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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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Verstanden hatte, falls die Verschwörung geglückt wäre, während es sich offen¬
bar auf die gewiß harmlose, nach classischem Muster gebildete Hierarchie der
Akademie bezog.

Von einem ähnlichen Spiele mit heidnischen Vorstellungen hat sich nun auch
Cyriacus nicht frei gehalten. Eine ganz besondere Verehrung hat er für
Mercurius, von dem er mit salbungsvoller Verehrung spricht; in dem Streit
mit Poggio behauptet er. im Traum sei ihm Mercur erschienen, von Jupiter
zur Belehrung gesandt, wofür ihn Poggio, wie billig, verhöhnt; der Tag des
Mercur (Mittwoch) gilt ihm besonders glückbringend und heilig. Ja, daß er
den Mercur als eine Art von Schutzheiligen betrachtete, bezeugt ein seltsames
Gebet, das er bei der Abfahrt von der Insel Delos in sein Tagebuch schreibt.

"Glück und Hei!! Hehrer Mercurius, Vater aller Künste des Geistes und
Talentes, wie auch der Wohlredenheit, bester Führer auf Weg und Steg, der
du mit deinem heiligen Geist schon lange mir Geist und Sinn gekräftigt, und
diese meine glückliche Reise in alle Wege durch Latium, Jllyrien. Griechenland,
Asien und Aegypten beschützt und begünstigt hast, komm auch jetzt, gepriesener
Schutzgeist, meinem Geist und Talent, wie auch meiner Wohlredenheit kräftig
zu Hilfe. Geleite auch heute an diesem glücklichen, für Cyriacus fröhlichen
Tage, ihn von der einst heiligen Delos. der Geburtsstätte des Phöbus, zu der
in Sicht liegenden Insel Myconos und Tenos mit dem edlen Herrn Francesco
Nanni. venetianischen Gouverneur der Cykladen, der ihn ehrenvoll auf seinem
vierzehnrudrigen Admiralschiff unter dem Geleite der Nymphen und Nereiden
über die hohe See führt, und laß auch ferner meine Reise unter deinem Schutz,
Schirm und Beistand si^er, glücklich und erfolgreich von Statten gehen."

Diese Verehrung für Mercurius hat aber für uns noch ein eigenthüm-
liches Interesse bekommen. Cyriacus hatte in Griechenland eine bildliche Dar-
stellung des Mercurius gefunden, welche auf ihn einen besonderen Eindruck
machte, in der er das rechte Bild seines Schutzgottes zu erkennen glaubte. In
Florenz theilte er Abbildungen desselben von seiner Hand den Freunden mit
welche in lateinischen Gedichten den kunstfertigen Gelehrten höchlich priesen.
Der Gott schien zu leben und sich zu bewegen durch Cyriacus Kunst, den man
einem Timanthes. Parrhasius, Apelles an die Seite zu stellen kein Bedenken
trug, ja man gab, mit unverkennbarer Anspielung auf Cyriacus Schwärmerei,
zu verstehen, er sei wohl selbst als ein zweiter Mercur auf die Erde gekommen.
Ob Cyriacus Leistungen auf irgendwelches künstlerische Verdienst einen Anspruch
hatten, läßt sich danach natürlich durchaus nicht entscheiden; ein bis auf einen
gewissen Grad fertiger Zeichner muß er gewesen sein, denn sein Tagebuch war
mit Zeichnungen und Skizzen nach Monumenten aller Art angefüllt. Leider
sind diese fast spurlos verschollen, denn wenn man auch gelegentlich Inschriften
und Reisenotizen copirte, so ließ man die Abbildungen als unbequeme Zugabe


Grenzboten III. 1KN7. 2

Verstanden hatte, falls die Verschwörung geglückt wäre, während es sich offen¬
bar auf die gewiß harmlose, nach classischem Muster gebildete Hierarchie der
Akademie bezog.

Von einem ähnlichen Spiele mit heidnischen Vorstellungen hat sich nun auch
Cyriacus nicht frei gehalten. Eine ganz besondere Verehrung hat er für
Mercurius, von dem er mit salbungsvoller Verehrung spricht; in dem Streit
mit Poggio behauptet er. im Traum sei ihm Mercur erschienen, von Jupiter
zur Belehrung gesandt, wofür ihn Poggio, wie billig, verhöhnt; der Tag des
Mercur (Mittwoch) gilt ihm besonders glückbringend und heilig. Ja, daß er
den Mercur als eine Art von Schutzheiligen betrachtete, bezeugt ein seltsames
Gebet, das er bei der Abfahrt von der Insel Delos in sein Tagebuch schreibt.

„Glück und Hei!! Hehrer Mercurius, Vater aller Künste des Geistes und
Talentes, wie auch der Wohlredenheit, bester Führer auf Weg und Steg, der
du mit deinem heiligen Geist schon lange mir Geist und Sinn gekräftigt, und
diese meine glückliche Reise in alle Wege durch Latium, Jllyrien. Griechenland,
Asien und Aegypten beschützt und begünstigt hast, komm auch jetzt, gepriesener
Schutzgeist, meinem Geist und Talent, wie auch meiner Wohlredenheit kräftig
zu Hilfe. Geleite auch heute an diesem glücklichen, für Cyriacus fröhlichen
Tage, ihn von der einst heiligen Delos. der Geburtsstätte des Phöbus, zu der
in Sicht liegenden Insel Myconos und Tenos mit dem edlen Herrn Francesco
Nanni. venetianischen Gouverneur der Cykladen, der ihn ehrenvoll auf seinem
vierzehnrudrigen Admiralschiff unter dem Geleite der Nymphen und Nereiden
über die hohe See führt, und laß auch ferner meine Reise unter deinem Schutz,
Schirm und Beistand si^er, glücklich und erfolgreich von Statten gehen."

Diese Verehrung für Mercurius hat aber für uns noch ein eigenthüm-
liches Interesse bekommen. Cyriacus hatte in Griechenland eine bildliche Dar-
stellung des Mercurius gefunden, welche auf ihn einen besonderen Eindruck
machte, in der er das rechte Bild seines Schutzgottes zu erkennen glaubte. In
Florenz theilte er Abbildungen desselben von seiner Hand den Freunden mit
welche in lateinischen Gedichten den kunstfertigen Gelehrten höchlich priesen.
Der Gott schien zu leben und sich zu bewegen durch Cyriacus Kunst, den man
einem Timanthes. Parrhasius, Apelles an die Seite zu stellen kein Bedenken
trug, ja man gab, mit unverkennbarer Anspielung auf Cyriacus Schwärmerei,
zu verstehen, er sei wohl selbst als ein zweiter Mercur auf die Erde gekommen.
Ob Cyriacus Leistungen auf irgendwelches künstlerische Verdienst einen Anspruch
hatten, läßt sich danach natürlich durchaus nicht entscheiden; ein bis auf einen
gewissen Grad fertiger Zeichner muß er gewesen sein, denn sein Tagebuch war
mit Zeichnungen und Skizzen nach Monumenten aller Art angefüllt. Leider
sind diese fast spurlos verschollen, denn wenn man auch gelegentlich Inschriften
und Reisenotizen copirte, so ließ man die Abbildungen als unbequeme Zugabe


Grenzboten III. 1KN7. 2
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[0019] Verstanden hatte, falls die Verschwörung geglückt wäre, während es sich offen¬ bar auf die gewiß harmlose, nach classischem Muster gebildete Hierarchie der Akademie bezog. Von einem ähnlichen Spiele mit heidnischen Vorstellungen hat sich nun auch Cyriacus nicht frei gehalten. Eine ganz besondere Verehrung hat er für Mercurius, von dem er mit salbungsvoller Verehrung spricht; in dem Streit mit Poggio behauptet er. im Traum sei ihm Mercur erschienen, von Jupiter zur Belehrung gesandt, wofür ihn Poggio, wie billig, verhöhnt; der Tag des Mercur (Mittwoch) gilt ihm besonders glückbringend und heilig. Ja, daß er den Mercur als eine Art von Schutzheiligen betrachtete, bezeugt ein seltsames Gebet, das er bei der Abfahrt von der Insel Delos in sein Tagebuch schreibt. „Glück und Hei!! Hehrer Mercurius, Vater aller Künste des Geistes und Talentes, wie auch der Wohlredenheit, bester Führer auf Weg und Steg, der du mit deinem heiligen Geist schon lange mir Geist und Sinn gekräftigt, und diese meine glückliche Reise in alle Wege durch Latium, Jllyrien. Griechenland, Asien und Aegypten beschützt und begünstigt hast, komm auch jetzt, gepriesener Schutzgeist, meinem Geist und Talent, wie auch meiner Wohlredenheit kräftig zu Hilfe. Geleite auch heute an diesem glücklichen, für Cyriacus fröhlichen Tage, ihn von der einst heiligen Delos. der Geburtsstätte des Phöbus, zu der in Sicht liegenden Insel Myconos und Tenos mit dem edlen Herrn Francesco Nanni. venetianischen Gouverneur der Cykladen, der ihn ehrenvoll auf seinem vierzehnrudrigen Admiralschiff unter dem Geleite der Nymphen und Nereiden über die hohe See führt, und laß auch ferner meine Reise unter deinem Schutz, Schirm und Beistand si^er, glücklich und erfolgreich von Statten gehen." Diese Verehrung für Mercurius hat aber für uns noch ein eigenthüm- liches Interesse bekommen. Cyriacus hatte in Griechenland eine bildliche Dar- stellung des Mercurius gefunden, welche auf ihn einen besonderen Eindruck machte, in der er das rechte Bild seines Schutzgottes zu erkennen glaubte. In Florenz theilte er Abbildungen desselben von seiner Hand den Freunden mit welche in lateinischen Gedichten den kunstfertigen Gelehrten höchlich priesen. Der Gott schien zu leben und sich zu bewegen durch Cyriacus Kunst, den man einem Timanthes. Parrhasius, Apelles an die Seite zu stellen kein Bedenken trug, ja man gab, mit unverkennbarer Anspielung auf Cyriacus Schwärmerei, zu verstehen, er sei wohl selbst als ein zweiter Mercur auf die Erde gekommen. Ob Cyriacus Leistungen auf irgendwelches künstlerische Verdienst einen Anspruch hatten, läßt sich danach natürlich durchaus nicht entscheiden; ein bis auf einen gewissen Grad fertiger Zeichner muß er gewesen sein, denn sein Tagebuch war mit Zeichnungen und Skizzen nach Monumenten aller Art angefüllt. Leider sind diese fast spurlos verschollen, denn wenn man auch gelegentlich Inschriften und Reisenotizen copirte, so ließ man die Abbildungen als unbequeme Zugabe Grenzboten III. 1KN7. 2

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/19>, abgerufen am 15.01.2025.