gegentheil würde es durchaus unwirthschaftlich sein, neben
den Berussbeamten. die doch einmal ihr Gehalt oder ihre Penston weiter be¬
ziehen werden, sofort auch noch Landräthe zu besolden; denn ist die diesen zu-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/221>, abgerufen am 15.01.2025.